Mittwoch, April 24, 2024
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Sanktionen oder der permanente Wirtschaftskrieg

Die wirre Welt der Börsen und Finanzmärkte // Symbolfoto // CC0 Public Domain // pixabay

Wenn man heutzutage von Krieg redet, dann assoziiert man damit Militär, Waffen, Zerstörung, Blut und vielleicht sogar Atombomben. Doch der physische Krieg mit militärischen Mitteln ist nur eine Form der

Kriegsführung. Krieg kann nämlich auch mit wirtschaftlichen bzw. finanziellen Mitteln geführt werden, was unter dem Begriff (Wirtschafts-)

Sanktionen läuft.

Eine Sanktion ist ganz allgemein “eine gegen jemanden gerichtete Maßnahme zur Erzwingung eines bestimmten Verhaltens oder zur Bestrafung.” Im politischen Kontext sind Sanktionen “Maßnahme[n], die (zur Bestrafung oder zur Ausübung von Druck) gegen einen Staat […] angewandt werden kann.”

Herr Daniel Glaser ist Mitarbeiter des amerikanischen Finanzministeriums, genauer gesagt der Abteilung für Finanzkriminalität. Als ehemaliger Jurastudent ist er damit beauftragt internationale Finanzströme zu überwachen und kriminelle Machenschaften aufzuspüren. Heute ist er ein Krieger, ein Soldat.

 

Er hat es schon mit Nordkorea, dem Jemen, dem Sudan, Simbabwe, und dem Iran aufgenommen. Der Iran war eines seiner letzten Aufgaben: 2012 wurde allen iranischen Banken die Verbindung zum SWIFT-Netzwerk gesperrt, wodurch kaum noch internationaler Handel möglich ist.
Nach dem 11.9.2001 hat sich die Arbeit weiterentwickelt: vom ‘Watchdog’ internationaler Finanzströme hat Glaser zusammen mit seinem damaligen Chef Juan Zarate “die Waffe der Zukunft entwickelt”. Die Mittel dieser Waffe befinden sich im belgischen La Hulpe: im Gebäude der ‘Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication’, kurz SWIFT. Fast außnahmslos alle Banken der Welt besitzen heute einen sogenannten SWIFT-Code, der als Identitätsfestellung fungiert.

Da jede Finanztransaktion durch diesen Knotenpunkt läuft, ist La Hulpe finanzpolitisch gesehen ein einmaliges Machtzentrum. Wer Zugang zur SWIFT-Zentrale hat, kann Terroristen den Geldhahn zudrehen oder “ganze Volkswirtschaften ruinieren”. Mit dem Zugang zur SWIFT-Zentrale ist Herr Glaser zu einem der mächtigsten Menschen der Welt aufgestiegen.

Auch Russland hat diese Macht zu spüren bekommen. Als sich die Krise in der Ukraine zuspitzte und Janukowytsch das Land verließ, zog Herr Glasers wieder in den Krieg. Konten wurden eingefroren und später Wirtschaftssanktionen durchgesetzt. Der Kurs des Rubels sank und die Wirtschaftsleistung ging spürbar zurück.

Die Waffe von Herrn Glaser fordert keine direkten Toten, noch nicht. Denn bisher wurde den betroffenen Ländern und Akteuren noch ausreichend Luft zum Atmen gelassen. Doch vor allem die Zivilbevölkerung kann langfristig extrem unter einem Wirtschaftseinbruch leiden. Die wirtschaftlich Schwachen haben keine Exitstrategie. Wenn der Strick zugezogen ist, geht ihnen die Luft aus.
Doch damit nicht genug. Herr Glaser hat noch ein weiteres Ass im Ärmel. Neben der Kontrolle über das SWIFT – Transaktionssystem spielt der Dollar als Leitwährung einen sehr wichtige Rolle in der Kontrolle internationaler Finanzströme. Zwischen 80-90% aller Geschäfte werden im Dollar abgerechnet. Die meisten Transaktionen von einer Währung in eine andere werden immer zuerst in Dollar getauscht und dann weiter in die gewünschte Währung.

 

Der Punkt der Leitwährung ist, dass dadurch jede Transaktion per Gesetz auf amerikanischem Boden durchgeführt werden muss bzw. sie einen amerikanischen Datenpunkt passiert. In diesem Bruchteil einer Sekunde, in der das Geld auf amerikanischem Boden ist, kann es durch Glaser gestoppt werden.

Für die Banken wäre dies ein Problem. Wenn sie nicht mehr in der Lage sind in Dollar zu handeln, sind sie Handlungs- bzw Geschäftsunfähig, kurz pleite. So können Herr Glaser und seine Mitarbeiter leicht Druck auf Finanzinstitute ausüben und sie zu gewünschten Handlungen bewegen.
Zwei Beispiele: Unter Präs. Bush Jun. wurde der Iran massiv durch Sanktionen belastet, sowohl materielle als auch finanzielle. Auf finanzieller Seite wurden ohne rechtlichen Hintergrund europäische Banken zur Teilnahme an den Maßnahmen zur Druckausübung aufgefordert. Die Deutsche Bank unterwarf sich den Forderungen und machte mit. Die französische BNP Paribas tat dies nicht und wurde mit einer Strafe von US$ 9 Milliarden bestraft und ein Jahr lang vom Dollarhandel ausgeschlossen.

Für diejenigen, die das ganze zu abgedreht finden und es einer Verschwörung zuordnen: Diese Aktionen aggressiver Wirtschaftspolitik decken sich mit Berichten aus anderen Bereichen. Das Buch ‘Bekenntnisse eines Economic Hitman’ beschreibt eine weitere solche wirtschaftspolitische Praxis. Economic Hitman sind diejenigen, die bei dem wirtschaftlichen Umbau eines Landes assistieren. Durch das Überprognostizieren einer möglichen Wirtschaftsentwicklung verschulden sich die betroffenen Länder und geraten dadurch in Abhängigkeit der Geldgeber. Auch hier steckt ein ganz klares System hinter der Politik.

Seit mehreren Jahren versuchen sich Staaten daran, einen alternativen Weg einzuschlagen. Die größten Schwellenländer, die BRICS, scheinen hier einer Lösung am nächsten zu sein. Die aktuellen finanziellen Knotenpunkte wie SWIFT sollen umgangen werden, in dem z.B. Russland und China direkt Devisen handeln können. Somit wäre der USA eine wirtschaftliche Waffe genommen.

Quellen

http://www.zeit.de/2014/44/financial-warfare-sanktionen-russland
http://www.democracynow.org/2004/11/9/confessions_of_an_economic_hit_man

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