Donnerstag, März 28, 2024
StartPolitikEuropa„SPD-Generalsekretär schreibt eine ganze Branche ab“ - Bundesverband empört

„SPD-Generalsekretär schreibt eine ganze Branche ab“ – Bundesverband empört

In ein paar Jahren werde es keine Übersetzer mehr als Dienstleister geben, sagt SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil mit Blick auf die Digitalisierung. Bei der betreffenden Berufsgruppe sorgt die Aussage für Unmut: Klingbeil schreibe einen ganzen Berufsstand einfach ab, beklagt der Vizepräsident des Bundesverbandes der Dolmetscher und Übersetzer.

Der Generalsekretär der SPD, Lars Klingbeil, hat die Absicht seiner Partei verteidigt, die Sozialleistung Hartz-IV zu reformieren. Im Hinblick auf die Digitalisierung der Gesellschaft und die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz warnte er am Sonntag in der ARD-Talkshow „Anne Will“: „Es werden bald ganze Branchen verschwinden.“ Als Beispiel nannte Klingbeil den Berufszweig der Übersetzer und Dolmetscher. „Die wird es in ein paar Jahren als Dienstleister nicht mehr geben, weil technologische Entwicklung das überflüssig macht. Diesen Menschen muss der Staat eine Garantie geben, dass wir uns um sie kümmern, dass sie nicht innerhalb kürzester Zeit ins Arbeitslosengeld II (ALG II) abrutschen, dass sie nicht Hartz-IV beziehen. Da brauchen wir eine große Reform“, so der Generalsekretär.

Übersetzer werden abgeschrieben?

Bei der betreffenden Branche lösen die Äußerungen Entsetzen aus. Der Vizepräsident des Bundesverbandes der Dolmetscher und Übersetzer (BDÜ) e.V., Ralf Lemster, zeigt sich darüber sehr verwundert. Er kritisiert die Prophezeiung des SPD-Politikers, „insbesondere angesichts der Pauschalität, mit der Herr Klingbeil unseren Berufstand abgeschrieben hat“.Lemster, der zudem selbst als staatlich geprüfter und vereidigter Übersetzer für englische Sprache im Finanzsektor tätig ist, sieht den Diskurs grundlegend anders. Dass sich die Berufsgruppe an technische Veränderungen anpassen müsse, sei klar. „Das ist nicht das erste Mal“, so der Verbandsvertreter. Einen grundlegenden Verlust an Bedeutung in der Dolmetscher- oder Übersetzerbranche sieht er jedoch nicht. „Umfangreiche Texte werden heute schon von Maschinen übersetzt. Aber sie brauchen im Unternehmen auch Menschen, die fachlich kompetent entscheiden können, welche Texte sich dafür eignen und welche nicht — aus sprachlichen, technischen, aus rechtlichen oder sicherheitstechnischen Gesichtspunkten. Da sind Fachleute gefragt. Übersetzer und Dolmetscher, die eine solche Entscheidung fundiert treffen können“, betont Lemster: „Die Äußerung — in ein paar Jahren seid ihr weg – halte ich für nicht hilfreich.“

Aus den Worten des BDÜ-Vizepräsidenten wird klar, der Verband fühlt sich von der Politik im Stich gelassen. Auch Anfragen an das Büro von Lars Klingbeil seien gestellt worden, um zu besprechen, wie man mit den „Umwälzungen“ in der Berufsgruppe umgehen solle. Konkrete Gespräche habe es jedoch nicht gegeben, bemerkt der BDÜ-Vize.

„In Sicherungssysteme reinzwingen“

Er finde es schade, dass in einer Zeit, wo sich die Gesellschaft und die Politik ganz deutlich überlegen müssen, wie man mit den Herausforderungen der Digitalisierung und der Künstlichen Intelligenz umgehe, die Antwort eines Politikers laute: „Naja, wir gucken mal, wie wir euch in den sozialen Sicherungssystemen unterbringen — unter Umständen reinzwingen“, moniert der Unternehmer. Die überwiegende Anzahl der Übersetzer und Dolmetscher, über 80 Prozent der BDÜ-Mitglieder seien selbstständig. „Da würde selbst ALG II nicht ziehen“, erklärt Lemster.

Einen direkten Schaden durch die Äußerungen des SPD-Generalsekretärs sehe Lemster zwar nicht. Doch die Anstrengungen der Berufsverbände, ein professionelles Bild der Berufsgruppe in die Öffentlichkeit zu tragen, würden konterkariert durch solche platten, pauschalen Aussagen: „Naja, in ein paar Jahren seid ihr alle weg“, bemängelt der BDÜ-Vertreter.

Quelle!: #zaronews

Empfohlene Artikel
- Advertisment -
Translate »