Donnerstag, März 28, 2024
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White-House-Korrespondentin behauptet, Israel kontrolliert Amerika

Washington – Helen Thomas war die dienstälteste Angehörige jener Gruppe von Korrespondenten, die regelmäßig aus dem Weißen Haus berichten. Im Mai vergangenen Jahres fiel sie wegen einer extrem Israel-kritischen Bemerkung in Ungnade. David Hochman interviewte sie für die April-Ausgabe des Playboy. Sie bezog Stellung zu ihrer aufs schärfste kritisierten Bemerkung, ohne diese jedoch zu widerrufen. Im Gegenteil. Sie warf Israel nicht nur gewalttätiges Vorgehen gegen die Palästinenser vor, auch behauptete sie, das Weiße Haus, der Senat, ja sogar Hollywood und die Wallstreet stünden unter israelischer Kontrolle.

Im Jahr 1920 wurde Helen Thomas als Tochter christlich-orthodoxer libanesischer Einwanderer im Bundesstaat Kentucky geboren. Ihren ersten Kontakt mit dem Weißen Haus erlebte sie bei der Inauguration von John F. Kennedy. Für die folgenden fünfzig Jahre wurde der Wohnsitz des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika ihr zweites Zuhause. Ihr unverkennbares Gesicht ist jedem aufmerksamen Medien-Beobachter bestens bekannt. Über Jahrzehnte sah man sie bei jeder Pressekonferenz in der ersten Reihe sitzen und hörte sie oft die provokantesten Fragen stellen.

Wegen einer dieser Fragen wurde sie im Jahr 2006 dann auch in die letzte Reihe verbannt. Nachdem sich alle offiziellen Gründe für den Krieg gegen den Irak als falsche Behauptungen erwiesen hatten, forderte sie Präsident George W. Bush mehrmals unverblümt auf, zu erklären, warum er diesen Krieg wirklich begonnen hatte. Pressesprecher Ari Fleischer ordnete daraufhin an, ihr einen Platz in der letzten Reihe des Pressesaals zuzuweisen. Die Antwort auf diese unwillkommene Frage: „What was your real reason? What was it? Why did you go to war?”, blieb George W. Bush bis heute schuldig.

Es gab aber noch andere Gründe, durch welche sie sich unbeliebt machte. David Hochman verweist in der Einleitung zu besagtem Interview im Playboy darauf, dass sie im Weißen Haus nicht nur das Thema des „geheimen“ Atomwaffenarsenals von Israel, bei dem es sich um ein absolutes Tabu handelt, berührte, auch wollte sie wissen, warum der Angriff auf die Friedensflotte für Gaza im Mai des Vorjahres von Präsident Obama nicht verurteilt wurde.

Während den Spannungen vor diesem Zwischenfall im Mittelmeer entsprangen schließlich jene Worte dem Mund der altgedienten und erfahrenen Korrespondentin, mit denen sie die Welt schockierte. Vor laufender Taschenkamera, von Rabbi David Niesenoff nach Kommentaren über Israel gefragt, meinte sie wörtlich: „Tell them to get the hell out of Palestine.“ („Sagen Sie ihnen, sie sollen verdammt noch mal aus Palästina verschwinden.“)

Derart dreiste Worte sind natürlich auch dann unverzeihbar, wenn sie aus dem Mund einer ansonsten respektierten alten Dame stammen, die über mehr als ein halbes Jahrhundert an Presseerfahrung verfügt. Offiziell gilt sie als pensioniert, nachdem sie ihren Abschied von Hearst Corporation selbst eingereicht hatte. Die erste Frage Hochmans, der es übrigens nicht beleidigend, sondern amüsant fand, dass sie ihm Brötchen anbot, die mit Schinken belegt waren, bezog sich auf ihr Leben als Rentnerin. „Ich bin nicht pensioniert. Ich wurde gefeuert“, gab die 90-Jährige deutlich zu verstehen.

Auf den bereits zitierten folgenschweren Satz angesprochen, wollte Hochman wissen, ob sie begriffen hatte, wie kontrovers diese Worte waren.

Sie erklärte:

„Ich weiß, dass ich die Schiene verlassen habe. Man darf in diesem Land überhaupt nichts gegen Israel sagen. Aber ich habe viele Jahre lang mit dieser Sache gelebt. Jedermann kennt meine Gefühle, dass die Palästinenser auf jeder Linie übers Ohr gehauen wurden. Gewiss, die Israelis haben ein Recht zu existieren – aber dort, wo sie geboren wurden, nicht einfach kommen und anderen Leuten die Heimat wegnehmen. Mir gingen die Übergriffe gegen die Palästinenser bis hier her. Warum sollte ich es nicht sagen? Ich wusste genau, was ich tat – ich war verausgabt. Ich hatte einen Punkt erreicht, von dem ich nicht mehr zurück konnte. Einmal hat man einfach die Nase voll.“

Hochman wollte wissen, wie sie sich fühlte, nachdem Millionen das Video bei Youtube sahen. Sie führte an, dass sie sich auf zwei Wochen selbst unter Hausarrest gesetzt hatte. Auf Sokrates verweisend, bezeichnete sie dies als eine Suche nach sich selbst. „Ich wollte wissen, ob ich reuig war – und ich war es nicht!“, machte sie schon zu Anfang des Gespräches ihre Einstellung deutlich.

Ob sie in dieser Zeit viele Anrufe erhalten hätte? Nein, hatte sie nicht. Auf einen verwies sie jedoch: Von Jimmy Carter, der ihr Sympathien entgegen brachte und mit ihr über die Israelis im Nahen Osten und über die Gewalttätigkeiten sprach. Doch mehr wollte sie dazu nicht sagen. Sie wollte  nicht ihn auch noch in Schwierigkeiten bringen. Sein Verhalten war jedenfalls untypisch. Alle Kolloumnisten und Kommentatoren seien damals auf sie losgegangen und hätten sie als Anti-Semitin bezeichnet, ohne danach zu fragen, was sie überhaupt gemeint hatte. Und was hatte sie gemeint, wollte Hochmann wissen.

„Na ja, für die Palästinenser gibt es doch überhaupt kein Verständnis. Ich meine, die leben dort und diese Leute möchten kommen und ihre Häuser wegnehmen und ihr Land und ihr Wasser und ihre Kinder töten und sie alle töten….“

Sie verwies auf Tausende von Palästinensern, die ohne Anklage und ohne Urteil in israelischen Gefängnissen festgehalten werden und stellte die Frage: Warum? Durch Milliardengeschenke würden die Amerikaner die israelischen Politiker vorsichtig an den Verhandlungstisch zurückholen wollen. Sie kritisierte die kategorische Ausübung des Veto-Rechts vor den Vereinten Nationen bei jedem Antrag, der die Interessen der Araber vertrat. Und als einzige Zusage von israelischer Seite käme die dreimonatige Unterbrechung einer Fortführung der Besiedelung palästinensischer Gebiete. Wörtlich fügte sie hinzu:

„Was soll denn das? Die geben den Laden ab, so wie es Reagan und jeder andere Präsident auch getan hat. Warum muss man Leute bestechen, dass sie das Richtige tun? Ich möchte nicht, dass meine Regierung irgend jemanden besticht. Ich möchte, dass sie Forderungen stellt. Stoppt diese Hilfe für Israel, solange sie dort Leute umbringen.“

Persönliche Abneigung gegen Juden empfinde sie keineswegs. Sie betrachte sie als wunderbare und tiefsinnige Menschen. Aus ihren Reihen stammten die ersten Bürgerrechts-Bewegungen. Sie machte klar, dass sie nicht anti-jüdisch, sondern anti-zionistisch sei.

Daraufhin zitierte Hochman einen Kommentar von Blogger Jeffrey Goldberg bei The Atlantic, der auf die dreitausendjährige Präsenz der Juden in Israel verwies und dass Thomas’ Standpunkt, entgegen ihrer eigenen Behauptungen, sehr wohl als anti-jüdisch einzustufen sei.

Den zitierten Kommentar als „faules Stück“ bezeichnend, gab sie ihre Meinung preis:

„Ich meine, das ist absolut parteiisch und völlig – wer sind denn diese Leute? Warum denken sie, dass sie so verdienstvoll sind? Das Gemetzel an Juden war mit dem Zweiten Weltkrieg zu Ende. Ich hatte zwei Brüder und eine Menge Verwandte, die in diesem Krieg gegen Hitler gekämpft haben. Wir haben daran geglaubt. Jede amerikanische Familie war an diesem Kampf beteiligt. Aber seit damals sind sie befreit. Und trotzdem spielen sie ihre Opferrolle weiter. Die Amerikaner wissen nicht, dass die israelischen Lobbyisten sie in den Glauben gedrängt haben, dass jeder Jude für immer ein verfolgtes Oper sei – während sie die Palästinenser zu Opfern machen.“

Hier kam Interviewer Hochman zum Kern. Er sprach Helen Thomas auf eine Rede an, die sie im Dezember des Vorjahres vor arabischem Publikum gehalten hatte, und in der sie erklärte, dass ihrer Meinung nach der amerikanische Kongress, das Weiße Haus, Hollywood und die Wallstreet im Besitz von Zionisten seien. „Stehen Sie zu dieser Behauptung?“, formulierte er seine Frage direkt.

„Ja, das tue ich!“, gab sie unmissverständlich zur Antwort. „Ich weiß, es war entsetzlich, aber ich weiß auch, dass es der Wahrheit entspricht! Sagen Sie mir, dass es nicht wahr ist und ich werde glücklich sein, wenn Sie es widerlegen können. Ich sage einfach, dass sie über Macht verfügen, und sie haben Macht in jeder Richtung.“

David Hochman wurde noch direkter: „Diese Klischeevorstellung jüdischer Kontrolle gibt es seit über hundert Jahren. Glauben Sie tatsächlich dass in diesem Land eine geheime jüdische Verschwörung am Werk ist?“

„Das ist kein Geheimnis. Es ist sehr offen. Was meinen Sie mit Geheimnis?“, kam zurück.

Auf die Frage, welche Verbindung zwischen Hollywood und den Palästinensern bestünde, sprach Helen Thomas wieder von Macht – über das Weiße Haus, über den Kongress. Jeder profitiere aus den Taschen der Israel-Lobby, die von reichen Unterstützern mit Geld versorgt würde. Und da gehöre Hollywood ebenso dazu wie die Finanzmärkte. Wörtlich: „Es herrscht totale Kontrolle!“

Hochman wollte Namen einflussreicher Juden hören, doch sie weigerte sich strikt, Namen zu nennen. Sie wies lediglich auf einen Großbetrüger an der Wallstreet hin, den sie als „Ponzi Guy“ bezeichnete.

„Wie können Sie dann behaupten, dass Juden das Land beherrschen?“, legte Hochman nach. Sie nannte die Namen einiger Senatoren, die unumstritten die israelische Politik unterstützen. Sie meinte, im amerikanischen Kongress wäre es unmöglich, genügend Stimmen für eine Pro-arabische Entscheidung zusammen zu bekommen. Wer nicht mitspiele, würde rausfliegen, behauptete sie und erinnerte an Senator William Fullbright, der 1960 einen Skandal mit steuerlich absetzbaren Spenden nach Israel aufgedeckt hatte, die jedoch danach in den israelischen Lobbyismus in Amerika zurückgeflossen seien. Kongress-Mitglied Paul Findley hätte ein Handschlag mit Yasir Arafat seine Wiederwahl gekostet.

Nach weiteren Details erinnerte Hochman jedoch daran, dass kaum zwei Prozent der Amerikaner jüdischen Glaubens seien. Wie solle es möglich sein, bei diesem geringen Anteil von Dominanz zu sprechen. Thomas wörtlich:

„Ich verstehe, worauf Sie hinaus wollen. Sie wissen verdammt gut, welche Macht sie haben. Es geht nicht um diese zwei Prozent. Das ist richtige Macht, wenn ihnen das Weiße Haus gehört, wenn ihnen diese anderen Plätze gehören bezüglich ihres politischen Einflusses. Natürlich haben sie Macht. Das streiten Sie doch nicht ab. Sie sind ja Jude, nicht wahr?“

Nach einer bejahenden Antwort fügte sie hinzu: „Das habe ich mir gedacht. Gut, dann wissen Sie ja verdammt gut, dass sie Macht haben.“

Im weiteren Gespräch stellte sich heraus, dass Helen Thomas diese Meinung vertritt, seit sie in Washington lebt, also seit 1940. Auch wenn sie, wie wir wissen, sich öffentlich niemals in dieser oder ähnlicher Richtung geäußert hatte, so seien ihre persönlichen Freunde schon immer über ihren Standpunkt informiert gewesen. Selbst arabischer Abstammung, hätte sie seit der Gründung Israels mit der geplanten Zwei-Staaten-Regelung völlig verstanden, was die dort lebenden Araber mitzumachen hatten.

Viele ihrer einst begeisterten Leser stellten sich die Frage, ob Helen Thomas’ Alter – im kommenden August wird sie 91 – Einfluss auf ihre geistige Verfassung haben könnte. Darauf angesprochen reagierte sie verärgert:

„Diese Frage nehme ich Ihnen übel. Ich nehme sie Ihnen durch und durch übel. Warum interviewen Sie mich, wenn ich verrückt bin. Das würde sich doch nicht lohnen, oder?“ Sie verlangte nach einer Entschuldigung.

„Aber das ist die Frage, die jeder beantwortet haben möchte. Und Sie sind es doch, die immer Journalisten auffordert, harte Fragen zu stellen.“

„Sie wollen wissen ob ich verrückt bin? Muss man verrückt sein, um Israel zu kritisieren? Muss man verrückt sein, um Tyrannei zu kritisieren? Ich habe schon vor Hitler gelernt, dass man sich für etwas einsetzen muss. Man muss sich einsetzen. Gegen eine Gewaltherrschaft müssen wir jederzeit Stellung beziehen, ungeachtet wo sie auftritt."

Nach freundlicheren Worten und der Frage, ob sie Angst vor dem Tod hätte, die sie verneinte, kam Hochman auf den Nachruf zu sprechen, den man über sie einmal schreiben werde. Zu seiner Überraschung füllten sich ihre Augen mit Tränen. „Ich weiß, was sie sagen werden. Die Anti-Semitin“. Doch das sei sie nicht. Sie sei schlicht Reporterin. Und geweint habe sie ihr ganzes Leben viel zu oft. Sie sei einfach eine Heulsuse.

Das Thema wechselnd, ging es weiter um ihre Erfahrungen mit all den amerikanischen Präsidenten, von denen Kennedy, Nixon und Carter zu ihren Favoriten zählten. Marilyn Monroe hatte sie nie im Weißen Haus gesehen, doch sehr viel Anderes. Von Monika Lewinskys Affäre mit Bill Clinton wusste sie auch nichts. Von Obama ist sie enttäuscht. Nichts hätte er von den versprochenen Veränderungen durchgeführt, obwohl ein Federstrich ausgereicht hätte, um die Kriege im Irak und in Afghanistan zu beenden oder das berüchtigte Folterlager in Guantanamo Bay, wie versprochen, zu schließen. Als sie Obama, so erzählte sie, direkt danach fragte, ob es im Nahen Osten ein Land gäbe, das über Atomwaffen verfügte, redete er um den Brei herum und meinte, er wolle nicht spekulieren. Außenministerin Hillary Clinton soll auf die gleiche Frage mit den Worten reagiert haben: „Helen, Sie sind aber süß“, lachte, und damit war das Thema zu Ende.

David Hochman wollte wissen, warum sich die amerikanische Regierung still verhalten würde, falls Israel die Atombombe wirklich hätte. Helen Thomas vertritt die Meinung, dass letztendlich jeder darüber bescheid wisse. Nur offiziell würde es weder von Israel noch von Amerika Bestätigung finden. Denn dem Iran und den anderen Ländern der Region gegenüber, dürfte man dies natürlich nicht eingestehen.

Zur Ruhe gesetzt hat sich Helen Thomas noch lange nicht. Täglich werden ihr die wichtigsten Zeitungen ins Haus geliefert, denen sie sich mit wesentlich mehr Begeisterung widmet als dem Internet. Und auch wenn sie ihr Leben lang über Kriege, Konflikte, Aufrüstung und Waffengewalt berichten musste, ihr größter Traum wäre eine Welt ohne Waffen und ohne Krieg. In diesem letztgenannten Punkt stimmen wir gewiss mit ihr überein.

Der vorliegende Beitrag drückt weder die Meinung des Autors noch die der Verantwortlichen von The Intelligence aus. Es handelt sich ausschließlich um einen zusammenfassenden Bericht über das Gespräch zwischen Helen Thomas und David Hochman, veröffentlicht unter folgendem Link in der Online-Ausgabe des Playboyim März 2011: http://www.playboy.com/articles/helen-thomas-playboy-interview/index.html

Nachtrag: Nachdem das besagte Interview auf der Webseite des Playboy aus nicht näher erläuterten Gründen gelöscht wurde, erlauben wir uns, den vollen Text in englischer Sprache als zeitgeschichtliches Dokument hier zu erhalten:

By David Hochman

– ENDE –

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