Freitag, April 19, 2024
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Schule – wie Staat Kinder zerstört: über moderne Selektionsrampen und ihre tödlichen Folgen

Bekenntnisse eines Lehrers.

Nun – seit einer Woche ist wieder Schulanfang. Zeit, über einen Fehler zu reden. Meinen Fehler. Den größten Fehler meines Lebens. Jene Entscheidung, mit der ich alles verraten habe, wofür ich damals als Jugendlicher stand.

Auch heute noch ist es mir extrem peinlich, darüber zu reden, aber wenn ich mir anmaße, über Schule zu reden, muss ich zuvor ein Geständnis machen: ich habe eine Ausbildung als Gymnasiallehrer. Da stellt sich natürlich gleich die Frage: warum? Wegen den Ferien? Der Verbeamtung? Dem lockeren Job? Nun – nein. Ich wollte nie Lehrer werden.

Im zarten Alter von 15 Jahren hatte ich beschlossen, Philosophie zu studieren – das war mein Lebensziel. Egal, was danach kam – und wenn es eine lebenslange Existenz als Obdachloser bedeuten sollte (so idealisiert kann man ja in solchem Alter schon mal sein) – das Ringen um Weisheit und Wahrheit faszinierte mich, das kreative Spielen mit Perspektiven, die Analysen, die über den Tellerrand der sonstigen Fachwissenschaften weit hinausgingen: Philosophie war nach der Lektüre einiger Schriften von Platon meine Leidenschaft geworden, während um mich herum alles nach Banker- und Politikerkarrieren schrie („Unsere Schulen produzieren leidenschaftslose Pflichterfüller“ (Video)).

Ja – so war meine alte Schule, ein Kollegschulversuch, den ich mir mit 14 Jahren selbst ausgesucht hatte, zum Erschrecken meiner Eltern fuhr ich allein in die ferne Stadt, um dort mein Glück zu machen und ein Angebot anzunehmen, das mir so kein Gymnasium bieten konnte: zwei Abschlüsse zum Preis von einem – wer kann da schon widerstehen.

Die Entscheidung führte nicht zu einem Leben ohne Probleme: ich war 14, als die Schule begann, und damit der jüngste Schüler meiner Klasse, der älteste, der an diesem Schulversuch teilnahm, war 28. Eine kunterbunte Mischung, in der ich schneller wachsen musste als in „normalen“ Schulen. Der Unterricht wurde dank Lehrermangel von Universitätsprofessoren ergänzt (was ein Segen war, wie man im folgenden sehen wird – unter „Lehrern“ hätte ich als Arbeiterkind kaum Abitur machen können), zusätzlich mussten wir uns wirtschaftliche Kompetenzen antrainieren: Stenografie, Schreibmaschine, Buchführung – die unbeliebtesten Fächer aller Zeiten.

Unser Wirtschaftsunterricht war … außergewöhnlich, aber so sehr anerkannt, dass wir Bewerbungen von Gymnasiasten dazu bekamen, die mit uns den Unterricht teilten. Ich war also auch recht jung, als ich Abitur machte, was ein Wunder war, verbrachte ich doch den Großteil meiner Lebenszeit mit Bürgerinitiativen, Aufmärschen gegen Nazis, Demonstrationen gegen Krieg, Atomstrom, Atomraketen, als verdeckter Schreiber für eine Stadtzeitung (verdeckt weil … ich den Verantwortlichen zu humanistisch eingestellt war und angesichts der Terroristenjagd für Respekt vor dem Menschen in den Gejagten warb), zusätzlich experimentierten wir mit neuen Lebens- und Gesellschaftsformen in Selbsterfahrungsgruppen: es war eine wilde, zeitintensive, aufregende Zeit, die viel Hoffnung auf Zukunft machte – doch dann kam der Moment, wo ich … immer noch viel zu jung … zum Arbeitsamt gerufen wurde, dessen Mitarbeiter für mich als jungen Mann viel zu raffiniert waren.

Ich schlug dort auf mit meinem festen Entschluss, Philosophie zu studieren – und landete in einer völlig fremden Welt, denn: das ging nicht. Ich brauchte ein Zweitfach. Medizin hätte ich noch interessant gefunden – hatte schon einige Arbeiten zu Hirn- und Nahtodesforschung gelesen – aber das war schnell vorbei, als man mir eiskalt mitteilte, dass ich schon im dritten Semester tote Menschen schlachten sollte (also: völlig auseinanderschneiden).

Ich fand: da war ich noch zu klein für. Also predigte der Beamte des Arbeitsamtes weiter (Predigten, die Familie und vor allem mein Vater schon herunterbeteten): ich solle doch darauf achten, dass ich in Zukunft – wenn ich realistischer denken würde – Frau und Kinder haben würde, Geld verdiene müsste und sollte deshalb das Studium mit Abschluss Lehramt machen. Und außerdem wäre da noch das Problem dass ich ein Zweitfach bräuchte, Monostudiengänge seien durch den Staat verboten worden.

Nun – über ein Zweitfach hatte ich mir nie Gedanken gemacht: er wollte aber eine Antwort für seine Akten. Geschichte war mir zu seicht, Germanistik ebenso, von Sprachen hatte ich die Nase voll, ebenso von der Mathematik, die mir zu unpräzise im Denken war (ja: dass man per Willkürentscheidung nicht durch Null teilen darf, weil dann das ganze System kollabierte, hatte einen starken Eindruck auf mich gemacht). Doch der Mann vom Arbeitsamt hatte gleich eine Liste parat von Zweitfächern, die dringend gesucht wurden: Sonderpädagogik war ganz oben. Gut, sagte ich: das nehme ich. Doch wieder: das verbot der Staat.

Wer Sonderpädagogik brauchte, sollte nicht in die Welt des Denkens eintauchen. Überhaupt war der Stellenwert der Philosophie im Schulwesen absolut gering: selbständiges Denken war wohl nicht erwünscht.

Ich gab also nach, nahm – als Atheist – das Zweitfach Theologie: wohl wissend, dass ich um die Religion im Rahmen der Philosophie nicht herumkommen würde (was ein Glücksfall war, muss ich im Nachhinein sagen: ich musste zwar noch einmal die Religion wechseln – von katholisch zu evangelisch – aber dann war es ein „erstklassiges geisteswissenschaftliches Studium“: jedenfalls waren das Kommentare von akademischen Freunden meines Vaters, die ihn dann sehr erfreuten.

Die Kombination wurde während meines Studiums verboten, erstklassige Geisteswissenschaftler sind dem Staat sohl unheimlich). Zu der Entscheidung, dem Druck nachzugeben, gehörte die Tatsache, dass ich jahrelang als Begleiter und Leiter von Jugendfreizeiten für arme Kinder gearbeitet hatte: für jeweils drei Wochen fuhren wir mit Kindern aus „sozialen Brennpunkten“ in den Urlaub. Ich hatte also – für mein Alter – reichlich Erfahrung im Umgang mit jungen Menschen, dachte ein wenig an „Fügung“ und verriet meinen philosophischen Geist: zum Jubel von Verwandtschaft und Arbeitsamt.

Und dann: kam die Realität. Voller Idealismus – auch geprägt durch Eindrücke aus dem Pädagogikstudium – betrat ich die Schulwelt … und wusste nach dem ersten Besuch im Lehrerzimmer, dass dies ein Fehler war. Nach einem Jahr spätestens war mir – und vielen anderen – klar, dass man diesen Job aus Gewissensgründen ablehnen musste – sofern man noch ein Gewissen hat. Ich ging dann – nach einem etwas ungewöhnlichen und abenteuerlichen Abschluss des Zweiten Staatsexamens – in die Pharmaindustrie, was mich viele Freunde gekostet hat, aber meinem Gewissen … Überraschung! .. Erleichterung verschaffte.

Was musste ich erleben – im Lehrerzimmer, dem schlimmsten Ort meiner Schulzeit? Lehrer, die hereinkamen und offen herumposaunten, dass sie diesen oder jenen Schüler nicht mehr sehen wollten und Kollegen ersuchten, denjenigen eine Fünf zu geben: es gab Freiwillige genug. Leitende Ausbildungslehrer, die Karrieren ruinieren wollten (mit einer 6 in Religion), weil es die Schüler gewagt hatten, entschuldigt den Unterricht versäumt zu haben, weil die Trainingszeiten der Fussballmannschaft sich mit dem Unterricht des eitlen Gecken überschnitten: da wurden in zehn Minuten Gespräch mehr Gesetze gebrochen, als wir tags zuvor in der theoretischen Ausbildung gelernt hatten.

Hausaufgaben über die Ferien? Streng verboten, aber gerne gegeben. Man wurde – als Referendar – auch mal an die Seite genommen und über die Noten aufgeklärt: Lehrerkinder waren mit „1“ zu benoten. Und natürlich gab es Schweigepflicht … weshalb ich ja auch nicht sage, wo dies war, wer dies war (wahrscheinlich schon alle pensioniert) – und außerdem ist das 28 Jahre her (Schule und Forschung: So schaden Hausaufgaben unseren Kindern).

Knallharte Umsatzverantwortung in der Pharmaindustrie, 120-Stunden-Wochen, existentieller Leistungsdruck  waren eine Erholung gegenüber den gruseligen Erfahrungen im Schulwesen, wo ich von einem Ausbildungsleiter wesentliches über den Charakter des Lehrers erfuhr: seiner Erfahrung nach (die groß war, er ging nach uns in Rente und wollte uns, seinen letzten Kurs, dazu benutzen, um endlich mal die Wahrheit zu sagen) waren Lehrer schwache Menschen mit Angst vor dem echten Leben, weshalb sie – nach kurzer Exkursion in die Universität – schnell wieder in gewohnte Gefilde zurückkehrten, wo wenig Kontakt durch Leistungsdruck, Arbeitseffektivität und Ergebnisorientierung bestand und man als Büttel des Staates ganz frei nach Lust und Laune Noten verteilen durfte – es sei denn, sie seien zu gut (Druck in der Erziehung: Kinder, gefangen im Hamsterrad).

Der Traum, man könne im Schulwesen Kinder zum Nachdenken anregen, zerplatzte schnell: man stand an der Selektionsrampe. Wissen Sie, was ich damals gelesen hatte? Ich habe es wiedergefunden (siehe Spiegel):

„Zeugniszeit — Selbstmordzeit. Die Fünf im Rechnen und in Deutsch: Angst vor dem Versagen treibt zunehmend Schüler wie Eltern in Verzweiflung. In den Klassenzimmern herrscht Ellenbogendenken, wächst die Zahl der psychisch und physisch Kranken. Lehrer und Ärzte warnen: „Unser Schulwesen treibt einer Katastrophe zu.““

Das war 1976, an den Universitäten wurde der Unsinn von „Hausaufgaben“ und „Noten“ sowieso schon abgelehnt, die Wissenschaft der Pädagogik (in der Schule kaum benötigt) entwickelte ein anderes Bild vom Menschen und seiner Entwicklung, das alte Schulwesen (das damals ohne Noten für „Betragen“ auskam) galt es auszurangieren – und ich war überzeugt davon, dass ich bei der Transformation des Reichsschulwesens (ja: unser Schulwesen beruht auch heute noch auf den Grundsätzen des Kaiserrreiches … und der NS-Zeit … – für Lehrer ein Traum) gute Dienste leisten könnte. „Wie lange soll die Quälerei noch dauern“ – fragte der Spiegel damals. Rechnen Sie selbst nach: wir schreiben heute das Jahr 2016.

Die Folgen der Notengebung sind tödlich – nur eine der Katastrophen, vor denen der Spiegel damals warnte (siehe Tagesspiegel aus dem Jahre 2013):

Die Zahlen sind erschreckend. Selbsttötung ist in Deutschland nach Verkehrsunfällen die zweithäufigste Todesursache junger Menschen zwischen 15 und 20 Jahren. In den vergangenen zehn Jahren nahmen sich nach Angaben der Telefonseelsorge Berlin jedes Jahr in Deutschland mehr als 600 Jugendliche das Leben.

Was hatte sich geändert gegenüber 1976? Der Tagesspiegel erwähnt nicht mehr, dass der Leistungsdruck in der Schule mit verantwortlich für die Suizide ist: für eine Leistungsgesellschaft sind halt Reibungsverluste (Kollateralschäden) tolerabel. Er reduziert die Suizidgründe auf Liebeskummer und Drogenmissbrauch, läßt ganz die Tatsache außer acht, dass Schulnoten ein eigenständiges Risiko darstellen (siehePsylex):

Schwache Zensuren / Noten in der Schule zu erhalten, ist mit einem erhöhtem Risiko für Suizid im Jugendalter verbunden laut einer neuen Studie der medizinischen Universität Karolinska Institutet und des Swedish National Board of Health and Welfare.

Wieviele Leichen wollen wir der deutschen Lehrerschaft vors Lehrerzimmer legen? Schwer zu beurteilen, weil es ein Tabuthema gibt. 24000 Suzide von Kindern in den letzten 40 Jahren – vielleicht sollten wir einfach mal alle nehmen?

Wie geht Schule selbst damit um? Fragen wir das Ministerium (siehe Schulpsychologie.NRW):

„Die Frage, inwieweit Schule mit dazu beiträgt oder sogar ursächlich dafür verantwortlich ist, dass Jugendliche sich das Leben nehmen, wurde schon seit Anfang des vorigen Jahrhunderts heftig und kontrovers diskutiert und ist bis heute nicht eindeutig geklärt.“

Die Arbeit, die hier als Grundlage für die staatliche Position angegeben wird, hat jedoch einen ganz anderen Schwerpunkt (siehe Kohlhammer), aber es reicht um zu sagen: „ob wir es waren, ist unsicher. Also machen wir weiter“.

Was geschieht jedoch, wenn Lehrer sich dem System widersetzen? Wenn sie wirklich gute Arbeit leisten und als Folge gute Noten vergeben?

Nun – dann greift der Staat ein … und hart durch (siehe Spiegel):

„Ihr Fall machte Furore: Die Lehrerin Sabine Czerny wurde von bayerischen Schulbehörden strafversetzt – wegen guter Noten und spannenden Unterrichts. Jetzt hat die Lehrerin, die zu wenig Fünfen gab, einen Preis für Zivilcourage erhalten.“

Unglaublich, oder? Die macht vielleicht guten Unterricht und versucht nicht nur die Arbeitszeit zwischen den Ferien durch exzessive Hausaufgabenkontrolle möglichst bequem zu überbrücken – oder die hat einfach gute Schüler gehabt, doch da schreitet der Staat mit aller Gewalt ein:

„Mehrfach wurde Sabine Czerny bei ihrer Schulleiterin und von übergeordneten Kultusbeamten einbestellt. Man verbot ihr so etwas Harmloses wie den Morgenkreis – ein pädagogisches Instrument, bei dem Schüler vor dem Lernbeginn miteinander ins Gespräch kommen. Man wollte sie zwingen, für ein Mädchen den Förderunterricht anzuweisen – aber sie widersetzte sich. Man bedeutete ihr, sie solle das Notenspektrum voll ausschöpfen: „Auch bei Ihnen muss es Fünfer und Sechser geben“, wies sie ein Schulbeamter an.“

Wissen Sie, was das bedeutet? Das offene Bekenntnis des Staates zur wirklichen Aufgabe seines Schulwesens: Schule muss Selektionsrampe sein, nicht Bildungsort. Keiner hat Interesse an perfekt ausgebildeten Schulklassen, dafür aber an einer Dreiteilung der Gesellschaft wie zu Kaisers Zeiten: Bauer, Bürger, Edelmann. Wer was wird, darüber entscheidet der Lehrer je nach Lust und Laune. Kein Wunder, dass mein Ausbildungsleiter uns am ersten Tag warnte, dass wir in der letzten Bastion des Feudalstaates in Deutschland gelandet sind: dem Schulwesen (was nicht ganz stimmte: im Medizinbereich lebte der Feudalismus ebenfalls fort – mit religiösen Tendenzen, die den Chefarzt fast heilig sprachen).

Es geht aber noch weiter – wir erfahren auch, welche Methoden der Staat gegen renitente Lehrer einsetzt, die ihren perversen Selektionsauftrag verweigern und statt dessen den Bildungsauftrag ernst nehmen … über den sonst intern alle ablachen:

Den Schulbehörden gefiel das gar nicht. Sie ordneten eine amtsärztliche Untersuchung der Lehrerin an. Zweck: psychologische Begutachtung und eventuelle Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand – „aus Fürsorge“.

Den Psychotest überstand Czerny mühelos. Aber als ihre vierte Klasse bei Arbeiten hintereinander einen Notenschnitt von 1,8 und 1,6 errang, wurde es den bayerischen Behörden endgültig zu bunt. Sie versetzten die Lehrerin an eine andere Schule – weil, so die amtliche Begründung, „der Schulfriede nachweislich und nachhaltig gestört“ sei.

Der Schulfrieden? Die ungestörte Selektion und künstliche Bildung einer „dummen“ Unterschicht. Das manche von denen, die per Lehrerwillkür zum sozialen Abschaum deklariert werden, sich umbringen, weil sie keinerlei Chance auf ein Hartz IV-freies Leben haben, wird kaltblütig einkalkuliert. Wer von den Lehrern nicht pariert, wird zwangspsychiatrisiert  … oder eben einfach versetzt. So lange aus seinem Lebensmittelpunkt herausgerissen, bis er die Lektion verstanden hat: er soll die Grundversorgung des Feudalstaates mit Schichten sicherstellen. Psychiatrie als Waffe des Staates zur Disziplinierung seiner Diener: Stalin läßt grüßen – aber Kommunismus bleibt verboten?

Wir schreiben das Jahr 2016. Nach wie vor müßte ich den Schuldienst (wie auch den Wehrdienst) aus Gewissensgründen verweigern, habe aber kein Problem damit, freiberuflich an einem Institut Kinder zu unterrichten … das geht ganz ohne Noten, muss aber von den Eltern selbst bezahlt werden. Selektion ist kostenlos, Bildung zur Verbesserung von Fähigkeiten muss bezahlt werden.

Woran ich manchmal denke? An meine Schulzeit. Es waren kaum Lehrer, die uns unterrichteten, wir hatten Fachwissenschaftler von der Universität. Später sollte ich dann lernen, dass Fachwissenschaftler an Schulen nichts zu suchen hätten (die erste richtungsweisende Anweisung meiner „Fachleiter“), dort bräuchte man „Lehrer“, die nach wie vor nur eine sehr mangelhafte theoretische Ausbildung im Fach Pädagogik haben … aber mehr Praxiserfahrung bekommen sollen: Selektionspraxis, damit ihnen von vornherein klar wird, dass es ihre Aufgabe ist, die kaiserliche Drei-Klassen-Gesellschaft im Auftrag der Oberschicht mit Personal zu befüllen … also vor allem: jene zu bestimmen, die lebenslang Unterschicht sein müssen. Und das in einer Demokratie, die über siebzig Jahre alt ist!

Dass solche Ungerechtigkeit Kindern den Lebenswillen nehmen kann: wen interessierts?

Doch dies wird nicht in Betracht gezogen, wenn man – wie aktuell eine Bertelsmannstudie zeigt (siehe t-online) – die Bildungschancen von „Hartz IV-Kindern“ beurteilt. Lehrer werden halt vom Staat gezwungen schlechte Noten zu vergeben – also vergibt man die doch lieber an jene, deren Familien sowieso schon am Boden liegen, die keinen Anwalt bezahlen können, um sich gegen Willkür zu wehren. Und als geheime Rechtfertigung vor sich selbst baut man sich Mythen über die „Hartzer“ …  Mythen, die den Bildern von NS-Publikationen über Juden gleichen …. womit keiner ein Problem hat, auch, weil es kaum noch einer kennt (Hartz IV: Strafen gegen 15-jährige Schüler).

Verstehen Sie, warum dieser „Lehrer“ ein Makel für meinen Lebenslauf ist – und Verrat an allem, für was ich in meiner Jugend stand? Mit dem Regional- und Verkaufsleiter in der Pharmaindustrie kann ich offen leben … den Makel „Lehrer“ kann ich mir kaum verzeihen. Zwar habe ich vierzig Jahre Erfahrung in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen (und selbst sieben Kinder – im Umfeld des Jüngsten durfte ich erfahren, dass viele in seiner Klasse massive Ängste haben, weil es ab der dritten Klasse Noten gibt), bin aber völlig ungeeignet für Selektionsmaßnahmen.

Und vielleicht verstehen Sie dann auch, weshalb ich massiv gegen den jetzt immer früheren Zugriff des Staates auf die Kinder bin, die nun schon ab dem ersten Lebensjahr von Staatsdiener formatiert werden sollen (siehe Editionf): die Selektion findet nur früher statt, die Erfahrung bedingungsloser Liebe – zentraler Faktor für die gesunde Entwicklung von Kindern vom 1. – 6. Lebensjahr können Staatsdiener nicht besser als Eltern vermitteln – erst recht nicht bei Hordenbetreuung mit knappen Personal.

Und unnütz ist es sowieso: es besteht für die Lehrer später Selektionspflicht – selbst in einer Klasse von Genies sorgen Rektor und Ministerium dafür, dass ein Drittel in der Gosse landen – damit es den Lehrerkindern gut geht.

Video:

PS: jenes dreibändige Werk über Verhaltensstörungen bei Lehrerkindern, welches unser Ausbildungsleiter den Eltern unter uns Junglehrern empfahl, finde ich leider nicht mehr wieder. Schade – das hätte ich gerne, habe aber völlig vergessen, wie es hieß – und das Internet schweigt dazu. Vielleicht auch: tabu. Wäre aber hoch interessant … denn da gab es viel zu finden.

PS 2: 98 Prozent aller Kinder kommen hochbegabt zur Welt. Nach Absolvierung der Schule … sind es noch zwei Prozent, so der Neurobiologe Gerald Hüther in dem Film Alphabet. Warum solche Erkenntnisse nicht zur kompletten Umänderung unseres Schulwesen führen, dürfte nun jeder verstanden haben.

PS 3: das es anders geht, zeigen britische Privatschulen (teuer!), wo Kinder zur Höchtsform auflaufen können, die an deutschen Gymnasien aussortiert wurden: das durfte ich selbst beobachten. Der Unterschied: Lehrer unterrichten nur, konzentrieren sich auf die Ausbildung von Fertigkeiten und Fähigkeiten – aber sie benoten nicht. Das machen andere. Sind die Noten zu schlecht … braucht der Lehrer eine neue Anstellung, weil er zu wenig geleistet hat. Gut für (reiche) Eltern, Schüler und Gesellschaft … schlecht für Lehrer, die bei uns eine respektable Abordnung im Bundestag sitzen haben: sie stellen die zweitgrößte Berufsgruppe (siehe statista) … im Geiste der Selektion. Noch Fragen zu Hartz IV?

Literatur:

Kinder! Kinder!. Wonach sich Kinderseelen sehnen von Robert T. Betz

Gib deinen Kindern Flügel: Liebevolle Weisheiten für Eltern von Khalil Gibran

Befreie und heile das Kind in dir: Geführte Meditation zur Verwandlung deines inneren Kindes von Robert Th Betz

Unsere Kinder: Spiegel, Lehrer und Führer – Vortrag Doppel-CD: Wie wir Kinder besser verstehen und ihnen gute Wegbegleiter sein können von Robert Theodor Betz

Quellen: PublicDomain/nachrichtenspiegel.de am 29.08.2016

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