Freitag, April 19, 2024
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Raketenbumerang: Neue Russland-Sanktionen treffen die USA

Der Leiter des Auswärtigen Ausschusses beim US-Repräsentantenhaus, Ed Royce, hat am Samstag den Gesetzentwurf zur Verhängung weiterer Sanktionen gegen Russland zur Erörterung vorgelegt.

Demnach wirft Washington Moskau vor, gegen den im Jahr 1987 zwischen den USA und der UdSSR unterzeichneten Vertrag zur Vernichtung von  Mittel- und Kurzstreckenraketen (INF-Vertrag) verstoßen zu haben.

Es ist kaum ein Zufall, dass Royce diesen Gesetzentwurf vor dem Hintergrund des ersten persönlichen Treffens der Präsidenten Russlands und der USA, Wladimir Putin und Donald Trump, am Rande des G20-Gipfels in Hamburg eingebracht hat.Demzufolge ist zu vermuten, dass ein weiteres Druckmittel auf Trump wegen seiner positiven Haltung gegenüber Russland auftaucht.

Sollten diese Einschränkungen eingeführt werden, würde dies einen Zusammenbruch nicht nur des  INF-Vertrages, sondern auch des ganzen strategischen Sicherheitssystems in Europa bedeuten, meint der russische Politologe Geworg Mirsajan.

Gemäß dem INF-Vertrag sind die Parteien verpflichtet, ballistische Raketen mittlerer und kurzer (zwischen 300 und 5000 Kilometern) Reichweite nicht in Dienst zu stellen.

„Die Amerikaner sind sich darin sicher, dass Russland Modifikationen seiner neuen Raketen entwickelt, die unter diese Einschränkungen fallen werden“, so Mirsajan.

 „Der Vertrag ist jetzt natürlich veraltet, da diese Vereinbarung zwischen Moskau und Washington noch in den 80-er Jahren erzielt wurde. Und nun besitzen der Iran, China und viele andere Länder bereits derartige Raketen“, betonte der Experte.

Dennoch stelle dieser Vertrag einen sehr wichtigen Punkt zur Gewährleistung der globalen Stabilität zwischen Russland und den USA dar, weil sein Sinn darin bestehe, dass Moskau und Washington keine gegeneinander gerichteten Marschflugkörper stationieren, welche die Anflugzeit verringern, wodurch die  Wahrscheinlichkeit eines globalen Krieges wegen eines geringeren lokalen Vorfalls drastisch abnehme.

Zudem schließt der Experte nicht aus, dass die Amerikaner zurzeit nur theoretisch aus diesem Vertrag aussteigen könnten, da es ihnen die jetzige Situation nicht erlaubt, dies zu tun.

„Die USA können solche Raketen entwickeln. Die Frage besteht aber darin, wo sie diese stationieren werden“, so Mirsajan.

Während des Kalten Krieges waren diese Raketen in Westeuropa disloziert. Aber sogar Anfang der 80-er Jahre war aus diesem Grund ein kolossaler Skandal ausgebrochen, denn die Europäer wollten dieses Kriegsgerät nicht bei sich lassen und nicht ins Kreuzfeuer der USA und der UdSSR geraten.

„In der Türkei werden sie keine Raketen stationieren, im Iran umso mehr nicht, in China- auch nicht.  Es bleiben nur die USA selbst, dies wäre aber sinnlos, denn die im Bundesstaat Georgia oder im Bundesstaat Florida aufzustellenden Raketen würden höchstens Venezuela erreichen können“, konstatierte Mirsajan.

Natürlich gebe es auch andere Varianten – das Pentagon soll derzeit im Rahmen des US-Raketenabwehrprogramms Senkrechtstartanlagen  Mk-41 (Vertical Launching System) nach Rumänien gebracht haben, die eine bodengestützte Variante des Aegis-Kampfsystems seien und mit deren Hilfe Marschflugkörper des Typs „Tomahawk“ abgefeuert werden könnten.Für die russische nationale Sicherheit stelle dies eine unmittelbare Gefahr dar, wovon Präsident Wladimir Putin mehrmals gesprochen habe.

Die in Europa nach einem möglichen Ausstieg der USA aus dem INF-Vertragaufzustellenden solchen Systeme würden aber Russlands möglichen Gegenschritt nicht kompensieren können.

„Deswegen ist ein möglicher Ausstritt der USA aus dem INF-Vertrag aus pragmatischer Sicht sinnlos. Die jetzigen russisch-amerikanischen Beziehungen stützen sich auf gegenseitige Vorwürfe – Washington wirft uns immer wieder vor, gegen den Vertrag verstoßen zu haben, während wir Washington beschuldigen, die Infrastruktur für seine Raketen in Polen, Rumänien und den baltischen Ländern geschaffen zu haben.“

„Beispielsweise schließen wir stets die Augen vor Verstößen seitens der USA, weil der INF-Vertrag eine Schlüsselrolle bei der Aufrechterhaltung der strategischen Stabilität spielt. Aber wir werden dies nicht mehr weiter tun können, sollte der US-Senat diesen Gesetzentwurf billigen“, schloss der Experte.

Beitragsbild: © Sputnik/ Igor Sarembo
Quelle: Sputnik Deutchland
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