Freitag, April 19, 2024
StartPolitikAggressionSyriens Armee mit Kurden gegen Türken? „Zwangsehe nicht im Sinne der USA“

Syriens Armee mit Kurden gegen Türken? „Zwangsehe nicht im Sinne der USA“

Die Konfrontation in Afrin schürt Sorgen vor einer Eskalation zwischen der Türkei und Syrien. Die türkische Armee hat am Dienstag Warnfeuer auf syrische Regierungskräfte eröffnet, als diese versuchten, in Afrin einzumarschieren. Eine Kooperation der PYD mit syrischen Truppen „würde den USA nicht schmecken“, bestätigt eine Türkei-Expertin.

Die Angaben über das Vorgehen syrischer Truppen im Norden des Landes nach Warnschüssen seitens der Türkei sind widersprüchlich: Laut türkischen Verlautbarungen wichen die Syrer zurück. Kurdensprecher Rejsan Hedu teilte Sputnik jedoch mit, ein syrischer Militärkonvoi habe trotz türkischen Artilleriefeuers Afrin erreicht.

Fahrzeuge mit Dutzenden Kämpfern waren im syrischen regierungstreuen Sender Al-Mayadeen zu sehen. Nach syrischen Angaben würde es sich dabei um „Volkskräfte“ handeln. Damit soll eine Vereinbarung zwischen den Kurden und der syrischen Regierung umgesetzt werden.

Doch die Türkei-Expertin Dr. Gülistan Gürbey bezweifelt, dass eine Einigung der PYD und der syrischen Regierung auf eine kurdische Autonomie in Syrien erreicht ist. „Den Presseberichten ist zu entnehmen, dass es den Kurden in erster Linie darum ging, militärische Unterstützung zu bekommen. Und zu dieser militärischen Unterstützung, die sie sich gewünscht haben, ist es in diesem Maße seitens des Assad-Regimes nicht gekommen. Es scheint der Fall zu sein, dass beide Seiten sich in dem jetzigen Zustand der Gewalteskalation nicht auf die politischen Fragen einigen können. Fakt ist, dass die Kooperation zwischen dem Regime und den Kurden im Gebiet Afrin möglicherweise nur auf das Militärische begrenzt bleiben wird, sofern Russland kein grünes Licht gibt.“

Eine Kooperation, die den USA nicht schmeckt?
Der gemeinsame Kampf der Kurden mit der syrischen Regierung werde den US-amerikanischen Verbündeten nicht schmecken, bestätigte Gürbey:

„Das ist ein zwiespältiges Verhältnis, was die Situation der Kurden in ihrem Verhältnis zum syrischen Regime angeht. Letztendlich muss man sagen, dass diese Kooperation nicht eine langanhaltende Kooperation zwischen dem Regime und den syrischen Kurden ist, sondern quasi ein stilles Abkommen, sich gegenseitig nicht anzugreifen. Was aber für die Kurden nicht bedeutet, dass das Assad-Regime ein Autonomie-Gebiet der Kurden in Syrien dulden wird.“

Den Vereinigten Staaten komme diese Kooperation nicht gelegen, weil die USA die PYD am westlichen Euphrat ganz massiv unterstütze, betont Gürbey.

Droht der Türkei politische Isolation?
Die Türkei laufe Gefahr, sich einerseits international zu isolieren. Andererseits versuche sie, an allen Fronten positive Ergebnisse zu erzielen, bemerkt die Expertin: „Dazu gehört auch, die Beziehungen zu Deutschland zu verbessern, weil es auch um militärstrategische Interessen und vor allem wirtschaftliche Interessen geht.“ Doch ein solches Agieren lenke vom Einmarsch in Syrien und dessen Folgen ab, warnt Gürbey und rät der Bundesregierung, deutlich zu machen, dass die türkische Militäroffensive eine völkerrechtswidrige Aktion sei. „Hier sollte es darum gehen, die Gewaltsituation in Syrien zu stoppen“, Stillschweigen sei fehl am Platz, so Gürbey.

Dass die Türkei nach der Militäroperation abziehen will, hält die Türkei-Kennerin für „sehr fraglich“. „Wo die Türkei militärisch einmarschiert, bleibt sie auch in der Regel mit militärischen Basen, mit Spezialeinheiten.“ Das habe der Einmarsch in Zypern gezeigt.

„Türkei will die Integrität Syriens wahren“
Die „Operation Olivenzweig“ habe den Zweck, die Integrität Syriens zu schützen, erklärt dagegen Fatih Zingal, Rechtsanwalt und stellvertretender Vorsitzender der Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD):

„Wenn die PYD und YPG mit ihren Einsatzkräften dort gestärkt wird und de facto für sich ein eigenkontrolliertes Gebiet schafft, wird es unweigerlich dazu führen, dass die Integrität Syriens geteilt wird. Und ein geteiltes Syrien, das in der Hand von Terrororganisationen ist, kann nicht im Interesse der Türkei sein. Und kann im Übrigen nicht im Interesse der internationalen Staatengemeinschaft sein.“

Der außenpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, Bijan Djir-Sarai, erklärte dazu in einem Pressestatement: „Erdogan befeuert mit seiner Offensive auf Afrin den Konflikt in Syrien und das Leiden der Menschen immer mehr. Er verkauft sein Vorgehen als Kampf gegen den Terrorismus. Dabei handelt es sich um einen aggressiven Militäreinsatz. Sein Ziel ist es, den Einfluss der Kurden mit allen Mitteln zu brechen. Dieses Vorgehen ist völkerrechtswidrig und verschlimmert die humanitäre Katastrophe in Syrien. Zudem belastet die Offensive der Türkei das Verhältnis der Nato-Partner untereinander. Die Bundesregierung muss klar Stellung beziehen und die Türkei sofort zur Deeskalation bewegen.“

Als „Aggression“ bezeichnete der syrische Botschafter in Russland, Riad Haddad, den Militäreinsatz der Türkei in der Region Afrin. Am Mittwoch erklärte er gegenüber der Agentur Interfax: „Das ist ein Angriff auf die Souveränität Syriens.“

Nach dem Beschuss von Afrin am Dienstag hat ein Sprecher des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan erstmals direkte Kontakte zur syrischen Regierung als möglich bezeichnet. Das Verhältnis zwischen Ankara und Damaskus ist sehr angespannt, direkte Kontakte gibt es bisher nicht.

Interview mit Dr. Gülistan Gürbey   Quelle!

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