Donnerstag, April 25, 2024
StartZARONEWS PresseAgenturRätselhafte Todesfälle rund um den NSU-Prozess – nur Zufall? (Videos)

Rätselhafte Todesfälle rund um den NSU-Prozess – nur Zufall? (Videos)

titelbild-neu

 

Fünf Zeugen sterben unter merkwürdigen Umständen 7 Ermittler erklären den Tod jeweils schnell als „natürlich“ oder selbst gewollt.

 

Im September 2013 verbrennt ein Mann

in seinem Auto. Es ist der 21-jährige Florian H., ein Aussteiger aus der rechten Szene. An seinem Todestag sollte er eigentlich bei der Polizei aussagen, die Staatsanwaltschaft geht dennoch von

Selbstmord aus.

Knapp eineinhalb Jahre später, im März 2015, stirbt die 20-jährige Melissa M. – nur einen Monat nach ihrer Aussage im NSU-Ausschuss. Sie ist die Exfreundin des zuvor verstorbenen Zeugen.

Tod durch Thrombose und Lungenembolie

Auch ihr Tod ist rätselhaft. Sie stürzt mit dem Motorrad, prellt sich dabei aber nur das Knie. Laut Obduktionsbericht stirbt sie wenig später an einer Lungenembolie, die durch eine Thrombose entstanden sein soll. Ihr damaliger Verlobter brachte Melissa in die Klinik, jetzt ist auch er tot. Laut den Ermittlungsbehörden soll er im Februar 2016 ebenfalls Selbstmord begangen haben. Zu den Details schweigt die Staatsanwaltschaft, die Ergebnisse seiner Obduktion sind noch nicht bekannt.

Morden Unbekannte nach den NSU-Verbrechen weiter?

Immer mehr Beobachter haben Zweifel daran, dass diese Todesfälle zufällig geschehen sind. „Da stimmt was nicht. Das ist zu viel Zufall“, sagt der Politwissenschaftler Hajo Funke, der nicht nur die NSU-Morde, sondern auch das reihenweise Sterben der Zeugen untersucht.

„Da schwirrt eine Angst herum, die nicht erklärt ist, aber auf eine Gewaltstruktur von Rechtsextremen und organisierte Kriminalität hinweist.“ Die Rechtsbehörden seien dieser Herausforderung bisher nicht gerecht geworden. Es ist ein unheimlicher Vorwurf: Morden tatsächlich Unbekannte weiter, lange nach den mutmaßlichen Verbrechen von Uwe Mundlos, Uwe Böhnhard und Beate Zschäpe?

Todesfälle haben mit NSU-Komplex zu tun

Seit Mai 2013 läuft der NSU-Prozess in München, die juristische Aufarbeitung des jahrelang unerkannten braunen Terrors in Deutschland. Im Mittelpunkt steht die Angeklagte Beate Zschäpe, seit 2011 in Haft. Böhnhard und Mundlos sind tot. Der Journalist Thomas Moser recherchiert seit Jahren zu den Ungereimtheiten des NSU und glaubt nicht an all die Zufälle:

„Brisanz erhalten die Todesfälle dadurch, dass die NSU-Täter damit nichts zu tun haben können. Aber die Todesfälle haben alle mit dem gesamten NSU-Komplex zu tun.“

Akten zurückgehalten oder geschreddert

Journalist Moser sagt, die Untersuchungsbehörden legten sich auffällig früh auf natürliche Todesursachen fest und seien ihm gegenüber verschlossen: „Da mussten wir als Beobachter feststellen, dass Behörden nicht rückhaltlos aufklären, sondern im Gegenteil, dass Akten zurückgehalten oder geschreddert wurden, dass vertuscht wird oder Beamte als Zeugen nur eingeschränkt aussagen dürfen.“

Enttarnter V-Mann stirbt im Zeugenschutzprogramm

So ist auch der Tod von Thomas R. mysteriös, der jahrelang als V-Mann für den Verfassungsschutz gearbeitet hat. Nach seiner Enttarnung landete er in einem Zeugenschutzprogramm, lebte in einem Haus in Paderborn. Mitarbeiter des Verfassungsschutzes fanden ihn dort tot auf.

Der 39-Jährige soll an einer unentdeckten Diabeteserkrankung gestorben sein. Auch diese Todesursache klingt zumindest merkwürdig, verschiedene Untersuchungsausschüsse und mehrere Staatsanwaltschaften ermitteln.

Auf einem Waldparkplatz im Auto verbrannt

Letztlich könnten die fünf toten Zeugen rund um den NSU-Prozess auch zufällig gestorben sein. Nur wären es doch recht viele Zufälle. Der fünfte Tote soll übrigens ebenfalls Suizid begangen haben. Der 18-jährige Arthur C., sein Name taucht in den Ermittlungsakten eines NSU-Mordes auf. Im Januar 2009 verbrannte er in seinem Auto auf einem Waldparkplatz bei Heilbronn (Titelbild).

Staatliche Beihilfe

Es war die Welt am Sonntag, die am 13. März zu den neuesten Erkenntnissen über den »Nationalsozialistischen Untergrund« (NSU) schrieb: »Im September 1998 hätte das Brandenburger Amt das Trio fassen können – noch vor dem ersten Mord der Gruppe.« Hintergrund waren die Aussagen des Verfassungsschützers Reinhard Görlitz vor dem Oberlandesgericht München und brisante Aktenvermerke, die der Zeitung nach eigenen Angaben vorliegen.

Die Verfassungsschutzabteilung des brandenburgischen Innenministeriums hatte über Jahre einen der wichtigsten V-Männer im Nahbereich des NSU geführt: Carsten Szczepanski, Deckname »Piatto«, der am 14. September 1998 seinen Vorgesetzten mitteilte, dass sich die drei abgetauchten Neonazis Waffen besorgen wollten und einen »weiteren« Raubüberfall planten – mit dem Ziel, sich nach Südafrika abzusetzen. All das habe »Piatto« von Jan Werner erfahren, einem Helfer des Trios aus dem Neonazinetzwerk »Blood and Honour«.

Offenbar führte eine spärliche und ungenügende Information des Verfassungsschutzes an die Polizei dazu, dass das Thüringer Landeskriminalamt dieser »heißen Spur« folgen wollte. Die Absicht war einfach und erfolgversprechend: Man wollte die Quellen abhören und observieren lassen, um die drei Untergetauchten Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe zu finden.

Video: Die NSU-Morde als Krimi. Die Aufklärung der NSU-Affäre wirft viele Fragen und Ungereimtheiten auf. Der Stuttgarter Schriftsteller Wolfgang Schorlau setzt in seinem neuen Krimi seinen Ermittler Dengler auf das Thema an. Dengler deckt immer mehr Widersprüche an der offiziellen Darstellung der Ereignisse auf. Was geschah wirklich?

Genau das, was Aufgabe eines Inlandsgeheimdienstes ist, Vorbereitungen von schweren Straftaten aufzudecken, damit sie polizeilich – durch Fahndung und Festnahme – verhindert werden können, wurde aber systematisch unterlassen. Die Ermittler bekamen eine Abfuhr mit Verweis auf den Quellenschutz.

Diese Sabotage folgte dem Schema, das sich später an verschiedenen NSU-Tatorten wiederholte: Die jeweilige Landesbehörde des Geheimdienstes verweigert die Mitarbeit. Weder wollte der Verfassungsschutz die Quellenmeldung freigeben noch der Polizei mit einem »Behördenzeugnis« aus dem Bundesamt für Verfassungsschutz helfen. Mit einem solchen Schriftstück hätte die Bundesbehörde den Inhalt des Treffberichts wiedergeben können, ohne dass »Piatto« enttarnt worden wäre.

Auch wenn das – im nachhinein – gerne kolportiert wird: Der Geheimdienst operierte damit nicht im Alleingang, sondern im Schutz vorgegebener und eingehaltener Dienstwege. Der Konflikt zwischen Geheimdienst- und Polizeiinteressen landete auf dem Schreibtisch des Innenministeriums, wo der oberste Dienstherr von Polizei und Geheimdienst sitzt. Was sich später noch wiederholen sollte, passierte auch in diesem Fall. Das von der SPD geführte Brandenburger Innenministerium stellte sich hinter das Vorgehen des Geheimdienstes und trug so zur Sabotage der Fahndung bei.




Diese Weigerung, das Wissen der Geheimdienste an die Polizei weiterzugeben, hat System. Es ist sehr präzise belegbar, dass die jeweiligen Innenministerien dies politisch gedeckt hatten. Dennoch hatte der vormalige Vizepräsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Klaus-Dieter Fritsche, im Oktober 2012 vor dem ersten NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags erklärt: »Aus der Berichterstattung über die bisherigen Ausschusssitzungen konnten Bürger den Eindruck gewinnen, das Bundesamt für Verfassungsschutz, kurz: BfV, oder die Landesämter hätten nach dem Abtauchen des NSU-Trios Ende der 90er Jahre, also ca. zwölf Jahre bevor der NSU als Terrorgruppe überhaupt bekannt wurde, eine mangelhafte Zielfahndung durchgeführt«.

Fritsche sagte weiter, der Verfassungsschutz erfülle auf der Basis des Grundgesetzes eine »Frühwarnfunktion für unsere Demokratie«. Es sei nicht Aufgabe des Geheimdienstes, gegen einzelne Personen exekutive Maßnahmen zu Abwehr konkreter Gefahren oder zur Strafverfolgung vorzubereiten und durchzuführen. »Nach dem Trennungsgebot ist dies exklusive Aufgabe der Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften – zu Recht eine Lehre aus der dunkelsten Zeit deutscher Geschichte, der NS-Zeit.« Sehr wohl sei es aber Aufgabe des Verfassungsschutzes, »gewonnene Erkenntnisse zu gemeingefährlichen Personen an die Ermittlungsbehörden weiterzugeben«. Das sei explizit in Paragraph 20 des Bundesverfassungsschutzgesetzes geregelt, betonte Fritsche.

Das nennt man Irreführung im Amt, denn es ging weder in Brandenburg noch in Thüringen darum, dass der Verfassungsschutz etwas tun soll, wozu er nicht befugt ist – schon gar nicht etwas, womit Handlungen aus der »dunkelsten Zeit deutscher Geschichte« wiederholt würden. Es geht darum, dass der Geheimdienst auf Bundes- und Landesebene fortgesetzt die »Aufgabe des Verfassungsschutzes, gewonnene Erkenntnisse zu gemeingefährlichen Personen an die Ermittlungsbehörden weiterzugeben« sabotiert hat (NSU-Komplex: Selbstmord »unvorstellbar« (Video)).

Denn so hat er taterheblich dazu beigetragen, dass es den NSU gab, dass die Terror- und Mordserie nicht verhindert oder gestoppt wurde.

Video:

https://youtu.be/yxMQzSFOeag

Literatur:

Die Partisanen der NATO: Stay-Behind-Organisationen in Deutschland 1946-1991 von Erich Schmidt-Eenboom

Der Rechtsstaat im Untergrund: Big Brother, der NSU-Komplex und die notwendige Illoyalität (Neue Kleine Bibliothek) von Wolf Wetzel

NSU – Was die Öffentlichkeit nicht wissen soll…: Das Terror-Trio“: Von Versagern, fragwürdigen Spuren und Wundern im Brandschutt von Udo Schulze

Das RAF Phantom: Wozu Politik und Wirtschaft Terroristen brauchen von Gerhard Wisnewski

Quellen: PublicDomain/jungewelt.de/wdr.de am 16.03.2016

Empfohlene Artikel
- Advertisment -
Translate »