Heft eins nach dem Terror kam einem Rufzeichen gleich. Sieben Tage nach dem blutigen Anschlag von zwei Islamisten produzierten die Überlebenden eine Ausgabe, die in jeder Hinsicht Geschichte schreiben sollte. Lange Schlangen an Kiosken, tagelang immer wieder ausverkauft, weltweit nachgefragt: Knapp acht Millionen Mal wurde das Heft mit der inzwischen berühmten Luz-Karikatur eines um die Opfer weinenden Mohammed mit "Je suis Charlie"–Schild gedruckt. Danach gab es wieder einmal Proteste in Teilen der islamischen Welt.
Solidaritätswelle brachte 30 Millionen Euro ein
Die Terroristen von Paris haben das ihnen verhasste Blatt vom finanziellen Sorgenkind zum Krösus werden lassen: Die Solidaritätswelle nach der Anschlagsserie mit insgesamt 17 Toten hat "Charlie Hebdo" über Verkäufe, Abos und Spenden rund 30 Millionen Euro in die Kasse gespült. Die Zahl der Abonnenten stieg auf mehr als 200.000, zeitweilig konnten Abo-Anfragen nicht mehr bearbeitet werden. Von der früheren Auflage von 60.000 wurden durchschnittlich nur rund 30.000 Exemplare verkauft – das neue Heft wird zunächst gleich 2,5 Millionen Mal gedruckt.
Mitarbeiter Pelloux twitterte zum Redaktionsschluss der neuen Ausgabe, das Heft sei "in sehr guter Atmosphäre" entstanden: "Das wird eine exzellente und kompromisslose Nummer." Zuvor hatte Pelloux im Sender France 5 trotz aller Trauer den Aufbruch beschrieben: "Das Journal muss wie jedes andere auch weitermachen, weil das Leben weitergeht, die Ereignisse weitergehen." Die Redaktion könne sich nicht zum Heulen in die Ecke zurückziehen. "Das ist ein satirisches Journal, das witzig ist, wir müssen lachen über alltägliche Dinge."
Redaktion sucht noch ihren Platz für die Zukunft
Die Wege um die alte Redaktion gleichen noch immer einem Meer aus Kerzen, Schildern und Blumen. Es gibt viele Stifte – Symbole eines konsequenten und friedlichen Widerstands gegen Mörderbanden. Bis heute kommen Menschen für einen Moment des Gedenkens in die kleine Straße im elften Arrondissement von Paris. Das jüngste Heft wurde wieder in den Räumen der "Liberation" produziert, eine neue Bleibe gibt es derzeit nicht. Die Redaktion sucht noch ihren Platz für die Zukunft.
Verteiler: Kronen Zeitung