Samstag, April 20, 2024
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Russland lässt Welten aufeinanderprallen

Die WM und das Gipfeltreffen des russischen und amerikanischen Präsidenten zeigen, dass Russland eine Plattform für eine absolut pragmatische Konfrontation beziehungsweise Kooperation der entgegengesetzten Welten – der traditionalistischen und der globalistischen – geschaffen hat. Ist das eine Chance für einen langanhaltenden Frieden in der Welt?

Vor kurzem habe ich ein Video von einem Treffen des Präsidenten Russlands, Wladimir Putin, mit seinem ehemaligen Amtskollegen Barack Obama gesehen, das am Ende von dessen Amtszeit stattgefunden hatte. Auf der Tagesordnung standen Themen wie Ukraine und Syrien, MH17-Flug, Krim, Sanktionen. Das Treffen war für beide Seiten belastend – weder Putin noch Obama lächelten, beide waren angespannt, der Kremlchef wirkte nahezu abwesend. Der Dialog klappte nicht – das war offensichtlich, obwohl die Verhandlungen stundenlang dauerten.

Zum Vergleich unsere Tage: Der jüngste russisch-amerikanische Gipfel in Helsinki. Im Vorfeld der Verhandlungen gab es so gut wie keine positiven Voraussetzungen: Beide Seiten kannten die gegenseitigen „roten Linien“. Hinzu kam, dass US-Präsident Donald Trump in außenpolitischen Fragen kaum eigene Entscheidungen treffen kann, weil der Kongress jeden seinen Schritt streng kontrolliert.

War das vielleicht der Grund, warum Putin und Trump in Helsinki so gelassen und quasi freundlich wirkten? Vielleicht setzten sie auf propagandistische Tricks, ohne wirklich mit einem sachlichen Gespräch zu rechnen? Oder war der „Agent Donald“ tatsächlich zu seinem „Boss“ gekommen, um die Interessen Amerikas und seiner Verbündeten aufzugeben, wovor die westlichen „Mainstream-Medien“ eine höllische Angst haben?

Aber nein – Trump war genauso hart, emotional und resolut. Aber das Gespräch selbst war anderen Dingen gewidmet, nämlich pragmatischen Fragen. Der fairen Konkurrenz auf Gebieten, wo sich die Interessen beider Großmächte überqueren –Handel, Energiewirtschaft, Finanzwesen. Der möglichen Kooperation auf Gebieten, wo sie für beide Seiten nützlich sein könnte – Terrorbekämpfung, Syrien-Regelung, Iran. In Helsinki trafen sich wieder die Anführer des traditionellen Konservatismus und des neoliberalen Globalismus. Aber Trump hatte die Adepten der kompromisslosen Ideologie der amerikanischen „Auserwähltheit“ zu Hause gelassen und sprach mit Putin die Sprache der Haie des Kapitalismus. Und das Gespräch über die Geschäftsinteressen klappte durchaus.

Vielleicht könnte der politische Pragmatismus zu dem Bindemittel werden, das den Verfall der Welt in das Chaos verhindern würde und die Multipolarität, die sich schon seit Jahren etabliert, in den Rahmen der beiderseitig respektvollen Beziehungen zurücktreiben könnte, wovon Wladimir Putin schon seit langem träumt? Donald Trump zerstört die Überreste der verfallenden Weltordnung, sprengt die Basis des Atlantismus und Globalismus – leistet aber seinen Beitrag zum Aufbau einer neuen Welt. Der Widerstand der alten globalistischen Eliten ist enorm intensiv, ihre potenziellen finanziellen Verluste sind riesig. Aber falls sie siegen, würde es keine Rückkehr zur alten Ordnung mehr geben. Dann würde es nur ein unvorhersehbares Chaos geben, das sowohl Putin als auch Trump verhindern wollen – allerdings mit verschiedenen Instrumenten.

Trump bemüht sich um die Befreiung der US-Wirtschaft von der Ideologie. Putin hat die Fußball-WM organisiert, die manche fälschlich als „Propaganda-Projekt“ des Kreml bezeichnen. Moskaus Gegner lassen sich nicht gefallen, dass es ihm gelungen ist, eine Plattform für eine absolut pragmatische Konfrontation beziehungsweise Kooperation der entgegengesetzten Welten zu bilden – der traditionalistischen und der globalistischen. Und als sich keine Eliten, sondern einfache Menschen – Fußballfans und Zuschauer – mit der Lösung von ideologischen und propagandistischen Problemen befassten, stellte sich plötzlich heraus, dass es überhaupt keine Probleme gibt. Dass das traditionalistische Russland sehr freundlich und im gewohnten „globalistisch-internationalen“ Geiste Fans aus aller Welt – egal ob perfide Briten, sture Deutschen oder „gehasste“ Amerikaner, geschweige denn offene und lustige Lateinamerikaner und zurückhaltende Araber – empfangen kann. Fußball, Bier, Tänze – das sind alles Elemente einer hervorragenden Kommunikationsplattform.

Die Gäste der Fußball-WM sind heimgekehrt, und sie sind jetzt überzeugt, dass nicht Putin während seiner Fußball-WM, sondern die westlichen Medien und Politiker in den Köpfen ihrer kenntnisarmen Bürger „Potemkin’sche Dörfer“ bauen. Doch auch die Russen selbst konnten sich überzeugen: Menschen aus dem Westen verdienen es nicht, gehasst zu werden. Sie verstehen jetzt, warum Präsident Putin seine geopolitischen Gegner als „Partner“ bezeichnet und mit allen neugewählten Staatsoberhäuptern zusammenarbeitet – auch wenn er bei Treffen mit ihnen unterschiedliche Gesichtsausdrücke zur Schau stellt.

Russlands gigantisches soziokulturelles Experiment, das im Juni und Juli 2018 stattfand, hat nicht nur die Schwächen der Neigung zu ideologischen Doktrinen, sondern auch die großen Perspektiven der pragmatischen Multipolarität gezeigt. Wie sich herausstellte, können einfache Menschen ganz leicht miteinander zurechtkommen. Es bleibt nur eine Kleinigkeit: den globalen Eliten zu beweisen, dass es keine anderen Möglichkeiten für den Aufbau einer neuen, sicheren Welt gibt.

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