Bundesweit gibt es laut Wohlfahrtsverbänden etwa 1,2 Millionen Menschen, die wohnungslos leben müssen. „Wir fordern vom Bund eine Wohnungspolitik, die auch bei den Schwächsten ankommt“, sagten Vertreter von „Caritas“ und „Diakonie“ am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Berlin. „Hier drohen 10.000 Menschen zu erfrieren“.
Am Donnerstag luden die Sozialverbände „Caritas“ und „Diakonisches Werk Berlin-Brandenburg und Schlesische Oberlausitz“ im „Warmen Otto“, einer Berliner Einrichtung für Wohnungs- und Obdachlose, zu einer Pressekonferenz. „Es ist ein Skandal“, sagte Ulrike Kostka, Direktorin des Caritasverbandes für das Erzbistum Berlin, zu den Medienvertretern. „Allein in Berlin drohen bis zu 10.000 wohnungslose Menschen zu erfrieren – und wir wissen nicht, wie es mit der GroKo (Großen Koalition) weitergeht. Wir können jetzt nicht einfach darauf warten, bis sie sich in der CDU darauf geeinigt haben, wer die CDU leitet und wer auf Dauer Bundeskanzlerin ist.“ Die Bundespolitik kreise da nur um sich selbst. Für die Caritas-Direktorin war auch der jüngste Wohnungs-Gipfel ein Fehlschlag. Dieser wurde unter anderem von der Bundesregierung, vielen Landesregierungen sowie Wohn- und Bau-Dachverbänden im September organisiert.
„Wir fordern, dass es eine Wohnungspolitik gibt, die wirklich auch bei den Schwächsten ankommt“, sagte Kostka gegenüber Sputnik. „Dazu gehört, dass es mehr bezahlbaren Wohnraum gibt. Wir fordern vor allem, dass wir auch als Wohlfahrtsverbände am Wohnungs-Gipfel beteiligt werden. Es kann nicht sein, dass man nicht mit denen redet, die sich mit den Themen auskennen. Für mich ist das ein Skandal. Denn wir kümmern uns um wohnungslose Menschen.“
„Es fehlen mindestens 1,9 Millionen Wohnungen im Land“
Die Caritas-Sprecherin nannte aber auch jüngste Erfolge. „Wir sind total froh, dass wir in Berlin zusammen mit Frau Breitenbach (Die Linke, Anm. d. Red.), der Berliner Sozial-Senatorin, viel erreichen konnten“, erklärte sie im Interview. „Es gibt jetzt in der Turmstraße im ehemaligen Moabiter Krankenhaus eine Kranken-Wohnung. In Zukunft wird es eine Statistik geben: Wie viele Menschen sind überhaupt obdachlos?“ Es sei auch „sehr gut“, dass die Kältehilfe ausgeweitet worden sei. „Sie geht jetzt von Oktober bis Ende April. Und das ist wirklich sehr wichtig.“ Schließlich seien das die kalten Monate.
Kostka und die Verbandssprecher betonten bei der Pressekonferenz, alle in diesem Bereich tätigen Organisationen gingen davon aus, dass die Zahl der Obdachlosen in Zukunft sogar „noch weiter steigen“ werde. Zudem nehme auch der „Anteil von EU-Bürgern und weiteren Ausländern“ bei den Wohnungslosen stetig zu. „Wohnungslosigkeit ist ein riesiger sozialer Sprengstoff“, warnte die Professorin.
Im „Warmen Otto“: Hilfe für Wohnungslose in Berlin
„Wir sollten eine Förderung anstreben, die gesamtstetig ist“, forderte er mit Blick auf die Berliner Landespolitik und den Bund. „Das heißt, eventuell auch über den Senat. Und nicht nur über die Bezirksämter. Weil die Zuwendung für uns immer ein Gnadenbrot ist. Man hat keinen Rechtsanspruch darauf.“
Der „Warme Otto“ werde aus dem Etat des Bezirksamts Berlin-Mitte finanziert, erklärt Krull. Auch zeige er sich froh, dass durch die Sozialverbände eingeführte Neuerungen wie die Kältehilfe bald mehr Menschen auf den Straßen helfen werden.
„Kältehilfe nicht nur nachts notwendig“
„Die Berliner Kältehilfe erweitert ab dem 1. November 2018 ihre Angebote“, teilten die Sozialverbände am Donnerstag, nach der Pressekonferenz in einer gemeinsamen Erklärung mit. „Seit heute stehen 826 Schlafplätze zur Notübernachtung für Obdachlose bereit. Im Dezember wird die Kältehilfe 933 Notübernachtungsplätze anbieten können. Insgesamt ist geplant, in dieser Kältehilfeperiode mindestens 1.000 Plätze bereitzustellen. Die Kältehilfe wird bis zum 30. April nächsten Jahres Notübernachtungsplätze anbieten. Die Erweiterung der Kältehilfeperiode geht auf den gestiegenen Bedarf an Notübernachtungen in der kalten Jahreszeit zurück. Neben den Kältebussen der Berliner Stadtmission wird auch das Deutsche Rote Kreuz mit seinem Wärmebus unterwegs sein. Die Busse verteilen Schlafsäcke sowie Winterkleidung und fahren hilfebedürftige obdachlose Menschen zu den Notunterkünften.“
Jedoch betonten die Wohlfahrtsverbände: „Die Kältehilfe darf kein Ausfallbürge für eine verfehlte Wohnungspolitik sein. Es nutzt nichts, grundlegende Probleme in die Kältehilfe zu verschieben. Die Ursachen der Wohnungslosigkeit müssen bei der Wurzel gepackt werden. Fehlender und bezahlbarer Wohnraum ist dabei das Hauptproblem“, wurde Caritas-Direktorin Kostka in der Pressemitteilung zitiert.
Interviews mit Ulrike Kostka & Karsten Krull
Quelle! Autor: Alexander Boos