Dienstag, April 30, 2024
StartZARONEWS PresseAgenturBundestag soll nicht mehr über Kriegseinsätze abstimmen dürfen

Bundestag soll nicht mehr über Kriegseinsätze abstimmen dürfen

Soldaten vor dem Reichstag in Berlin bei dem öffentlichen Gelöbnis. Foto: G. Czekalla | CC BY 3.0

Die Bundeswehr – so waren die Postulate bei der deutschen Wiederbewaffnung – sollte nur zur Landes- und Bündnisverteidigung dienen, eine demokratische Bürgerarmee sein und vor allem nicht durch Gott oder Kaiser befehligt werden, sondern vom Parlament – dem Bundestag. Die Idee dahinter ist einfach. Der Soldat soll nicht nur ein “Bürger in Uniform” sein, sondern Teil eines demokratischen Staates und demokratisch befehligt. Eine Kommission des Bundestags, die auch im neuen Koalitionsvertrag festgeschrieben ist, prüft derzeit ob das alles so bleiben soll. Der Bundestag soll den sog.

Parlamentsvorbehalt – also die Garantie dass nur er Bundeswehreinsätze beschließen kann – abgesprochen bekommen. Im Dienste von

NATO-Einsätzen.

Regierung und Parlament sind zwar oft mehrheitlich derselben Meinung – bedingt durch das parlamentarische Staatssystem der Bundesrepublik – aber längst nicht in allen Fragen. Gerade Bundeswehreinsätze sorgen sogar in den Reihen jener, die die Fraktionsdisziplin als eigenen Verfassungsauftrag verstehen, für Widerstand – mindestens für Grummeln. Das zieht zwangsläufig öffentliche Debatten nach sich, Berichterstattung, Plenardiskussionen und Kompromisse sind direkte Folge des Parlamentsvorbehalt.

Das Konzept ist einfach. Soll die Bundeswehr ins Ausland entscheidet die Volksvertretung – wer auch sonst? In den USA beispielsweise muss der Kongress zwar offiziell Kriegserklärungen absegnen, doch dieses Recht ist längst mehr als nur ausgehöhlt. Beide Irak-Kriege, der Afghanistan-Einsatz und auch die aktuellen Bombardements gegen die IS-Terroristen finden ohne Abstimmung des Kongresses statt. Das US-Militär ist eine Präsidialarmee. Der Präsident ist der Oberbefehlshaber. So funktioniert auch die NATO. Militäreinsätze müssen schnell beschlossen werden und wirksam werden. Am liebsten wäre man nach einer Stabssitzung in Washington am nächsten Tag direkt im beschlossenen Einsatzgebiet. Der ehemalige NATO-Generalsekretär bezeichnete den deutschen Parlamentsvorbehalt mehrfach als “Hindernis”. “Wenn das Risiko besteht, dass ein Land gegen den Einsatz solcher Waffen ein Veto einlegt, werden die anderen Partner zögern, in ein solches Projekt zu investieren.” so Anders Fogh Rasmussen im SPIEGEL-Interview 2014.

Um dort nachzubessern wurde von der Koalition bereits 2014 die “Kommission zur Überprüfung und Sicherung der Parlamentsrechte” gegründet. Der Name ist freilich irreführend. Die Parlamentsrechte sind gesichert, solange sie keiner anzweifelt. Doch genau das strebt der Komission vor. Unter dem Vorsitz des ehemaligen Bundesverteidigungsminister Volker Rühe (CDU)  wurde der Parlamentsvorbehalt bereits mehrfach infrage gestellt.

Laut Rühe komme es darauf an, dass sich die NATO auf Deutschland “verlassen” können müsse und “die gesicherte Zurverfügungstellung der Fähigkeiten, die ich transnational nenne“ gesichert wird. Wenn es nach Rühe geht, darf es künftig nie wieder vorkommen, dass sich der Bundestag gemeinsamen Aktionen der Nato in den Weg stellt. In einem Interview imDeutschlandfunk verkündete Rühe:

“[…] und ich denke, es wäre gut, wenn die Bundesregierung, wenn das in der NATO abschließend geregelt ist, ins Parlament geht und dem Parlament berichtet, in welche Abhängigkeiten wir uns begeben haben und was von uns erwartet wird, wenn wir die anderen nicht lahmlegen wollen. Das sollte das Parlament zustimmend zur Kenntnis nehmen.”

Was nach einer kleinen Nachbesserung klingt ist selbstredend ein fundamentaler verfassungsrechtlicher Richtungswandel. Das Parlament soll nachträglich nur noch zustimmen. Doch auch mit der vorgeschlagenen Schaffung einer EU-Armee geht das Bundesverteidigungsministerium unter Ursula von der Leyen (CDU) in eine ähnliche Richtung. Auch hier müsste der Parlamentsvorbehalt faktisch abgeschafft werden. Sie sprichtbeim Brussels Forum des German Marshall Funds (GMF), einer der weltweit bedeutendsten Konferenzen zur internationalen Politik, in warmen Worte über dieses „wichtige Langzeitziel“. Es habe freilich praktische Konsequenzen für die Bundeswehr, fügt sie hinzu.

Verteiler: Neopresse

Empfohlene Artikel
- Advertisment -
Translate »