Donnerstag, April 25, 2024
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Schwarzer Tag für Merkel – Opposition stiehlt Kanzlerin die Schau

Es war der Höhepunkt der aktuellen Haushaltsdebatte im Bundestag: Kanzlerin Angela Merkel und die Chefs der Fraktionen stritten am Mittwoch über den Kurs der Regierung. Während Merkels Rede teils kraftlos wirkte, war der Ton der Oppositionsführer besonders scharf: Weidel, Lindner und Wagenknecht stellten die Kanzlerin deutlich in den Schatten.

Kämpferisch, scharfzüngig und angriffslustig — all das sind Attribute, die man wohl nicht unbedingt Angela Merkel zuschreiben würde. Und so konnte die Opposition im Bundestag bei der Generaldebatte am Mittwoch der Kanzlerin klar die Schau stehlen. Merkel wiederholte zur Verteidigung ihrer Regierungsarbeit altbekannte Floskeln. Im Fokus ihrer Rede vor den Abgeordneten stand vor allem die Außenpolitik:

„Abschottung alleine wird nicht helfen, wenn wir nicht auch Ursachen von Flucht und Vertreibung bekämpfen. Ich hab über die politische Situation in Syrien gesprochen, über den Kampf gegen den IS* im Irak und die große Aufgabe eines Marshallplans für Afrika.“

All das müsse in einer gemeinsamen europäischen Kraftanstrengung gemeistert werden. Zusätzlich hob Merkel die Bemühungen des Bundeskabinetts hervor, weiter auf neue Schulden zu verzichten und den Wehretat anzuheben. Skeptisch gab sich die Kanzlerin dagegen bei EU-Plänen zur Besteuerung von Internetkonzernen und einer Bestrafung der Autoindustrie in der Diesel-Affäre.

Harsche Kritik kam zuerst aus den Reihen der AfD: Die Fraktionsvorsitzende Alice Weidel sprach von Täuschung und einer völlig verfehlten Finanzpolitik:

„Pünktlich zur Vorstellung des Haushalts beginnt das Tarnen und Täuschen. Statt dem Bürger reinen Wein einzuschenken, werden vollmundige Sonntagsreden gehalten. Und dabei führen Sie sich dem Schriftzug am hohen Hause — dem deutschen Volke — ohnehin nicht mehr verpflichtet.“ 

Die Bundesregierung betreibe eine Ausbeutung von Steuerzahlern nach Gutsherren-Art, so Weidel weiter. Während die Infrastruktur in Deutschland zerfalle und der Staat seine Bürger nicht mehr schützen könne, würden Milliarden in die Aufnahme illegaler Einwanderer fließen. Das sei erschreckend, so die AfD-Politikerin:

„Burkas, Kopftuchmädchen, alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichtse werden unseren Wohlstand, das Wirtschaftswachstum und vor allem den Sozialstaat nicht sichern.“

Für diese Äußerung erntete Weidel nach ihrer Rede eine Rüge von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble, der eine pauschale Verurteilung von Kopftuch-Trägerinnen beklagte.

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner warf Merkel derweil in seinem Statement eine ausgeprägte Führungsschwäche vor. Die Kanzlerin müsse von ihrer Richtlinienkompetenz Gebrauch machen und ihr Kabinett zur Ordnung rufen:

„Der Gesundheitsminister und der Arbeitsminister streiten über Hartz IV. Der Wirtschaftsminister bemüht sich um die Nord-Stream-Pipeline, der Außenminister verweigert sich allen zusätzlichen Dialoginitiativen mit Russland. Es ist ungeklärt, ob nach Auffassung dieser Regierung der Islam zu Deutschland gehört, oder nicht. Und wir haben auf offener Bühne eine Auseinandersetzung um den Wehretat erlebt.“

Auch beklagte Lindner, dass die Milliarden an Steuergeldern im aktuellen Finanzplan falsch verteilt seien. Die traditionell wirtschaftsnahe FDP glaubt, in dem Handeln der Regierung — und allen voran der CSU — Populismus und Stimmenkauf zu erkennen:

„Der CSU-Vorsitzende sagt, die Milliarden für Soziales seien die Antwort auf die Bundestagswahl. Das heißt: Mit Geld Zustimmung kaufen. Und diese Methode, die kenne ich: aus dem rheinischen Karneval! Das ist Kamelle-Politik! Damit kann man im Karneval beliebt werden, aber die größte Volkswirtschaft Europas kann man so nicht führen.“

Besonders wichtig sind Lindner Investitionen in das Bildungssystem, denn nur so könne Deutschland zukunftssicher gemacht werden. Doch das Budget des Bildungsministeriums sei eines der wenigen, das im aktuellen Finanzplan keine Steigerung erfahre. Es werde viermal mehr für Rente als für Bildung ausgegeben, so der FDP-Chef, das treibe einen Keil zwischen Großmutter und Enkel.

Der Kritik schließt sich auch die Fraktionsvorsitzende der Partei Die Linke an. Sichtlich aufgewühlt erklärte Sahra Wagenknecht die Politik der Bundesregierung für vollends gescheitert:

„Diese Mannschaft von schwarzen und roten Nullen schaut lieber weiter zu, wie Straßen, Brücken und öffentliche Gebäude verrotten, wie innovative Firmen am langsamen Internet verzweifeln und wie Funktelefonate in Deutschland in manchen Gegenden anstrengender sind als in vielen Entwicklungsländern.“

Wagenknecht fügte hinzu: Es gebe kein anderes Land in der EU, in dem die Zahl der Beschäftigten, die trotz Arbeit arm seien, in den letzten Jahren so stark gewachsen sei, wie in Deutschland. Die Bundesregierung steuere aber keinesfalls dagegen, so die Linke-Politikerin. Und auch in der Pflege sei die Situation unter Gesundheitsminister Jens Spahn weiterhin dramatisch:

„Vielleicht sollten Sie, Herr Spahn, mal darüber nachdenken, warum sich kaum noch junge Menschen für eine Ausbildung als Pfleger entscheiden! Vielleicht hat das damit zu tun, dass es nicht sehr attraktiv ist, Knochenarbeit für Hungerlöhne zu leisten. Und es ist vor allem auch zutiefst ungerecht. Jede einzelne Pflegekraft leistet mehr für das Allgemeinwohl, als alle Investmentbanker zusammen.“ 

Das Fazit der heutigen Debatte im Bundestag: Während sich die Vertreter der Bundesregierung mit dem Finanzplan weitgehen zufrieden gaben, ihre bisherige Arbeit lobten und vor allem auf die außenpolitischen Herausforderungen aufmerksam machten, konnte die Opposition die Debatte für sich entscheiden. AfD, FDP und Linke legten der GroKo den Finger tief in ihre innenpolitische Wunde aus Zerstrittenheit und Stillstand. An diesem Mittwoch musste die Kanzlerin klar erkennen: Der Ton im Bundestag wird rauer und der Gegenwind frischt erkennbar auf.

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