Dienstag, April 23, 2024
StartMedienRicco Groß EXKLUSIV: „Das ist eine absolute Scheiß-Situation!“

Ricco Groß EXKLUSIV: „Das ist eine absolute Scheiß-Situation!“

Mit Unverständnis reagiert Ricco Groß, der Trainer der russischen Biathlon-Herren, auf die überraschende Disqualifikation seiner Spitzenathleten durch das IOC. Auch habe das IOC weder Beweise für die Verdachtsmomente gegen die Sportler angeführt noch klar gesagt, welche russischen Athleten bei Olympia starten dürfen.

Sputnik sprach mit Ricco Groß

Herr Groß, die russischen Biathlon-Stars Anton Shipulin, Evgeniy Garanichev und Alexey Volkov haben keine Einladung des IOC erhalten. Die Begründung des Komitees ist spärlich und besagt, die Proben der Sportler könnten möglicherweise bei den Spielen in Sotchi manipuliert worden sein und man wolle ganz sicher gehen. Kam diese Entscheidung für Sie und Ihr Team genauso überraschend wie für uns Fans und Journalisten oder hatten Sie Kenntnis von entsprechenden Nachforschungen?

Ich bin genauso überrascht, wie jeder andere auch. Natürlich ist auch ein großes Stück weit Unverständnis da, weil für den Weltverband IBU alles in Ordnung ist und das IOC mit einem Schlag eine andere Meinung hat.

Wie geht es Ihnen und vor allem Ihren Athleten mit dieser Entscheidung des IOC?

Das ist eine absolute Scheiß-Situation – das sage ich so, wie es ist. Die reine, unbegründete Information ist für uns völlig unverständlich. Keiner weiß, wie die Beweislage ist. Ich kann doch nicht einfach Athleten ausladen! Ich muss doch irgendwo im Bereich der Beweisführung irgendwas ans Tageslicht bringen, und das scheint mir momentan nicht so richtig gewährleistet.

Können Sie denn jetzt als Sportler oder als Verband etwas dagegen unternehmen oder läuft Ihnen auch einfach die Zeit davon?

Die Zeit spielt eindeutig gegen uns – es geht bald los, wir sind in der unmittelbaren Vorbereitung. Solche Niederschläge beeinflussen natürlich auch die Vorbereitungen. Ich habe noch keine Informationen, wie der Verband reagieren wird, ob und  wie wir juristische Schritte einleiten können. Diese Frage kann ich leider nicht beantworten.

Würde das heißen, dass die russische Herrenmannschaft auch keine Staffel bei Olympia stellen können wird? Oder können andere Sportler aus dem Kader noch nachrücken?

Auch das ein Punkt, den keiner zu beantworten weiß.  Diese Unklarheit ist natürlich auch ein bisschen auf die Arbeit des IOC zurückzuführen. Ich weiß nicht, wie es möglich ist, andere Athleten nachzunominieren. Diese Unruhe bringt nur das IOC rein.

Andersrum gefragt: Wer hat eine Einladung bekommen, wer wird definitiv fahren? Ich hätte noch Maxim Tsvetkov und Anton Babikov auf der Liste…

Offiziell habe ich seitens des IOC noch gar nichts lesen können. Da ist immer noch die Information: Am 27. Januar ist die letzte Entscheidung.

Das mediale Echo in Russland ist riesig, im Westen dagegen sehr verhalten. Dennoch habe ich in der französischen Presse ein Interview mit Simon Fourcade lesen können, in dem er die Disqualifikation von Anton Shipulin sehr bedauert und sagt, bei der Sanktionierung von Doping-Sündern werde offenbar mit zweierlei Maß gemessen… Haben Sie diesen Eindruck auch? Und erhalten Sie auch von anderen Mannschaften und Sportlern Unterstützung?

Natürlich. Ich meine, wenn solch ein gestandener Sportler wie Simon Fourcade sowas sagt, dann weiß er, wovon er spricht. Anton Shipulin ist bei so vielen Siegerehrungen dabei und das heißt, wenn man bei Siegerehrungen dabei ist, ist man auch bei Dopingkontrollen dabei. Und damit ist für viele relativ klar, dass das IOC sich vielleicht auch mal irren kann. Das nützt uns in dem Moment aber nichts, Solidarität hin oder her. Wir wollen unsere Medaillenchance haben und die ist uns ein Stück weit genommen.

Auch Wolfgang Pichler, der früher einmal die russischen Biathletinnen trainiert hat, darf nicht zu Olympia fahren. Wie bewerten Sie das?

Für mich ist das unverständlich, passt aber in die IOC-Welt!

Wie wollen Sie nun die Spiele angehen, was sagen Sie Ihren Sportlern?

Wir trainieren in der Vorbereitung ganz normal weiter mit allen Athleten als stünde Olympia vor der Tür – es steht ja auch vor der Tür. Wir versuchen unser Bestes und hoffen natürlich auch, dass das Ganze gut ausgeht für uns und wir starten dürfen.

Interview: Ilona Pfeffer

Quelle!

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