Mittwoch, April 24, 2024
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US-Luftangriffe gegen Assad – ISIS nur ein vorgehaltener Grund?

US-Airforce (Archiv) // U.S. Air Force photo / Lt. Col. Robert Couse-Baker)

Erst vor ein paar Wochen wurde bekannt, dass die USA die Entstehung des sogenannten „Islamischen Staats“ sehr lange duldeten und geringfügig förderten, weil sie in der islamistischen Miliz einen – zwar falschen – aber wirksamen Verbündeten gegen das Assad-Regime in Syrien sahen. 2014 dann der Umbruch: Die USA bekämpfen den Islamischen Staat vor allem im Irak nun direkt militärisch. Doch eine Meldung der vergangenen Tage zeigt: Fehler, Gruppe existiert nicht! Überprüfen Sie Ihre Syntax! (ID: 3)Das könnte auch nur ein mehr oder weniger vorgehaltener Grund sein, um weiterhin gegen Assad vorzugehen, und gleichzeitig das eigene Gesicht zu wahren.

USA nahmen Entstehung des IS bewusst in Kauf

Im Sommer 2014 herrschte auf der Welt – auch hierzulande – große Aufregung. Eine neue islamistische Organisation namens

„Islamischer Staat im Irak und Syrien“ soll weite Teile Syriens und des Nordiraks erobert, ja nahezu überrollt haben. 10.000 Mann schätzte man damals seien unter der Flagge des „Islamischen Staates“ unterwegs, der nach Gebietsgewinnen, um den gesamt arabischen Anspruch seiner selbst zu verdeutlichen, kurzerhand den Zusatz „im Irak und Syrien“ wegließ. Die ganze Welt wunderte sich: wie kann eine so schlagkräftige und große Terrororganisation völlig aus dem Nichts auftauchen und ein halbes Land einnehmen?

Die ganze Welt? Nein, im Westen wusste man offenbar bereits seit 2012 von Hinweisen, die darauf hindeuten, dass im Nahen Osten eben jene Organisation entsteht. Das geht aus einem öffentlich gewordenen Bericht des US-Militärgeheimdienstes Defense Intelligence Agency (DIA) hervor. Die konservative Anwaltskanzlei und Watchdog-Organisation „Judicial Watch“ stellte das Papier auf ihrer Website der Öffentlichkeit zur Verfügung. Der Bericht offenbart eine Mischung aus Machtkalkül, Zynismus und Inkompetenz, die die USA bei der Entstehung des IS an den Tag legten.

 

Demnach hätten sich syrische Oppositions-Gruppen bemüht, einen solchen Staat als wirksamste Waffen gegen den syrischen Präsidenten Baschar al Assad aufzubauen. Doch die US-Geheimdienste hätten den Plan nicht verhindert, im Gegenteil: Sie sahen in dem Vorhaben eine Chance, ihre eigenen Interessen im Nahen Osten durchzusetzen. Das oberste Ziel war im Jahr 2012 der Sturz von Assad. Dieses Ziel hat der Westen selbst heute nicht aus dem Auge verloren. So ist Assad international vollkommen isoliert obwohl er Machthaber des Landes ist, das im Norden die Nachschublinien und Rückzugsorte des IS beheimatet.

Der investigative Journalist Nafeez Ahmed, der früher für den Guardian gearbeitet hat und heute für das US-Magazin Vice schreibt, veröffentlicht auf der Website Medium eine ernüchternde Analyse der Entwicklung. Er erklärt, dass die westlichen Staaten in „Koordination mit den Golf-Staaten und der Türkei, bewusst gewalttätige islamistische Gruppen finanziert hat, um Assad zu destabilisieren – obwohl sie antizipierten, dass dies zum Entstehen eines ,Islamischen Staates‘ im Irak und Syrien führen könnte“.

Doch anstatt die Unterstützung für die Gruppen, deren Nähe zu Al Kaida den Geheimdiensten selbstverständlich bekannt war, zu stoppen oder – noch besser – gegen sie entscheiden vorzugehen, entschloss man sich in Washington und anderen westlichen Hauptstädten, die Entwicklung positiv zu sehen. Ahmed schreibt:

„Aus dem kürzlich deklassifizierten US-Dokument geht hervor, dass das Pentagon den Aufstieg des ,Islamischen Staats‘ als direkte Folge dieser Strategie vorhergesehen hat. Doch das Pentagon beschreib diese Möglichkeit alsstrategische Chance, um ,das syrische Regime zu destabilisieren‘.“Die Enthüllungen zeigen: Es ist ein hohes Anliegen der US-Administration den syrischen Machthaber Bashar al-Assad zu stürzen.

Prioritäten ändern sich nicht

Nachdem die USA also begonnen haben den IS zu bombardieren, legten sich die Zweifel an der Entschlossenheit der US-Regierung, gegen die Terrormilizen vorzugehen. Man gewann den Eindruck, Assad sei in der Prioritätenliste nach unten gerutscht und einzig und allein die Türkei unterstützt noch unter der Hand die Dschihadisten, um das Endziel vom Sturz Assads zu erreichen.

Vor ein paar Tagen dann auch hier der Richtungswechsel: Die Türkei startete Luftangriffe gegen IS-Stellungen und PKK-Nachschublinien. Schnell wurde jedoch klar, dass auch hier eher die als feindlich deklarierten Kurden das Ziel sind, als die Milizen des IS. Also doch ein außenpolitischer Gewinn für die USA?

Eine Meldung dieser Tage zeigt: Auch die USA sind von ihrem Wunsch nach dem Sturz Assads nicht abgerückt. Ja, insgeheim kann man nun sogar seine Strategie direkt fortsetzen. Denn unter der Flagge der Anti-IS-Koalition, sowie der moralischen Rechtfertigung man müsse Kurden-Milizen und syrische Rebellen gegen den IS helfen, lässt sich auch Prima eine kleine aber wirkungsvolle Intervention gegen Syrien und dessen Machthaber Assad starten.

Denn die USA schließen nun auch Luftangriffe in Syrien nicht mehr aus, die sich direkt gegen Assad-Truppen richten. „Die US-Luftwaffe werde die Einsätze der Aufständischen aus dem Pentagon-Rekrutierungsprogramm gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) unterstützen, meldeten das „Wall Street Journal“ und die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf US-Kreise. Allerdings werde man diese Einheiten nun auch gegen jeden Angreifer verteidigen – also auch gegen die Truppen des syrischen Regimes.“ meldet SPIEGEL ONLINE.

Sollte dies in Praxis umgesetzt werden, so stellt sich die Frage, inwiefern der Kampf gegen den IS der Hauptgrund der örtlichen Intervention ist. Haben die Türkei und die USA wirklich unterschiedliche Auffassungen in der Kurden- bzw. Assad-Frage, oder agieren beide hintenrum auf selbem Terrain?

Verteiler: Neopresse

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