Freitag, April 26, 2024
StartWissenschaftBildung„Berlin untergräbt Meinungsfreiheit“: Human Rights Watch stemmt sich gegen NetzDG

„Berlin untergräbt Meinungsfreiheit“: Human Rights Watch stemmt sich gegen NetzDG

Das mit Jahresbeginn in Deutschland in Kraft getretene Netzwerkdurchsetzungsgesetz kann zu ungerechtfertigter Zensur führen, ohne dass dagegen Widerspruch eingelegt werden kann, schreibt die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch auf ihrer deutschsprachigen Internetseite. Das Gesetz stelle einen gefährlichen Präzedenzfall dar.

„Die Sorgen von Regierungen und der Öffentlichkeit wegen rechtswidriger und menschenrechtsverletzender Inhalte im Netz sind durchaus berechtigt. Aber dieses Gesetz hat grundsätzliche Mängel”, sagt Wenzel Michalski, Deutschland-Direktor von Human Rights Watch. „Es ist vage formuliert, nicht präzise genug und macht private Unternehmen zu übereifrigen Zensoren, die horrende Geldstrafen vermeiden wollen. Gleichzeitig haben Online-Nutzer kein Widerspruchsrecht.”

Zwei Kernpunkte des Gesetzes würden demnach gegen Deutschlands Verpflichtung, die Meinungsfreiheit zu achten, verstoßen: Zum einen verpflichte das Gesetz große Unternehmen, die Entscheidung zu treffen, ab wann Nutzer gegen das Gesetz verstoßen, obwohl dies selbst für Gerichte hinsichtlich des Kontexts und der jeweiligen Kultur eine Herausforderung darstelle.

„Für diese Prüfung haben die Unternehmen wenig Zeit und sie riskieren hohe Geldstrafen. Das bietet ihnen nur wenig Anreize, sich im Zweifelsfall für die Meinungsfreiheit zu entscheiden“, so HRW. Wegen drohender Geldstrafen von bis zu 50 Millionen würden Unternehmen schon jetzt Inhalte entfernen.

Zum anderen gebe es keine gerichtliche Kontrolle und kein Widerspruchsrecht, falls ein übervorsichtiges Unternehmen gegen die Meinungsfreiheit oder das Recht auf Zugang zu Informationen verstoße.

Zu den Nutzern, deren Inhalte „entweder durch das NetzDG zensiert oder wegen Verstößen gegen die jeweiligen Nutzungsbedingungen entfernt wurden“, würden laut HRW unter anderem die stellvertretende Vorsitzende der AfD Beatrix von Storch‏ und das Satiremagazin „Titanic“ gehören.

„Mit dem NetzDG untergräbt Deutschland die Meinungsfreiheit im eigenen Land. Das Gesetz ist auch ein beunruhigendes Vorbild für andere Länder, welche die künstlerische Freiheit, Gesellschaftskritik, politischen Aktivismus oder unabhängigen Journalismus unterdrücken wollen”, so Michalski. „Es ist höchst problematisch, wenn Unternehmen in demokratischen Staaten gezwungen werden, Zensur für die Regierung zu betreiben. Passiert dies in Ländern ohne einen starken Rechtsstaat, dann ist das höchst gefährlich.”

Das am 1. Januar 2018 in Kraft getretene Gesetz habe einen Präzedenzfall geschaffen, der laut HRW andere Länder dazu veranlassen könnte, ähnliche Maßnahmen zu treffen.

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