Freitag, April 26, 2024
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Das Rätsel der riesigen Delle im Meer

Das Meer vor Indien weist eine gigantische Delle auf, weil hier eine geringere Schwerkraft herrscht.

Messungen von Satelliten haben bereits länger bestätigt, dass vor dem Indischen Subkontinent im Indischen Ozean der Meeresspiegel rund 120 Meter tiefer liegt als im weltweiten Durchschnitt.

Der Grund hierfür: In der Umgebungsregion dieser Mulde herrscht eine höhere Erdanziehungskraft – und dorthin zieht es das Wasser, das sich dann an den Rändern auftürmt.

Im Gebiet der Delle ist die Erdanziehungskraft um 0,3 Promille kleiner als im globalen Durchschnitt. Auf der Landmasse an der Südspitze Indiens hat das immerhin zur Folge, dass eine 70 Kilogramm schwere Person 21 Gramm weniger wiegt als in Europa – wobei ihre Masse natürlich gleich bleibt.

Konsumenten bekommen dort dafür etwas mehr für ihr Geld. Für ein Kilogramm Fleisch kriegt man im Laden beispielsweise 0,3 Gramm mehr eingepackt als hierzulande.

Warum ist die Erdanziehungskraft vor Indien geringer?

Die gewaltige Delle im Wasser hat dafür nicht wirklich Effekte auf den Menschen. An Bord von Schiffen kann man sie nicht einmal sehen, denn sie ist zu grossräumig. Und durch die Verschiebung der Wassermassen herrscht auf der Meeresoberfläche tatsächlich überall die gleiche Erdanziehung.

Deshalb benötigt ein Boot auch nicht mehr Energie, um aus dem Tal vor Indien herauszufahren. Das ist übrigens auch der Grund, weshalb das Wasser nicht zurück in die Delle fliesst.

Für Forscher ist vor allem interessant, wie es konkret zu den Unterschieden der Erdanziehungskraft kommt – sie gehen davon aus, dass Gesteinsumwälzungen im Inneren der Erde dafür verantwortlich sind. Nach dieser Annahme herrscht dort stärkere Anziehungskraft, wo der Untergrund eine höhere Masse aufweist.

Aber warum ist die Erdanziehungskraft dann ausgerechnet vor Indien auffällig geringer? Wie «Spiegel Online» berichtet, haben Forscher um Attreyee Ghosh vom Indian Institute of Science in Bangalore ausgemacht, woran das liegen dürfte.

Unter Afrika schiebt sich ein gigantischer Pilz nach oben

Die Wissenschaftler stellten fest, dass Erdbebenwellen das Gestein in der Tiefe hier auffällig langsam durchlaufen. Laut den Forschern sei das nicht nur ein Hinweis darauf, dass die Dichte dort geringer sei, sondern auch, dass das Gestein dafür wenigstens teilweise geschmolzen sein müsse.

Der Befund sei jedoch vor dem Hintergrund merkwürdig, da gerade in diesem Gebiet keine vulkanischen Aktivitäten bekannt seien. Der Grund für das teils geschmolzene Gestein müsse deshalb woanders gesucht werden.

Ghosh und ihre Kollegen fanden denn auch eine Erklärung an anderer Stelle für das Phänomen, die sie im Fachjournal «Geophysical Research Letters» darlegen.

Demnach dringt unter Afrika heisses Gestein wie ein gigantischer Pilz aus Tausenden von Kilometern Tiefe nach oben. Dieser Vorgang sorgt nicht nur dafür, dass der afrikanische Kontinent langsam auseinanderbricht, auch dürften Ausläufer des Pilzes unter dem Indischen Ozean Richtung Osten strömen, wie Ghosh vermutet.

Genau vor dem Südzipfel Indiens bildeten diese Gesteinsmassen dann ein Gebiet mit geringerer Masse – und die wiederum sind dafür verantwortlich, dass man hier einen etwas leichteren Auftritt hat.

 

Literatur:

Verwunschene Orte: Atlas der unheimlichen Orte. Eine düstere Reise um die Welt. Über 40 verfluchte Plätze der Welt und ihre geheimnisvollen Geschichten, illustriert mit historischen Karten. von Olivier Le Carrer

Terra Mystica: Mysterien, Rätsel und Phänomene von Fernando Calvo

Die Erde hat ein Leck: Und andere rätselhafte Phänomene unseres Planeten von Axel Bojanowski

Die seltsamsten Orte der Welt: Geheime Städte, Wilde Plätze, Verlorene Räume, Vergessene Inseln von Alastair Bonnett

Beitragsbild: PublicDomain/bluewin.ch/ESA

Quellen: PublicDomain/bluewin.ch/ESA am 22.10.2017

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