Donnerstag, April 25, 2024
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Platzhirsch statt Sündenbock: Seehofers ganz persönliche Zukunftspläne

Besonders selbstbewusst präsentierte sich CSU-Chef Horst Seehofer am Dienstag in Berlin. Dort kündigte er an, seine politische Zukunft von der Stimmung der Parteibasis abhängig zu machen. Doch er sehe ein: Die Wünsche innerhalb der Bevölkerung und das politische Handeln gingen anscheinend auseinander. Kritik übte er an der Medienberichterstattung.

Selbstbewusst und ohne große Reue präsentierte sich CSU-Chef und Bundesinnenminister Host Seehofer am Dienstag der Hauptstadt-Presse. Kritisch betrachte Seehofer dort die Wählerwanderung in Bayern: Das Ausmaß der Verluste seiner Partei zeige die so genannte „Sandwich-Situation“ der CSU, so Seehofer:

„Wir haben auf der einen Seite an die Grünen verloren und auf der anderen Seite vor allem an AfD und Freie Wähler. Das heißt, wir sind in einer Situation zwischen diesen Polen. Wir haben es mit einer gravierenden Veränderung der Strukturen der Gesellschaft in unserem Land zu tun.“

Wichtig ist laut dem CSU-Chef jetzt aber zunächst die Bildung einer stabilen Regierung in Bayern. Deshalb sollen bereits an diesem Mittwoch die ersten Sondierungsgespräche im Freistaat beginnen, die Seehofer selbst für seine Partei führen wolle:

„Wir wollen mit allen reden, die mit uns reden wollen, außer mit der AfD. Ich gehe an diese Sondierungsgespräche objektiv heran. Dort loten wir aus, was verhandlungsfähig ist und was unter keinen Umständen. Dann muss man bewerten, mit wem macht es Sinn, in Verhandlungen einzutreten.“

Die eigentlichen Koalitionsverhandlungen sollen dann ebenfalls bereits in der laufenden Woche starten. Federführend soll dann aber Ministerpräsident Markus Söder sein, da Seehofer im Ministerium in Berlin gebraucht werde. Erst danach sei der CSU-Chef auch bereit, über Personalentscheidungen zu diskutieren:

„Das werden wir in einem Gremium tun, das zusammen mit unseren zehn Bezirksvorsitzen festzulegen ist. Aber ich würde mal vermuten, dass das beste Instrument für Personalentscheidungen ein CSU-Parteitag wäre. Aber das ist noch nicht entschieden.“

Dann könne dort auch darüber abgestimmt werden, ob Seehofer selbst CSU-Chef bleibe. Er selbst will laut eigenen Aussagen noch länger, wenn möglich auf Dauer an der Spitze seiner Partei stehen. Auch wenn die Arbeit in der CSU nicht jeden Tag ein Paradies sei, so Seehofer weiter. Zum Sündenbock wolle er sich aber nicht abstempeln lassen:

„Ich habe das nach der Bundestagswahl erlebt. Da bin ich auch verantwortlich für alles gemacht worden. Aber wir haben alle gleichermaßen ein schlechtes Wahlergebnis bekommen: Die SPD, die CDU und die CSU. Jetzt ist der gleiche Ansatz wieder da und mit dem bin ich auch gerne bereit, mich auseinanderzusetzen.“

Auch im Fall des Verfassungsschutzchefs Hans Georg Maaßen sei er nicht der Hauptschuldige gewesen. Das Thema sei für ihn nun erledigt, bis spätestens Mitte November soll es einen Nachfolger an der Spitze des Bundesamtes für Verfassungsschutz geben. Seehofer zeigte sich überrascht, dass er vor allem seitens der Medien stets als Störfaktor der Regierungskoalition angesehen werde:

„Zu meiner Überraschung war ich dann der Gefährder der Bundesrepublik Deutschland — mit furchtbar vielen falschen Informationen und Annahmen. Seit erheblicher Zeit heißt es dann immer wieder: Ist er gesund? Der hat an dem Tag aber schlecht ausgesehen, kann der eigentlich sein Amt erfüllen? Aber das haben sie als Politiker hinzunehmen.“

Seehofer betonte, dass sich Deutschland in einer außen- und innenpolitischen Zeit der Umbrüche befinde. Früher ist laut dem CSU Chef immer klar gewesen: Wenn die Arbeitslosigkeit gering, die Finanzen in Ordnung und die Sozialleistungen einigermaßen gut verteilt waren, dann hätte man als Regierungspartei eine Wahl auch gewonnen. Dieses Urteil müsse man jetzt korrigieren:

„Also haben die Menschen noch andere Bedürfnisse der Lebensgestaltung, des Lebensglücks, der Zukunftsplanung, der Zukunftssicherung, die wir Politiker aufnehmen müssen. Wir als CSU sind in der Gesellschaft und der Bevölkerung nicht mehr so tief verwurzelt, wie es schon einmal war.“

Neben der Regierungsbildung in Bayern und dem nächsten CSU-Parteitag stehe darüber hinaus im kommenden Jahr die Europawahl an, um die sich Horst Seehofer zusammen mit dem CSU-Spitzenkandidaten Manfred Weber kümmern wolle. Außerdem wolle die CSU innerhalb der großen Koalition auf Bundesebene ein stabiler Faktor bleiben, so Seehofer. Er gab sich am Ende seiner Pressekonferenz zuversichtlich, dass die GroKo konstruktiv bis zum Ende der Legislaturperiode zusammenarbeiten werde.

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