Donnerstag, März 28, 2024
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Reingefallen! – Soko-Chemnitz war Nazi-Falle

Die Aktion des Künstlerkollektivs Zentrum für politische Schönheit hat sich drei Tage nach ihrem Start als Honigfalle rausgestellt. Das Kollektiv gibt an, dass sich mutmaßliche Teilnehmer der fremdenfeindlichen Demonstrationen in Chemnitz über die Suchfunktion der Seite selbst ausgeliefert hätten.

Die Künstler sagen: Danke, liebe Nazis.

Wenn der Berg nicht zum Propheten kommt, dann geht der Prophet zum Berg. So oder so ähnlich könnte man beschreiben, was bei der umstrittenen Aktion des Künstlerkollektivs Zentrum für politische Schönheit passiert ist. Auf der Plattform Soko-Chemnitz hatten die Aktivisten Fotos und Namen von Menschen veröffentlicht, die an den fremdenfeindlichen Demonstrationen in Chemnitz teilgenommen haben sollen. Andere, noch nicht zugeordnete „Fahndungsbilder“ wurden ebenfalls online präsentiert mit der Aufforderung, die abgebildeten Personen zu identifizieren. „Denunzieren Sie noch heute Ihren Arbeitskollegen, Nachbarn oder Bekannten und kassieren Sie Sofort-Bargeld“, so die unmissverständliche Botschaft der Künstler.

Drei Tage ist die Aktion gelaufen und hat für eine Menge Unmut und Kritik gesorgt. Von Stasi-Methoden war die Rede, selbst in linken Kreisen wurde der Aufruf zum Denunziantentum als grenzwertig aufgenommen. Nun kommt heraus: Der eigentliche Zweck der Kunstaktion lag die ganze Zeit im Verborgenen. Nicht die Arbeitskollegen oder Nachbarn von mutmaßlichen Rechtsextremen sollten angesprochen werden, sondern die Rechtsextremen selbst. Die Aktion war ein „Honeypot“, also eine sogenannte Honigfalle.

Die Idee

Zum Konzept hinter der Falle offenbart das Künstlerkollektiv:

„Wir arbeiteten mit Experten der Bilderkennung, künstlichen Intelligenz und Algorithmik. Und wir bauten eine Webseite mit einem einzigen Ziel: Ihr liefert uns Euer gesamtes Netzwerk selbst aus und zwar ohne es zu merken. Das wichtigste Element dieser Seite: die Suchfunktion. Über die Suche habt Ihr uns mehr mitgeteilt, als öffentlich zugängliche Quellen je verraten hätten.“

Die Methode

Den Besuchern der Seite ist jeweils nur eine kleine, zufällig zusammengestellte Auswahl der Profile, die identifiziert oder gesucht wurden, angezeigt worden. Dies hat laut Zentrum für politische Schönheit viele dazu verleitet, über die Suchfunktion zu gehen und den eigenen Namen einzugeben, um zu sehen, ob man ebenfalls gelistet war.

„Die Suchdaten wurden gemäß Datenschutzbestimmung wie bei allen Web-Suchdiensten mitgeloggt und einer pseudonymisierten Benutzerkennung zugewiesen. Als nächstes haben mehr als 62 Prozent der relevanten Besuchergruppe unsere Datenbanken nach Familienangehörigen durchforstet, bevor im Schnitt nach 6,72 Freunden oder Bekannten gesucht wurde.“

Die Suchanfrage hätten nicht nur jede Menge vollständiger Namen zutage gefördert, sondern auch Wahrscheinlichkeitswerte: Wenn jemand einen von 1.500 Namen eingegeben hat, die schon bekannt waren, dann sei die Wahrscheinlichkeit hoch gewesen, dass derjenige mehr von dem wissen könnte, wonach das Kollektiv suche.

„Die Datensätze boten die einmalige Möglichkeit, das ‚Netzwerk Chemnitz‘ auszuleuchten. Mittels Netzwerkanalyse und Datenvisualisierung waren Freundeskreise, Knotenpunkte, Mitläufer und Aufenthaltsorte relativ einfach auswertbar. Die Ausgangsprofile haben wir gescored und die Scoring-Werte färbten wiederum auf die Gewichtung der Gesuchten ab“, so die Aktivisten.

Triumphierend sagen die Künstler vom Zentrum für politische Schönheit: Danke, liebe Nazis.

Quelle!

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