Donnerstag, März 28, 2024
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Strache: „Die rote Linie ist erreicht“

ÖSTERREICH: Welche Maßnahmen zur unmittelbaren Bekämpfung des Terrorismus würden Sie als Kanzler setzen?

Heinz-Christian Strache: Was sofort nötig wäre: die unverantwortliche und undifferenzierte Zuwanderungspolitik zu stoppen und endlich ­eine konsequente Grenzsicherung umzusetzen, Registrierungen, Fingerprints, aber auch konsequent Menschen, die kein Bleiberecht im Sinne der Genfer Konvention haben, abzuweisen.

ÖSTERREICH: Das passiert doch jetzt. Was tun Sie gegen die unmittelbare Bedrohung?

Strache: Ich habe immer festgehalten, dass wir keine Parallelgesellschaften zulassen oder gar unterstützen dürfen, wie das bei uns in Wiener Kindergärten augenscheinlich geworden ist, wo in der Erziehung von Kindern radikaler Islamismus Platz greift. Wo man sich nicht wundern darf, wenn dort Jugendliche rauskommen, die sich dann für den Islamischen Staat melden. Dazu wird es nötig sein, Polizei und Bundesheer aufzustocken. Bedenken Sie: Im Jahr 2000 hatten wir 5.000 Planstellen mehr. Das gehört wieder aufgefüllt. Wir dürfen Gebetshäuser, in denen radikaler Islamismus gepredigt, wo für den Heiligen Krieg geworben wird, nicht nur beobachten, sondern müssen sie schließen. Wir müssen radikale Islamisten in eigenen Gefängnissen unterbringen, damit sie nicht weiter Mithäftlinge radikalisieren können. Und man muss konsequent hergehen, jene, die sich das heilige Recht auf Asyl erschleichen wollen, auch konsequent wieder außer Landes zu bringen.

ÖSTERREICH: Also konsequent abschieben?

Strache: Ich bin froh, dass hier wieder einmal ein Vorschlag von mir, für den man mich jahrelang kritisiert hat, endlich umgesetzt wurde, nämlich Abschiebungen statt mit Privatjets oder Linien­maschinen mit der Herkules durchzuführen. Das ist billiger, effizienter und sicherer. Da viele nach Ende eines Asylverfahrens in die Illegalität abtauchen und hier zu wenig getan wird, um die Herrschaften wieder aufzugreifen, müssen sie in Sicherheitsgewahrsam genommen werden, wie das die Schweiz tut, also Menschen in Haft zu nehmen, um einen Abschubvorgang auch sicherzustellen.

ÖSTERREICH: Die bringt Österreich ja nicht alle unter …

Strache: Sie wissen doch, dass in der Steiermark ein eigenes Abschiebezentrum geschaffen wurde. Wofür hat man dort Millionen investiert? Jetzt ist der Skandal offenkundig geworden, dass es gar nicht in Verwendung ist. Keinerlei Betrieb! Wieder so ein Punkt, wo sich viele zu Recht ärgern.

ÖSTERREICH: Wie sollte sich Österreich, wie die EU gegenüber der Türkei verhalten?

Strache: Was wir brauchen, ist ein sofortiger Stopp der Beitrittsverhandlungen und der Milliardenzahlungen sowie endlich Sanktionen. Wenn die verlogene Politik der EU nur die von Erdogan angekündigte Einführung der Todesstrafe als „rote Linie“ sieht, ist das doch blanker Zynismus. Die rote Linie ist längst überschritten. Wir erleben 60.000 Menschen, die festgenommen oder suspendiert wurden, eine unglaubliche Einschränkung der Pressefreiheit, einen Straßenmob, der Lynchjustiz betreibt, und einen Krieg gegen die Kurden im eigenen Land. Da gibt es so viele Dinge, die nicht im demokratiepolitischen Einklang mit Europa stehen, dass es Sanktionen geben muss. Aber dazu ist die EU zu scheinheilig. Völlig unsinnige Sanktionen gegen Russland zu verhängen, aber bei der Türkei wegzuschauen. Man muss den Druck erhöhen, um die demokratischen Spielregeln dort wieder sicherzustellen. Denn dieser Putsch macht ja den Eindruck eines gesteuerten Fake-Putsches, um endgültig die ganze Opposition auszuschalten. Das erinnert ja fast an Reichstagsbrand.

ÖSTERREICH: Was darf sich Österreich unter einem blauen Präsidenten und einem blauen Kanzler erwarten?

Strache: Die Frage stellt sich nicht. Fakt ist doch, dass wir in einer roten Republik leben und das politische System von Rot, Grün und Schwarz beherrscht wird. Ein Bundespräsident Hofer wäre einmal die Garantie, dass dieses System aufgebrochen würde.

ÖSTERREICH: … und dann müssten Sie nur noch die nächste Wahl gewinnen …

Strache: Wenn der Präsident Hofer heißt, wird die stärkste Kraft den Auftrag bekommen. Das heißt aber noch nicht, dass wir einen Partner finden. Denn dann werden die anderen Parteien mit ihren, sagen wir, 68 Prozent hergehen, und einen Bundeskanzler Strache mit aller Kraft verhindern.

ÖSTERREICH: Wäre dann für Sie die Haider-Variante vorstellbar: Sie verzichten auf den Kanzler und bieten ihn einem – spekulieren wir: Hans Peter Doskozil – an?

Strache: Das wäre absurd. Diesen historischen Fehler von Jörg Haider würde ich nie wiederholen. Ich könnte mir gut vorstellen, exzellente überparteiliche Personen in die Regierung zu holen, aber wenn ich die Wahl gewinne, würde ich auf den Kanzler nie verzichten.

ÖSTERREICH: Aber Doskozil wäre ein vorstellbarer Partner?

Strache: Ich finde, dass er Mut und Charakter hat und gute Arbeit leistet. Hier ist einer am Werk, der nicht diesen dümmlichen Reflex hat, alle Vorschläge abzulehnen, nur weil sie von der FPÖ kommen.

ÖSTERREICH: Könnten Sie mit ihm besser als mit Kurz?

Strache: Es gibt in beiden ­Parteien Persönlichkeiten, bei denen ich erkenne, dass sie sich weiterentwickeln. Es freut mich, dass Außenminister Kurz, der noch vor einem Jahr von der Willkommenskultur geschwärmt hat, jetzt meine Positionen mitträgt. Das zeigt, welche politische Kraft ich in diesem Land schon habe.

ÖSTERREICH: Orten Sie so ein Entwicklungspotenzial auch bei Bundeskanzler Kern? Sie hatten ja ein ausführliches Gespräch …

Strache: Bis jetzt konnte ich noch keine Kursänderung feststellen. In manchen Bereichen positioniert er sich ja noch weiter links als Faymann. Er ist für mich ein Symptom dafür, dass die Sozialdemokratie ein Problem mit sich selbst hat, das sich mit einem Umdekorieren des Schaufensters nicht bewältigen lässt.

ÖSTERREICH: Abschließende Frage: Sind Sie eifersüchtig auf Hofer? Viele sagen schon, er wäre der bessere Strache …

Strache: Ich freu mich, der erfolgreichste Parteichef in der Geschichte der FPÖ zu sein und mit Norbert Hofer den besten Freund und Weggefährten als Stellvertreter zu haben. Wir ergänzen einander perfekt. Wer da eifersüchtig sein müsste, sind die anderen Parteien, denen solche Persönlichkeiten fehlen. Es zeigt, wie breit die FPÖ aufgestellt ist.

Interview: W. Schima

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