Der indische Fernsehsender NDTV wollte den Film "India's Daughter" (Indiens Tochter) eigentlich am internationalen Frauentag am Sonntag ausstrahlen. Am selben Tag soll er auch in sechs anderen Ländern zu sehen sein. Der Fall der 23-jährigen Studentin hatte Ende 2012 weltweit für Empörung gesorgt. Die junge Frau war in Anwesenheit ihres männlichen Begleiters von einer Gruppe Männer in einem Bus in Neu-Delhi so schlimm misshandelt und vergewaltigt worden, dass sie knapp zwei Wochen später ihren Verletzungen erlag.
In Indien wurde daraufhin bei Massenprotesten die alltägliche Gewalt gegen Frauen angeprangert. In der Folge wurden auch die Gesetze zur Verurteilung von Vergewaltigern verschärft. Aktivisten beklagen jedoch, dass sich nur wenig geändert habe.
"Spät herumgestreunt": Vergewaltiger gibt Opfer die Schuld
In dem Dokumentarfilm kommt einer der Vergewaltiger ausführlich zu Wort. In dem im Gefängnis geführten, verstörenden Interview gibt er dem Opfer die Schuld an der Tat. Eine Frau sei "weitaus mehr verantwortlich für eine Vergewaltigung" als ein Mann. Die Studentin hätte "nicht abends um 21 Uhr herumstreunen" sollen. Nach Angaben der britischen Filmemacherin Leslee Udwin zeigte der Mann "nicht eine Sekunde lang Reue". Aktivisten zufolge sind derartige Auffassungen tief in der indischen Gesellschaft verankert. Das wollte die Filmemacherin aufzeigen.
Regisseurin freut sich über mehr Werbung für ihr Werk
Udwin prangerte daher die "willkürliche Zensur" an. Noch hat sie aber nicht aufgegeben. Die Britin zeigte sich überzeugt, dass NDTV das Verbot anfechten werde. Meinungs- und Redefreiheit seien auch in Indien ein hohes Gut, fügte Udwin hinzu. Im Übrigen verhelfe das Verbot ihrem Film nur zu mehr Publizität – jetzt würden alle ihn sehen wollen.
Verteiler: Kronen Zeitung