Mittwoch, April 24, 2024
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SPD-Vize Stegner zu GroKo: „Das passt ja hinten und vorne nicht“

Die SPD ziert sich angesichts des CDU-Angebots nach dem „Jamaika“-Scheitern, die Große Koalition fortzusetzen. Am Montag traf sich das Parteipräsidium im Willy-Brandt-Haus. Ralf Stegner, stellvertretender SPD-Vorsitzender, will das eigentlich nicht, aber auch keine Neuwahlen. Im Sputnik-Interview erklärt er, wie seine Partei vorgehen will.

„Unsere Absicht ist, weder in eine Große Koalition zu gehen noch Neuwahlen zu machen“, erklärte SPD-Vize Ralf Stegner am Montagmorgen gegenüber Sputnik. „Das passt ja hinten und vorne nicht.“

Kurz bevor er die SPD-Parteizentrale in Berlin betrat, fügte er hinzu: „Was ich von Herrn Seehofer höre, ist Absurdistan.“ CSU-Chef Horst Seehofer hatte erklärt, die SPD dürfe angesichts ihres Wahlergebnisses in den Verhandlungen keine überhöhten Forderungen stellen. Stegner dazu:

„Eine schwarze Ampel so gegen die Wand zu fahren und dann Forderungen zu erheben – das ist ja komplett absurd. Das machen wir nicht. Wir werden jetzt Gespräche führen, wie es der Bundespräsident gefordert hat und dann werden unsere Mitglieder darüber entscheiden, was geschieht.“

Beobachter sind sich einig: Um ihr Gesicht und ihre Glaubwürdigkeit zu wahren, muss die SPD in einer Neuauflage der schwarz-roten Koalition eine neue, sozialgerechtere Politik fahren. Sonst geht es bei der nächsten Wahl weiter in den Keller. Stegner erklärte dazu: „Wenn ich einen Wunsch hätte, würde ich all das machen, was in unserem Parteiprogramm steht. Aber, obwohl wir uns Weihnachten nähern: ‚Wünsch Dir was‘ gibt es nicht. Wir werden vernünftig reden und am Ende entscheiden unsere Mitglieder, was wir tun.“

Das Brandt-Zitat „Erst kommt das Land, dann die Partei“, das Stegner am Montagmorgen gegenüber Medien brachte, könnte als Hinweis darauf verstanden werden, dass er dennoch eine neue Große Koalition als notwendig ansieht. Feststeht: Die CDU will genau das, weil die Alternativen – Neuwahlen oder mit einer Minderheit zu regieren – noch schlechter sind. Die Union beeilt sich aber, die SPD nicht mit zu offenen Armen zu empfangen.

Aber niemand dachte vor zwei Wochen, dass es überhaupt zu diesen Verhandlungen kommen könnte. Noch am Wahlabend hatte SPD-Parteichef Martin Schulz nach dem schlechtesten Wahlergebnis seiner Partei seit der Nachkriegszeit noch kategorisch abgelehnt, die Große Koalition fortzusetzen. Ein paar Wochen bestätigte das Parteipräsidium diese Haltung – und zwar einstimmig.

SPD-Vorsitzender Martin Schulz bei Pressekonferenz in Berlin
© REUTERS/ Hannibal Hanschke

Wie kann die Partei nun geschickt verkaufen, dass diese klare Haltung jetzt noch einmal überdacht werden soll – ohne Wähler und Partei zu vergraulen? „Erst kommt das Land, dann die Partei.“ – Das hatte Willy Brandt vor über 25 Jahren in einem Interview mit dem Magazin „Der Spiegel“ gesagt. Was dieser Satz aus dem Mund des Vize-Parteichefs an dieser Stelle zu diesem Zeitpunkt wirklich bedeutet, erfahren wir wahrscheinlich erst nach Weihnachten. Schließlich sind wir nicht bei „Wünsch Dir was“.

Autor: Matthias Witte  Quelle
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