Freitag, April 19, 2024
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Wem die GroKo nutzt und was Martin Schulz falsch gemacht hat

Die neue Große Koalition (GroKo) wird die AfD weiter stärken. Das sagt der Politologe Werner Patzelt im Interview. Er sieht nur ein „Weiter so“ und gibt der neuen GroKo höchstens zwei Jahre Bestandszeit. SPD-Chef Martin Schulz hat laut Patzelt einen Fehler nach dem anderen gemacht.

„Ich glaube nicht, dass sich diese zwei Parteien mit diesem Koalitionsvertrag einen sonderlich großen Gefallen getan haben“, kommentierte der Politikwissenschaftler Werner Patzelt von der Technischen Universität (TU) Dresden das Ergebnis der Verhandlungen von Union und SPD. „Die CDU hat im Grunde nur das Kanzleramt wieder erobert. Zwei wichtige Ministerien mussten aufgegeben werden: eines an die CSU, das andere an die SPD. Die SPD hat zwar drei wichtige Ministerien selbst, Außenministerium, Finanzministerium und Arbeitsministerium. Aber das Außenministerium ist eines, das den Amtsinhaber nicht notwendigerweise populär macht.“ Das habe bereits Guido Westerwelle erlebt.

Blick auf CDU-Hauptstandort während Koalitionsverhandlungen
© REUTERS/ Axel Schmidt
Außerdem sei Martin Schulz ohne jede innerparteiliche Macht, sobald er den Parteivorsitz abgegeben hat. Der neue Finanzminister Olaf Scholz werde wahrscheinlich eine sehr vernünftige Finanzpolitik machen und „nicht mit sozialen Wohltaten den Staatsschatz verschwenden“, meint Patzelt. Aus seiner Sicht erlebt die SPD im Grunde nur ein „Weiter so wie bislang“. Die CDU sei zum Puffer zwischen CSU und SPD geworden. „Die CSU hat sich in der für sie so wichtigen Migrations- und Integrationsfrage weitgehend durchgesetzt und kann vom Innenministerium aus auch die Versprechen einlösen, wenn sie das denn schafft.“

GroKo als Papiertiger

Das Ganze sei eine Koalition, die auf dem Papier besser aussehe als sie in der Wirklichkeit sein werde. Sie werde die AfD weiter stärken und der SPD keinen Zugewinn bringen. Die Chancen für die SPD-Führung, diese Koalition bei der Basis durchzusetzen, schätzt Patzelt auf ungefähr 60 zu 40 Prozent. Die ganze Verhandlungsführung habe doch sehr in den Hintergrund treten lassen, so der Politologe, dass die SPD in Migrations- und Integrationsfragen vollständig nachgeben musste. Das sei allerdings auch im Interesse der sozialdemokratischen Kommunalpolitiker, denen der Migrationskurs ihrer Partei immer schon als falsch erschienen sei.

SPD-Chef Martin Schulz
© REUTERS/ Axel Schmidt

SPD-Chef Martin Schulz hat aus Patzelts Sicht einen Fehler nach dem anderen gemacht: „Man kann ihm vorwerfen, dass er sich erstens zu sehr als Hoffnungsträger hat aufbauen lassen, als er vor einem Jahr mit 100 Prozent zum Parteivorsitzenden gewählt worden ist. Man kann ihm vorwerfen, dass er am Wahlabend kopflos war, als er gesagt hat, alleine in der Opposition liege das Heil. Man kann ihm vorwerfen, dass er seine innerparteiliche Macht dadurch drastisch reduziert hat, dass er Frau Nahles den Fraktionsvorsitz hat erringen lassen, der ihm alleine eine politische Machtstellung während des ganzen parlamentarischen Verhandlungspokers gebracht hätte. Die Aussage, er trete nie in ein Kabinett Merkel ein, die nun wiederlegt wird, die ist lediglich das i-Tüpfelchen in einer Serie von Fehlern.“Der Großen Koalition gibt Patzelt auch nach Bekanntwerden des Koalitionsvertrags nur zwei Jahre.

Interview mit Werner Patzelt

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