Dienstag, April 16, 2024
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Petitionen, Märsche, Proteste: Wie’s dem „deutschen Michel“ über die Hutschnur geht

Die Deutschen machen ihrem Ärger immer öfter auf der Straße Luft. Die Zahl der Proteste nimmt sichtbar zu. Eine neue außerparlamentarische Bewegung entsteht. Sie hat das Zeug für einen größeren Aufstand, wie selbst linke Politiker zugeben müssen (Seite 5235, Sabine Zimmermann) …

Allein die Termine geplanter Demonstrationen bis Jahresende – von Mieterprotesten über Merkel-muss-weg-Märsche bis hin zu Demos und Aktionen gegen Flächenfraß, Windparks, Montagsspiele und Migrantengewalt – füllen mehr 20 DINA4-Seiten. Und das sind nur die bekannten oder bereits angemeldeten Proteste. Kein Zweifel: Den Deutschen droht angesichts wachsender sozialer Spannungen, verfehlter Politik wie der Migration und der Energiewende, massenhaft der Geduldsfaden zu reißen. Was folgt, ist ein Blick in das pfeifende Überlauf-Ventil im Kessel der dahintreibenden MS Deutschland. Von ihr schreibt der Historiker Michael Stürmer, er könne bereits „das Donnern der Stromschnellen voraus“ hören …

Es knirscht und brodelt im ganzen Land. Eine wachsende Zahl von Bürgern begehrt von Garmisch bis Bremen gegen unbezahlbare Mieten, den Verfall der Inneren Sicherheit, wachsende soziale Spannungen, Korruption, die grassierende Gewalt gegen Frauen und die Migrationspolitik auf. 13 verschiedene Treiber habe ich in meinem neuen Buch für das wachsende Aufbegehren von Bürgern beschrieben. Die Beispiele machen deutlich, dass die Zivilgesellschaft erwacht und ein immer lauteres Zeichen nach Berlin sendet: Wir sind nicht länger gewillt, uns von einer politischen Kaste, die Gesetze mit Füßen tritt, gegen den Mehrheitswillen der Bürger handelt und dabei die Demokratie zerstört, regieren und entmündigen zu lassen.

Von den »Merkel-muss-weg«-Demos, über die Frauenmärsche in verschiedenen Städten, bis hin zur »Gemeinsamen Erklärung 2018«, die von zahlreichen Publizisten, Akademikern und anderen Intellektuellen unterschrieben wurde und es dank mehr als 160.000 Unterschriften der breiteren Öffentlichkeit bis in den Petitionsausschuss des Bundestages schaffte, nimmt der offene Widerstand nicht nur an Intensität, sondern auch in der Breite zu.

Von der völlig missratenen Energiewende bis hin zur sträflich vernachlässigten Wohnungsbaupolitik: Allerorten wachsen die Proteste und der Widerstand. Über 900 Bürgerinitiativen haben sich gegen Windparks, die sie nicht wollen, formiert. Wer bei Google als Suchwörter »Windkraft« und »Widerstand« eingibt, bekommt 108.000 Treffer. Auch die Autofahrer begehren angesichts des Dieselskandals und der in Hamburg und Stuttgart beginnenden Sperrung von Innenstädten auf. Laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschers YouGov weigern sich 76 Prozent der Dieselfahrer, die Nachrüstung zu zahlen. Mehr noch: Tausende von IHK-Rebellen in den Handelskammern begehren zur gleichen Zeit gegen exzessive Präsidentengehälter, rechtswidrige Rücklagen und überzogene Zwangsbeiträge auf.Bei Kurierdiensten revoltieren die Fahrer gegen miserable Arbeitsbedingungen. Familien ziehen gegen Kinderarmut durch Berlin. In den Fußballstadien und Kicker-Foren rebellieren aufgebrachte Fans gegen die fortschreitende Kommerzialisierung ihres Sports. Vor Allem die verhassten Montagsspiele sind für sie ein Symbol, dass auch im Fußball die Jagd nach Renditen das Volk, in diesem Fall das Fußballvolk, an den Rand drängt und zu zahlenden Statisten degradiert. Das verheerende Abschneiden bei der Fußball-WM hat den Fans den Rest gegeben und sie in ihrer Kritik bestätigt.

In zahlreichen Städten formiert sich derweil Protest gegen eigentlich garantierte, aber fehlende Kita-Plätze. Ungezählte Bürger protestieren in Initiativen und mit Volksbegehren gegen die wachsende Versiegelung  wertvollen Grünlands mit immer mehr Gewerbegebieten. In Bayern, wo das Wachstumsdogma täglich Landschaft im Umfang von 14 Fußballfeldern verschlingt, hat ein breites Bündnis gegen die »Betonflut« massive Proteste und ein Volksbegehren organisiert. Die Süddeutsche Zeitung hat in Oberfranken deswegen bereits einen »Bauernaufstand« ausgemacht.

Am anderen Ende der Republik, in Berlin, rufen Aktivisten ein Parlament der Wohnungslosen aus. Allein an den Gerichten der deutschen Hauptstadt werden jedes Jahr 10.000 Zwangsräumungsklagen eingereicht, doppelt so viele wie Ende des vergangenen Jahrzehnts. In Frankfurt demonstrieren Rettungsdienste und Feuerwehr gegen die massive Gewalt, die ihnen bei Einsätzen entgegenschlägt. In Köln revoltieren Lungenärzte gegen Kürzungen. In Stuttgart gründen Taxifahrer eine eigene Partei und wollen 2019 in den Gemeinderat einziehen, um Korrekturen gegen die miserable Verkehrspolitik der Stadt zu erzwingen. In Hamburg proben wissenschaftliche Mitarbeiter und Studenten den Aufstand gegen das Präsidium der HafenCity-Universität. An Hochschulen machen Medien eine neue Form des Protests aus. Er richtet sich gegen »die Ökonomisierung der Bildung.« Sogar in der Deutschen Bischofskonferenz wird der »Aufstand« geprobt; es geht um die Kommunion für Protestanten und die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare. Auch die Beschäftigten treten nach Jahren relativer Ruhe wieder engagierter für ihre Rechte ein, wie die Beispiele Eon, Air Berlin und Opel zeigen, aber auch Berichte über die Briefträger der Deutsche Post.

Die meisten Bürger treibt in diesen Monaten die Migrationspolitik auf die Straße. In Chemnitz knistert noch immer die Stadtluft. In Cottbus nahmen die Proteste nach Auseinandersetzungen zwischen Migranten und Einheimischen phasenweise so zu, dass die mediale Elite schon »das neue Dresden« an die Wand malte und ihre Furcht, »die neue Kampfzone« (Cottbus) könne Zwischenstation auf einem baldigen Marsch nach Berlin werden, zum Ausdruck brachte. Dieser Bericht im Tagesspiegel erschien nur wenige Wochen nachdem der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) gemeldet hatte, dass in Berlin mittlerweile »mehr als ein Dutzend Mal pro Tag demonstriert« wird. Zitiert wurde in dem Beitrag Polizeipräsident Klaus Kandt. Er hatte der dpa zuvor gesagt, dass die Zahl der Demonstrationen sich seit vier Jahren auf dem Niveau von etwa 5.000 jährlich befinde, die Zahlen seien früher auf einem niedrigeren Niveau geschwankt, man könne sich den Anstieg jedoch nicht genau erklären.

Dass sich bei diesen Demonstrationen ganz überwiegend nicht grölende Wutbürger und Glatzköpfe in Springerstiefeln auf den Weg machen, hat sich längst herumgesprochen. Neuerdings gehen sogar ganze Kommunen auf die Barrikaden. Während der Minister für Landwirtschaft in Berlin unter Verstoß gegen die Absprache im Bundeskabinett der verlängerten EU-Zulassung von Glyphosat zustimmt, sind bundesweit bereits mehr als 160 Kommunen, die auf den Einsatz von Glyphosat und anderen Pestiziden mit Krebsverdacht verzichten, bekannt.

Es gibt noch viele weitere Beispiele. In verschiedenen Städten revoltieren Bürger gegen den Bau von Moscheen. Seit zwei Jahren wächst sichtbar der Protest gegen unbezahlbare Mieten in den Großstädten. Der Alt-68er Herbert Arndt freut sich, dass die zunehmenden Mieterproteste »der perfekte Nährboden für einen Aufstand« sind. Das ZDF, das den inzwischen pensionierten Hausbesetzer interviewte, sieht in dem Streit innerhalb des Berliner Senats über das Dulden von Hausbesetzungen sogar einen »Hauch von Rebellion bei Mitregierenden.« Währenddessen machen Neu-Lehrer, die im Zuge der massenhaften Migration hastig und schlecht vorbereitet als Seiteneinsteiger eingestellt wurden, ihrem Unmut Luft, weil sie sich schlecht bezahlt und verheizt fühlen. In Berlin zeichnen mehr als 30.000 Menschen eine Petition gegen eine sogenannte Vielfalts-Broschüre, die Gender-Ideologen für Kitas entworfen haben.

Und die Landtage registrieren eine steigende Zahl von Online-Petitionen. Denn die Bürger entdecken für ihren Protest auch das Internet, was zuletzt die Einreichung der »Gemeinsamen Erklärung 2018« zeigte. Dass sich auch im Netz zunehmend Widerstand gegen die politische Kaste organisiert, könnte einer der Gründe dafür sein, dass bislang nicht NOCH mehr Bürger auf die Straße gehen. Viele begnügen sich vorerst damit, online Dampf abzulassen. Im Internet kann man fast täglich Kommentare wie diese lesen: »Es brodelt im Volk … wann bricht der Vulkan aus?« Oder dieser: »Der Altparteien-Sumpf muss trockengelegt werden.« Eine Teilnehmerin namens »Dóra Molnár« twitterte am 28. Januar 2018 dieses Stoßgebet: »Ich wünsche mir, lieber Gott: dass Alle an der Basis aufhören zu schweigen. Alle. Polizisten, Lehrer, Ärzte, Kindergärtner, Sannis, Richter, Behördenmitarbeiter. Dass wir Alle demonstrieren. Dass wir den rosa Elefanten in unserer Mitte sehen – und erlegen.«

Der Eindruck, dass in Deutschland nicht nur der Protest auf der Straße wächst, sondern dass sich unter den noch nicht aufbegehrenden Bürgern eine gespannte Erwartung aufbaut, macht sich breit, ein Endzeit-Gefühl, das sagt: Es braucht nicht mehr viel, bis sich der Protest zum Flächenbrand ausdehnt. Der nächste Funke könnte der sein, der die Zündschnur aktiviert. Es verdichtet sich ein Szenario, das Lenin als Voraussetzung für eine Revolution bezeichnete: Wenn die unten nicht mehr wollen und die oben nicht mehr können. Auf beiden Seiten dieser Gleichung verfestigt sich der Eindruck, dass die Bedingungen weitgehend erfüllt sind.

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