Freitag, April 26, 2024
StartZARONEWS PresseAgenturDeutscher Militärgeheimdienst sollte kritische Journalisten ausspähen

Deutscher Militärgeheimdienst sollte kritische Journalisten ausspähen

MAD in Köln // public domain (Archivbild)

Als “geheim” deklarierte Akten, die dem SPIEGEL exklusiv vorliegen, beschreiben eine brisante Kumpanei: Verteidigungsministerium und Hersteller wollten den Geheimdienst MAD dazu bringen, negative Berichte über die militärische Ausrüstung der Bundeswehr – konkret dem Pannengewehr G36 – zu verhindern.

Im April 2012 berichtete der Spiegel, die Bundeswehr habe bei Versuchen festgestellt, das G36 werde „nach mehreren hundert Schuss“ zu heiß, dadurch falle die Trefferwahrscheinlichkeit auf Entfernungen über 300 Meter rapide ab. Da auch andere Medien den Bericht aufnahmen, reagierte Heckler & Koch mit einer Stellungnahme, in der das Unternehmen die Berichterstattung „als Teil einer mittlerweile über zwei Fehler, Gruppe existiert nicht! Überprüfen Sie Ihre Syntax! (ID: 2)Jahre andauernden und äußerst vielschichtigen Kampagne gegen das Unternehmen“ bezeichnete. Wenige Wochen darauf berichtete Bild von einer internen Prüfung der Wehrtechnischen Dienststelle 91, bei der die Angaben des

Spiegel bestätigt worden seien. Einer dieser Berichte an den Bundesverteidigungsminister wurde zitiert: „Alle bisher untersuchten G36 zeigen im heißgeschossenen Zustand eine Veränderung des mittleren Treffpunktes, [so] dass ein Gegner in einer Entfernung von 200 Metern nicht mehr sicher bekämpft werden kann.“

Am 30. März 2015 wurde ein Schreiben des Generalinspekteurs der Bundeswehr Volker Wieker bekannt, in dem dem G36 eine munitionsunabhängige sinkende Treffergenauigkeit bei hohen Temperaturen und im heißgeschossen Zustand bescheinigt wird. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen gab in einer Pressekonferenz am gleichen Tag bekannt „Das G36 hat offenbar ein Präzisionsproblem bei hohen Temperaturen aber auch im heißgeschossenen Zustand“.

All diese Presseberichte sollten offenbar verhindert werden. Zumindest war dies gemeinsame Intention des Herstellers und des Bundesverteidigungsministeriums. So berichtet derSPIEGEL: “Geheimen Akten zufolge versuchten führende Beamte des Verteidigungsministeriums Ende 2013 in enger Absprache mit dem Hersteller Heckler & Koch, die kritische Berichterstattung über das Gewehr mit allen Mitteln abzuwürgen. So sollte der Militärische Abschirmdienst (MAD) gegen kritische Journalisten und deren “unwahre Medienkampagne” tätig werden.

Die Vorwürfe gehen aus einer Vorlage mit dem nüchternen Titel “Gewehr G36 – Genese” hervor, sie wurde am 18. März durch von der Leyens Büro abgezeichnet (“lag vor”). Detailliert schildert Ministerialrat M. darin, wie die Abteilung Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung (AIN) gemeinsam mit dem Hersteller Heckler & Koch versuchte, die kritische Berichterstattung über das G36 zu stoppen. Dazu sollte der MAD die Quellen für die Berichte finden und auch die Journalisten ausspähen. Die Ziele für die Operation werden in der Vorlage genannt: Als Anlage sind mehrere SPIEGEL-Beiträge abgeheftet, in mehreren Geschichten hatten das Magazin und SPIEGEL ONLINE seit März 2012 die Probleme des G36 enthüllt, das heiß geschossen an Treffgenauigkeit verliert. In der Vorlage werden diese und andere Beiträge aus der “taz” und “Die Zeit” als “unwahre Medienkampagne” bezeichnet, die nur der MAD stoppen könne.”

Ob dies ein Einzelfall ist bleibt fragwürdig. Anscheinend sind Bewegungen in dieser Richtung jedoch kein Ding der Unmöglichkeit. Der Fall bleibt brisant.

Verteiler: Neopresse

Empfohlene Artikel
- Advertisment -
Translate »