Donnerstag, April 25, 2024
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Studie zu Missbrauch in Kremsmünster: Übergriffe mit System

"Kreise des Schweigens" soll es im Stift Kremsmünster gegeben haben: Schüler erzählten laut Studienbericht nichts, weil sie ihre Eltern nicht belasten wollten, aus Scham, Angst oder Verwirrung.

Stift habe "über Jahrzehnte hinweg fahrlässig die ihm anvertrauten Schüler nicht ausreichend vor pädosexuellen und gewaltaffinen Tätern geschützt"

Kremsmünster/München – Zwei Jahre blickte das Münchner Institut für Praxisforschung und Projektberatung (IPP) hinter die Klostermauern des altehrwürdigen Benediktinerstiftes Kremsmünster. Mit einem Ziel: Licht auf die dunkleFehler, Gruppe existiert nicht! Überprüfen Sie Ihre Syntax! (ID: 2) Klosterseite – geprägt von Macht, Gewalt und Missbrauch – zu werfen.

350 Fälle, 24 Beschuldigte

Den Forschern, die bereits eine ähnliche Studie zu den Missbrauchsfällen im oberbayrischen Kloster Ettal durchgeführt haben, dienten 64 Interviews mit ehemaligen Schülern, Angehörigen, Patres, Stiftsangestellten, Gerichtsgutachtern und Ombudsleuten der

Diözese Linz als Basis für die sozialwissenschaftliche Expertise. Dabei wurden 350 Fälle sexueller, körperlicher oder psychischer Gewalt ausgemacht, 24 Personen wurden beschuldigt. Einzig ein wegen sexueller und gewalttätiger Übergriffe rechtskräftig zu zwölf Jahren Haft verurteilte Ex-Pater, der jüngst seine Haft in der Strafanstalt Stein antreten musste, verweigerte das Gespräch.

"Über Jahrzehnte fahrlässig"

Doch auch ohne die Ausführungen des als "Pumpgun-Pater" in die Kriminalgeschichte eingegangen Ex-Bruders fiel das am Freitag im Stift präsentierte Ergebnis – untersucht wurde ab den 1950er-Jahren bis zum Auffliegen des Missbrauchsskandals im Jahr 2010 – der Studie erschreckend aus. Demnach habe Kremsmünster "über Jahrzehnte hinweg fahrlässig die ihm anvertrauten Schüler nicht ausreichend vor pädosexuellen und gewaltaffinen Tätern geschützt". Vorhandene Andeutungen und offene Geheimnisse seien nicht richtig gedeutet worden und "selbst nach expliziten Aufdeckungen vor allem bei sexuellen Missbrauchshandlungen durch Patres wurden keine entsprechenden Konsequenzen gezogen, die Schüler nachhaltig vor pädosexuellen Tätern geschützt hätten".

Die Studienautoren Heiner Keupp, Florian Straus und Peter Mosser beschreiben das Stiftsinternat als einen Ort mit einem eigenständigen Rechtssystem und mit einem "institutionellen Narzissmus". Straus: "Also der Wunsch, dass die eigene Einrichtung immer gut dasteht – und das stete Bestreben, Probleme diskret versanden zu lassen."

Systemprobleme

Faktoren, die das Geschehene möglich gemacht haben, sind für die Sozialforscher einerseits der kirchlich-institutionelle Rahmen und samt strenger Hierarchie. Aber auch mangelnde pädagogische Qualifikation, fehlende interne Kommunikation, Tabuisierung des Themas Sexualität sowie ein Elitedenken.

Vom Tisch ist nun auch eine Einzeltätertheorie. Keupp: "Es lassen sich zwar keine dokumentierten Absprachen oder Hinweise auf gemeinsame Gewaltaktionen finden, jedoch gibt es eine Gruppe von sieben Patres, die alle zur Gruppe der beschuldigten Täter gehören und zwischen 1970 und 1990 parallel ihren Dienst ausgeübt haben. In dieser Zeit gab es gehäuft Gewalttaten. Vonseiten der Stiftsleitung zeigte man sich am Freitag tief betroffen. Für Prior Maximilian Bergmayr ist die Studie eine "ungeschminkte und transparente Darstellung", die dem Kloster einen Spiegel vorhalte: "Ja, es hat uns doch ziemlich geschleudert." Abt Ambros Ebhart betont, man werde sich weiter der Auseinandersetzung stellen – und externe Hilfe für die Prävention in Anspruch nehmen.

(Markus Rohrhofer, DER STANDARD, 27.03.2015)

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