Freitag, März 29, 2024
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Zornige junge Männer und die Einwanderungspolitik der EU

Die Frage, ob registrierte Asylsuchende an der bundesdeutschen Grenze abgewiesen werden können, überlagert derzeit jedes andere Thema. Die Debatte offenbart viele Dilemmata. Ist Migration steuerbar oder Schicksal? Welche Interessen wiegen höher, die von Migranten oder von einheimischer Bevölkerung? Das zeigte die ZDF-Sendung Maybrit Illner.

Die Sendung „Maybrit Illner“ diskutierte den immer heftiger geführten Asylstreit in Deutschland. Die Teilnahme von Österreichs Außenministerin Karin Kneissl daran war eine Wohltat. Denn die studierte Arabistin und Juristin brachte sowohl harte Fakten mit als auch eine Lebenserfahrung, die vielen Politikern inzwischen leider abgeht. Die fließend arabisch sprechende Juristin hat in Fluchthilfeeinrichtungen gedolmetscht und an Unis in Kairo und Beirut gelehrt und weiß, was sie sagt, wenn sie Politiker wie Hessens CDU-Ministerpräsident Volker Bouffier mit unbequemen Wahrheiten konfrontiert:

„Sie sprechen von Subsistenzhilfe. Ich spreche von einer hochausgebildeten Jugend, zornigen jungen Männern, ich habe darüber ein Buch darüber geschrieben vor fünf Jahren. Die haben irgendetwas in der Hand, die wollen sich einen Status bauen, und die machen sich auf den Weg, die werden sich nicht damit zufrieden geben, dass wir das UNO-Ernährungsprogramm erhöhen.“

Kneissl erinnerte unter anderem auch an Zahlen der UNO, dass bis zu 60 Millionen Menschen im Nahen Osten und Nordafrika arbeitslos und deshalb eher früher als später auf dem Sprung nach Europa sind. Weshalb sie davon überzeugt ist, dass 2015 sich wiederholen kann und wird. Und Frau Kneissl sagte auch, was von EU-Politikern so nur selten zu vernehmen ist, nämlich:

„Dass wir sehr wohl in den Herkunftsländern und den Transitländern auch da zusehen müssen, dass die Arbeitsmöglichkeiten andere werden. Und dazu gehört seitens der Europäischen Union und vieler anderer Staaten eine Verantwortung, die bis in die Handelspolitik hineinreicht.“

Was in der Konsequenz bedeutet, dass die EU ihren Markt für afrikanische Waren öffnen muss, statt afrikanischen Staaten Freihandelsabkommen aufzuzwingen, die in Wahrheit Einbahnstraßen für EU-Unternehmen sind. Es bedeutet, afrikanischen Menschen nicht die Lebensgrundlagen zu entziehen, indem deren Meere leergefischt oder deren natürliche Ressourcen ausgebeutet werden. Der SPD-Vorsitzende und Kanzlerkandidat im Ruhestand Martin Schulz versuchte, so zu wirken, als würde er sich gerade für diejenigen einsetzen, die die wenigsten Chancen auf Asyl haben:

„Wir haben heute ein System der Perspektivlosigkeit, wo jeder, der zu uns kommen will, eigentlich nur eine Chance hat, zu sagen, ich bin politisch verfolgt. Was wir machen müssten, ist, dass wir sagen, diejenigen, die einwandern wollen, sollen auch einwandern können, nach bestimmten Kriterien.“

Aber gerade diese Kriterien werden vor allem Menschen aus Afrika weder Asyl noch Arbeitsmigration ermöglichen, denn auch die Kriterien der vielgepriesenen Modellländer Kanada oder Australien haben einen Nützlichkeitsrassismus, der die meisten Afrikaner regelmäßig aussortiert. Weshalb wohl auch die geplanten Schutzzonen keine echte Lösung für die EU sein werden, denn natürlich werden zu allem entschlossene Menschen sich auch von einem abgelehnten Asylbescheid in so einer Schutzzone nicht abbringen lassen, es doch zu versuchen, sich nach Europa durchzuschlagen. Dieses Dilemma lösen weder ein ausgefeiltes Einwanderungsrecht noch gutgemeinte Fernsehsendungen.

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