Mittwoch, April 24, 2024
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Russland löst die USA in Syrien ab

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Statt der Nato schickt Putin sich an, die Luftherrschaft über dem arabischen Land zu übernehmen.

Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit bahnt sich im Syrien-Konflikt eine Wende an, die Auswirkungen bis nach Europa haben wird.

Während die russische Militärhilfe für Syriens Armee derzeit hohe Wogen schlägt, ist eine weitreichende Entscheidung innerhalb der Nato auf wenig Beachtung gestoßen. Bereits Mitte August hat die Bundesregierung angekündigt, dass sie

den Einsatz der Bundeswehr an der Südostgrenze der Türkei beenden und das Luftabwehrsystem „Patriot“ Ende Januar 2016 wieder abziehen will. Offiziell immer als defensive Maßnahme zur Abwehr syrischer

Raketen bezeichnet, hatten die „Patriots“ eine viel weitergehende Bedeutung. Faktisch kam das an der Südostgrenze der Türkei stationierte Luftabwehrsystem der Verhängung einer Flugverbotszone durch die Nato über Teile Syriens gleich. Die tatsächlichen Hintergründe dieser Kehrtwende bleiben einstweilen unklar. Einiges spricht dafür, dass Ankaras Vorgehen gegen die Kurden in Washington tiefe Verärgerung hervorgerufen hat.

 

Die Ernüchterung über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ist offenbar so groß, dass man in Washington nun bereit zu sein scheint, mit Moskau in der Syrien-Frage zu reden. Ohne russische Zustimmung dürfte kaum noch eine Lösung gelingen. Der Abzug des Nato-Luftabwehrsystems aus der Türkei ist nur ein Baustein, der die Kräftelage in Syrien gravierend verändert.

Inzwischen hat Russland den Spieß umgedreht. Mit der Stationierung russischer Jagdflugzeuge in Syrien, denen vermutlich bald Luftabwehrsysteme vom Typ S-300 oder sogar das noch modernere Modell S-400 „Triumf“ folgen werden, ist es nun Russland, das seinerseits den Luftwaffen der Türkei, der USA und Israels faktisch eine Flugverbotszone über Syrien auferlegt. Schon vor längerer Zeit hatte das Hamburger Institut für Friedensforschung eine Vermutung aufgestellt, die nun immer mehr zur Realität zu werden scheint: „Hätte Syrien S-300-Systeme, würde das die Lage grundsätzlich ändern.“ Es spricht einiges dafür, dass der Abzug der „Patriots“ und die verstärkte russische Militärhilfe für die syrischen Regierungstruppen eine einschneidende Wende im Syrien-Konflikt darstellt.

Bei nüchterner Betrachtung muss man nämlich zur Kenntnis nehmen, dass im Schutze der „Patriot“-Raketen nicht nur kurdische Truppen Gebietsgewinne, sondern auch der Islamische Staat (IS) Kontrolle über Teile Syriens erringen konnte. Sollte die syrische Armee mit russischer Hilfe nun die Lufthoheit wiedererlangen, könnte der Siegeszug des IS erst einmal gestoppt sein.

Mehr noch. Zumindest in Syrien drohen der Terrormiliz hohe Verluste. Medienberichten zufolge ist nämlich damit zu rechnen, dass neben Russland auch verstärkt der Iran mit Bo­dentruppen in Syrien eingreifen will. Über die Folgen kann bislang nur spekuliert werden. Als sicher kann gelten, dass wichtige Akteure des Syrien-Konflikts wie die Türkei oder Saudi-Arabien alles daran setzten werden, dass IS-Kämpfer aus Syrien sich nicht auf ihr Territorium absetzen werden. Als Ausweichmöglichkeit auf der Hand liegt der Irak, wo der Islamische Staat bereits umfangreiche Gebiete kontrolliert.

Sollte sich in Syrien tatsächlich das Kräfteverhältnis unter dem Einfluss von Russland und dem Iran grundlegend zu Ungunsten des Islamischen Staates verändern, würde sich allerdings auch ein Ausweichen von IS-Kämpfern nach Europa anbieten. Schon jetzt gibt es erste Indizien für ein Einsickern von Islamisten unter Ausnutzung der hohen Immigrationszahlen nach Europa. So hat ein libanesisches Regierungsmitglied bei einem Besuch in London Premier David Cameron gewarnt, dass nach Erkenntnissen libanesischer Behörden, zwei von Hundert Syrern, die derzeit in Europa Asyl suchen, Angehörige des Islamischen Staates seien.

Aus dem Land Brandenburg wurde inzwischen gemeldet, dass das Bundeskriminalamt gegen einen Asylbewerber Ermittlungen wegen Terrorverdachts aufgenommen hat. Der Verdächtige soll Teil einer islamistischen Zelle gewesen sein. Laut der „Welt am Sonntag“ soll der in einer brandenburgischen Unterkunft lebende Syrer Mitbewohner über seine Zeit beim Islamischen Staat berichtet haben.

Sollte die Terrororganisation tatsächlich mit dem Gedanken einer Absetzbewegung und Infiltration Europas spielen, dann wären die Umstände denkbar günstig. Täglich strömen über die ungesicherten EU-Außengrenzen Tausende von Immigranten. Die hiesige Polizei hat längst den erkennungsdienstlichen Überblick verloren, wer im Zuge der „Flüchtlingswelle“ derzeit eigentlich die deutschen Grenzen passiert.

Wie das Nachrichtenmagazin „Focus“ berichtet, liegen dem BKA etwa 1000 Hinweise auf Asyl­antrag­steller vor, denen Kriegsverbrechen zur Last gelegt werden. Dies sagte der Vize-Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Peter Henzler, nach Informationen des Magazins vor dem Innenausschuss des Bundestages.

In 1000 Fällen will das BKA nun ermitteln. Sie erscheinen der Behörde so gravierend, dass sie „An­lass für strafrechtliche Ermittlungen“ seien, berichtete Henzler am vorigen Mittwoch den Abgeordneten im Ausschuss.

Neuen Erkenntnissen zufolge lügen viele Asylbewerber, was ihre Identität angeht. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) verwies in derselben Sitzung auf Schätzungen, denen zufolge bis zu 30 Prozent der Asylbewerber, die sich als Syrer ausgeben, in Wirklichkeit keine Syrer seien. Der CDU-Politiker betonte, er nehme das Problem sehr ernst.

Putin, steh uns bei

Die nicht enden wollende Ankunft von Flüchtlingen in der EU und vor allem in Deutschland bringt die Bundesregierung zur außenpolitischen Kurskorrektur. Kooperation statt Konfrontation steht mit einem Mal auf der Berliner Agenda. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht ein, dass eine Lösung des Syrien-Konflikts und ein Zurückdrängen der Terrorgruppe »Islamischer Staat« (IS) nur mit Präsident Baschar Al-Assad zu erzielen ist – und nicht gegen diesen. Nach dem EU-Gipfel zur Flüchtlingskrise in Brüssel bekundete die deutsche Regierungschefin am Donnerstag: »Es muss mit vielen Akteuren gesprochen werden, auch mit Assad.« Ihr Vize, Wirtschaftsminister Gabriel, spricht sich zudem für eine 180-Grad-Wende im Verhältnis zu Russland und die Aufhebung der Wirtschaftssanktionen aus. »Wir brauchen eine Verständigung mit Russland«, so der SPD-Chef am Freitag. Es könnten nicht einerseits Strafmaßnahmen dauerhaft aufrechterhalten werden, während man andererseits um Zusammenarbeit bitte. Gabriel mahnte: »Der Konflikt um die Ukraine kann nicht das Verhältnis Deutschlands, Europas und der Vereinigten Staaten zu Russland so stark belasten, dass Russland als Partner in Syrien ausfällt.«

Auch die CSU schickt Liebesgrüße nach Moskau. »Wenn die Sanktionen einem gemeinsamen Engagement in Syrien im Wege stehen, müssen wir dem Ziel einer Konfliktlösung in Syrien den Vorrang geben«, wird die bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner im Münchner Merkur vom Freitag zitiert. Die Flüchtlingskrise schaffe eine neue Situation, in der es wichtig werde, »die Kontakte zu Russland zu intensivieren«, so die CSU-Politikerin weiter. »Es ist Zeit, das offen auszusprechen und offensiv anzugehen.« Ohne Russland werde man die Situation in Syrien nicht in den Griff bekommen. »Für den Kampf gegen den Islamischen Staat ist die Zusammenarbeit mit Russland unverzichtbar«, so Aigner.

Damit wären die Hunderttausende Menschen, die in den vergangenen Wochen unter Einsatz ihres Lebens und Aufbringung ihrer Ersparnisse in die EU gekommen sind, der Sargnagel für die bisherige Regime-Change-Politik des Westens in Syrien. Denn es war Kanzlerin Merkel, die im Februar 2012 die Maxime ausgegeben hatte: »Präsident Assad hat an der Spitze seines Landes nichts mehr verloren.« Die Bundesregierung machte sich in der Folge für die Verschärfung der Sanktionen gegen Damaskus stark und unterstützte die syrische Exilopposition, die im Land über keinerlei Rückhalt verfügt, in ihrer Obstruktionsposition nach dem Motto »Keine Verhandlungen mit Assad«.

Russlands Präsident Wladimir Putin, der sich am Montag am Rande der UN-Generaldebatte in New York mit seinem US-Amtskollegen Barack Obama treffen will, kritisierte derweil in einem Interview mit dem Fernsehsender CBS die amerikanischen Regime-Change-Interventionen der vergangenen Jahre. Nach den vorab veröffentlichten Passagen des Gesprächs – das am Sonntag komplett ausgestrahlt werden soll – antwortete Putin auf die Bemerkung des Moderators, die verstärkte russische Militärpräsenz in Syrien lege nahe, dass Moskau Assad »retten« wolle: »Da haben Sie recht. Und es ist meine tiefe Überzeugung, dass jede gegenläufige Handlung – zur Zerstörung einer legitimen Regierung – eine Lage schaffen wird, die man jetzt in anderen Ländern der Region oder in anderen Regionen wie etwa Libyen sehen kann, wo alle staatlichen Einrichtungen zerfallen sind.« Auch im Irak sei »eine ähnliche Situation« zu beobachten. Putin betonte demnach laut der von AFP verbreiteten Auszüge, es gebe »keine andere Lösung der syrischen Krise als eine Stärkung der tatsächlichen Regierungsstrukturen und Hilfe für sie, um den Terrorismus zu bekämpfen«. Zugleich müsse Damaskus dazu bewogen werden, »sich an einem positiven Dialog mit der vernünftigen Opposition zu beteiligen und Reformen durchzuführen«.

Literatur:

Das Szenario eines Dritten Weltkriegs: Die geheimen Pläne des Pentagons zur Errichtung einer Neuen Weltordnung von Michel Chossudovsky

Inside IS – 10 Tage im ‚Islamischen Staat‘ von Jürgen Todenhöfer

Die Weltbeherrscher: Militärische und geheimdienstliche Operationen der USA von Armin Wertz

Countdown Weltkrieg 3.0 von Stephan Berndt

Quellen: PublicDomain/jungewelt.de/preussische-allgemeine.de vom 24.09.2015

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