Dienstag, April 23, 2024
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Tatütata, der Post-Skandal ist da: Wussten Merkel und Altmaier bescheid?

Während die Merkel-Medien denken, den Post-Skandal wieder ad acta legen zu können, haken AfD und Linke nach. Die wichtigste Frage: Was wussten Angela Merkel und ihr Wahlkampfchef Peter Altmaier?

 von Collin McMahon

Die Deutsche Post hat laut „Bild am Sonntag“ für etwa 20 Millionen Häuser mit rund 34 Millionen Haushalten in Deutschland „mehr als eine Milliarde Einzelinformationen“ gesammelt, darunter Angaben zu Kaufkraft, Bankverhalten, Geschlecht, Alter, Bildung, Wohnsituation, Familienstruktur, Wohnumfeld und Pkw-Besitz. Die Post kaufe nach eigenen Angaben zudem statistische Daten von Behörden, unter anderem vom Kraftfahrt-Bundesamt und vom Katasteramt, heißt es in dem Bericht weiter. Für Wähleranalysen kombiniere die Post ihre Daten mit Wahlergebnissen nach Stimmbezirken und arbeite dafür mit dem Meinungsforschungsinstitut dimap zusammen.

Die Auswertung dieser personenbezogenen, teils staatlichen Daten stellte die Staatstochter im Wahlkampf laut BamS der CDU und FDP zur Verfügung. Die Daten seien zwar „anonymisiert“ an die Parteien übermittelt worden, erlaubten der CDU jedoch laut BamS gezielte Hausbesuche bei potenziellen CDU-Wählern.

Justizministerin Katarina Barley hat im – eigentlich viel weniger skandalösen – Facebook-Skandal gesagt, „Solche Wahlkampfmethoden können die Meinungsbildung verzerren und eine Gefahr für die Demokratie werden, wenn keine klaren Regeln gelten.“ Nur wer wisse, was mit seinen persönlichen Daten geschehe, könne über ihre Verarbeitung souverän entscheiden. „Verstöße dagegen müssen empfindliche Sanktionen nach sich ziehen. Freiheit und Selbstbestimmung in einer offenen Gesellschaft sind ohne Privatheit nicht denkbar“, so Barley.

CDU-Digitalpolitiker Thomas Jarzombek hielt „Konsequenzen nach dem Missbrauch von Millionen von Facebook-Nutzerdaten durch die britische Datenanalyse-Firma Cambridge Analytica für unumgänglich“, so das Handelsblatt.

Angela Merkel hatte im Januar 2017 – im Vorfeld ihrer dubiosen Wahlkampfmethoden – gefordert, bei Direktmarketing lockerer mit dem Datenschutz umzugehen: „Merkel hatte davor gewarnt, Deutschland könne wegen eines überzogenen Datenschutzes digitales Entwicklungsland werden. In Deutschland müsse man sich daher von dem Prinzip der Datensparsamkeit verabschieden und sich der Verarbeitung großer Datenmengen für neue Produkte öffnen,“ so das Handelsblatt am 11.1.2017.

Nun ermittelt die NRW-Datenschutzbeauftragte Helga Block, ob die Deutsche Post Direkt GmbH gegen Datenschutzgesetze verstoßen hat: „Der Handel mit anonymisierten Daten und Adressen ist nicht illegal. Der Handel mit personalisierten Daten könne aber mit bis zu 300 000 Euro Bußgeld geahndet werden, erklärte (Sprecher Nils) Schröder. Sollte eine Absicht nachweisbar sein, sich damit zu bereichern oder andere zu schädigen, ginge der Fall an die Staatsanwaltschaft. Die Datenschutzbehörde empfiehlt allen Verbrauchern, sich bei Post Direkt in Troisdorf zu erkundigen, was über sie gespeichert wurde“, so die Westfälischen Nachrichten.

Gesine Lötzsch (Die Linke) sagte am 1.4. in der Tagesschau (ab 07:20), „Ich finde die Post hat hier klar gegen ihre Aufgaben verstoßen. Die Justizministerin Frau Barley hat sich ja bereits mit Facebook getroffen, und ich glaube das wäre die nächste Aufgabe, die Deutsche Post zu Rede zu stellen.“

AfD-Bundestagsabgeordnete Joana Cotar, stellvertretende Vorsitzende des Arbeitskreises „Digitale Agenda“: „Ausgerechnet CDU und FDP kaufen Kundendaten der Post, um damit gezielt Wahlkampfwerbung machen zu können. Die gleichen Parteien, die sich kurz vorher noch über den Facebook-Datenskandal aufgeregt haben, wenden in Deutschland ähnliche Praktiken an. Noch vor wenigen Tagen sprach die CDU davon, die sozialen Netzwerke stärker in die Pflicht zu nehmen und eventuelle Gesetzesänderungen zu prüfen. Die FDP ging sogar noch einen Schritt weiter und forderte, ausgerechnet im Chor mit Grünen, die Zerschlagung Facebooks. Das ist eine Heuchelei, die ihresgleichen sucht.“

MdB Petr Bystron hat heute eine Kleine Anfrage an die Deutsche Bundesregierung gestellt, mit folgenden Fragen:

1.) Wer hat diese Datenerhebungen bei der Deutschen Post Direkt GmbH in Auftrag gegeben?

2.) Wussten der damalige Kanzleramtsminister Peter Altmaier und Bundeskanzlerin Angela Merkel davon? Wenn nicht, wer hat dann in ihrem Wahlkampf die Entscheidungen getroffen?

3.) Wieviel wurde dafür bezahlt? Wurden Rabatte gewährt?

4.) Welche Wahlkampfmaßnahmen wurden aufgrund der Bürgerdaten ermöglicht? (Massenpostsendungen, E-Mail-Wahlwerbung, Facebook-Werbung, etc?)

5.) In wie fern kann man von einer Anonymisierung der verwendeten Daten sprechen, wenn Hausbesuche das Endprodukt waren?

6.) Wurden bei diesen Hausbesuchen ebenfalls Bürgerdaten ermittelt und ausgewertet? Welche und wie?

7.) Wurden diese Bürgerdaten auch mit Daten aus anderen Quellen (z.B. Facebook, Telekom, Behörden) kombiniert?

8.) Welche Bürgerdaten werden von staatlichen Quellen Marketingfirmen zur Verfügung gestellt, v.a. der Deutschen Post Direkt GmbH?

9.) Werden Bürgerdaten auch von der Deutschen Telekom AG, an der die Bundesregierung und KfW 32% halten, gesammelt und für Parteizwecke verwendet? Wenn ja, welche Daten und zu welcher Verwendung?

10.) Die Deutsche Post AG bleibt im Privatkundensektor von der Umsatzsteuer befreit, wodurch sie im Briefverkehr einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz genießt. Die Briefkunden werden dadurch mangels Alternative gezwungen, ihren Briefverkehr über die Deutsche Post AG abzuwicklen, die dabei Daten über sie sammelt. In wie weit ist diese steuerliche Bevorteilung eines quasi-staatlichen Konzerns mit den Marketingaktivitäten der Deutschen Post, v.a. im Wahlkampf der CDU und FDP, kompatibel?

11.) Wird die Deutsche Post AG den Bürgern mitteilen, welche ihrer Daten gesammelt wurden? Wie wird die Deutsche Post AG als quasi-staatlicher Konzern in Zukunft den Widerspruch erleichtern und solche Vorfälle verhindern?

12.) Justizministerin Katarina Barley hat in einem ähnlichen Fall „empfindliche Sanktionen“ angekündigt. Wird die Justizministerin die Datensammlung und -weitergabe durch die Deutsche Post AG an politische Parteien untersuchen? Welche „empfindlichen Sanktionen“ wird sie gegen die Deutsche Post AG, die FDP und die CDU anwenden, um den Missbrauch von Bürgerdaten durch die Regierung in Zukunft zu verhindern?

Für einen Untersuchungsausschuss zum Thema Wahlmanipulation durch die CDU mit Hilfe der Deutschen Post wären ein Viertel der Stimmen des Bundestages erforderlich. Linke und AfD haben zusammen 23,3%. Es bräuchte also noch Stimmen der Grünen oder der FDP, die sich ja immer als Datenschutzpartei darstellt. In diesem Fall müsste die FDP allerdings gegen sich selber ermitteln.

Quelle!

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