Freitag, April 19, 2024
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US-Sanktionen gegen Iran: „Trump wird die Iraner nicht in die Knie zwingen“

Die Iraner haben Erfahrungen mit Sanktionen und sind deshalb gut auf die aktuell drohende Sanktionsrunde vorbereitet. Das sagt der Ökonom und Politikwissenschaftler Behrooz Abdolvand. Ihm zufolge nach wird die Strategie von US-Präsident Donald Trump im Iran scheitern.

„Trump erwartet, dass die Sanktionen so massiv gegen die iranische Wirtschaft wirken, dass die iranische Regierung in die Knie gezwungen wird und die Verhandlungsbedingungen der US-Regierung akzeptiert“, so der aus dem Iran stammende Experte für globale Energiepolitik im Sputnik-Interview. „Das wird mit Sicherheit nicht eintreffen. Die internationalen Regierungen sind nicht wie damals auf der Seite der USA. Die Wirtschaftssanktionen werden sicher wirken, aber nicht die Wirkung haben, die Präsident Trump erwartet.“

EU hält sich an Atom-Abkommen

Trump droht allen Firmen mit Sanktionen, die weiter Handel mit dem Iran treiben. Für die Verhängung von Sanktionen nutzt er die zentrale Rolle der USA im internationalen Finanzsystem aus. Das sei zwar problematisch für große Konzerne, die sehr viel Profit in den USA machen, und für Großbanken, so Abdolvand, der auch Unternehmen berät. Es gebe aber eine Menge kleine und mittelgroße Firmen, die überhaupt keine Investitionen in den USA getätigt hätten. Diese könnten weiter unter dem Schutz der Europäischen Union (EU) mit dem Iran Geschäfte treiben. Die Europäische Union unterstützt das. 80 Prozent des iranischen Handels werden sowieso mit China getrieben. Sanktionen gegenüber Großkonzernen würden so neutralisiert. Insbesondere im Luftfahrtsektor habe der Iran allerdings weiterhin Probleme. Abdolvand betont:

„Wir leben in einer wirtschaftlichen Freihandelsstruktur, und die EU unterstützt ihre Firmen mit Sicherheit verbal. Aber sehr viele Firmen haben auch in den USA investiert. Diese Investitionen werden sie nicht gefährden. Diese Unterstützung ist einerseits eine Art Entlastung für den Iran und deutet andererseits darauf hin, dass die EU ihre eigene Unterschrift respektiert.“

Die deutsche Regierung sieht die extraterritorialen Sanktionen der USA gegen den internationalen Handel mit dem Iran als völkerrechtswidrig an. Berlin ermutigt deutsche Unternehmen, sich diesen Sanktionen nicht zu beugen, und sagt Hilfe zu. Real hätten sie aber laut Abdolvand bisher nichts Bedeutendes in dieser Richtung getan. Deswegen hätten sich die meisten deutschen Firmen aus dem Markt zurückgezogen.

Iran wird weiter Öl exportieren

Im November will Trump in einer zweiten Sanktionsrunde den Rohstoffhandel des Iran sanktionieren. Die islamische Republik ist einer der größten Öl- und Gasproduzenten der Welt. Auch diese Sanktionen sieht der Energieexperte Abdolvand gelassen:

„Die Märkte, die Öl aus dem Iran exportieren, werden sich keinen Sanktionen beugen. Allen voran China, Indien und die Türkei werden weiter Öl importieren. Auch die EU hat sich diesbezüglich verpflichtet gefühlt. Ich erwarte keine große Veränderung auf dem Ölmarkt.“

„Arrogante, irreale Forderungen“

Solange sich die fünf weiteren Mitglieder der 5+1-Gruppe (USA, China, Russland, Großbritannien und Frankreich plus Deutschland) dem Atomabkommen verpflichtet fühlen würden und sich ihrer eigenen Verantwortung bewusst seien, würden auch die Iraner Verantwortungsbewusstsein zeigen und den Vertrag weiter anerkennen.  In Richtung der USA sagt Abdolvand:

„Präsident Trumps arrogante Forderungen an den Iran sind total irreal. Weder diese noch irgendeine zukünftige iranische Regierung wird solche Bedingungen akzeptieren. Wir leben in einer multipolaren Welt, und da haben die USA nicht die Möglichkeit, alles zu diktieren, was sie sich wünschen. Durch die Fehler des Westens – allen voran die USA selbst – haben die Iraner auch regionalen Einfluss gewonnen. Sehr viele Forderungen von den USA sind fehl am Platz.“

Kein weiterer US-Feldzug in der Region

Auch die Gefahr einer militärischen Auseinandersetzung sieht Abdolvand nicht. Die USA seien nicht in der Lage, sich in der Region militärisch zu bewegen, da sie nicht nur mit den Iranern Probleme hätten. Sollten sie sich für eine militärische Auseinandersetzung entscheiden, wären sie mit allen Schiiten konfrontiert, die im Iran eine Art Heimat sehen würden. Die USA hätten gerade im Irak und in Afghanistan sehr viel investiert. Diese ganzen Investitionen wären gefährdet, wenn sie sich eine militärische Auseinandersetzung erlauben würden. Abdolvand ist sich sicher: „Ich sehe die militärische Gefahr bei fast null.“

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