Bundesinnenminister Horst Seehofer hat Kanzlerin Angela Merkel eine Frist für eine europäische Lösung im Asylstreit bis zum 1. Juli gesetzt. Schafft es Merkel in dieser Zeit, eine Lösung mit den europäischen Staatschefs auszuhandeln? Und was könnte das für Deutschland bedeuten?
Im Unionsstreit um die Asylpolitik hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) der Bundeskanzlerin eine Frist für eine europäische Lösung bis zum 1. Juli gesetzt. Angela Merkel (CDU) will bilaterale Abkommen für Zurückweisungen von Migranten an der deutschen Grenze abschließen, die bereits in anderen EU-Ländern als Asylbewerber registriert sind. Mit der Fristsetzung gerät die Kanzlerin unter starken innenpolitischen Druck.
Keine gute Verhandlungsposition?
Als Folge könnte das in „sehr faule Kompromisse“ gegenüber den europäischen Partnern münden, bestätigt der Politologe Niels Diederich im Sputnik-Interview: „Eine europäische Lösung könnte so aussehen, dass man einen Kompromiss findet über die Entlastung der Zuwanderungsländer, Griechenland und Italien. Das wäre entweder finanziell, oder dass andere Länder gewissen Kontingente aufnehmen.“Eine andere europäische Lösung könne so aussehen, dass man sich einig werde, harte Maßnahmen bei der Abschirmung gegen weitere Zuwanderung zu ergreifen. „Das könnte Hilfe für afrikanische Länder in massiver Form bedeuten. Das könnte auch sein, dass man die italienische Linie generalisiert, nämlich niemanden mehr ins Land zu lassen“, vermutet der Politikwissenschaftler.
Asylstreit schwächt die Union
Doch in jedem Fall werde die Kanzlerin nicht gestärkt aus diesem Streit hervorgehen, ist sich Diederich sicher. Das zeigen auch erste Umfragen infolge des „Asylstreits“. Zum Ende vergangener Woche haben CDU und CSU im Vergleich zur Vorwoche im RTL-Trendbarometer vier Prozentpunkte verloren und liegen somit bei 30 Prozent. Das ist der bislang niedrigste Wert seit der Bundestagswahl im September.
„Verzweifelter Versuch Seehofers“
Für einen „verzweifelten Versuch, die absolute Mehrheit im bayrischen Landtag zu retten“, hält Diederich die Drohungen Seehofers nach einem Alleingang in der Asylpolitik. „Dass sie sich nicht kompromissbereit zeigen, zeigt eine große Angst, die Landtagswahlen zu verlieren. Für die CSU gilt im Moment nicht das Wohl der Bundesrepublik, sondern das Wohl der CSU in Bayern. Das macht die ganze Sache natürlich sehr gefährlich, weil es praktisch kein Argument gibt, die CSU umzustimmen. Obwohl ganz klar ist, dass das gegen die Intention der übergroßen Mehrheit der SPD geht“, bemerkt der Politikforscher.
Wer fragt die SPD?
Interview mit Prof. Dr. Niels Diederich