Freitag, April 26, 2024
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Droht direkte militärische Konfrontation zwischen Russland und dem Westen?

Vor den Folgen der blockierten Kommunikationskanäle zwischen Russland und den USA hat der Moskauer Politologe Andrej Kortunow in einem Zeitungsinterview gewarnt. Er lobt zugleich die flexible Haltung Österreichs gegenüber Russland. Aus seiner Sicht ist eine Lösung des Konfliktes in der Ostukraine möglich – wie einst in Südtirol.

Die Gefahr einer direkten militärischen Konfrontation zwischen Russland und dem Westen hat sich laut dem Moskauer Politikanalytiker Andrej Kortunow massiv erhöht. Kortunow äußerte sich dazu in einem am Mittwoch von der „Wiener Zeitung“ veröffentlichten Interview. Er verwies dabei auf die zurückgefahrene Kommunikation zwischen beiden Seiten in den letzten Jahren. Das hatte er zuvor bereits in einem Beitrag im konservativen US-Politmagazin „National Interest“ gesagt.

Kortunow ist Direktor des 2010 per Erlass des damaligen Präsidenten Dmitri Medwedew gegründeten „Russischen Rates für Internationale Angelegenheiten“ („Russian International Affairs Council“ – RIAC). Er weilte zu einer Veranstaltung von „Europäisches Forum Alpbach“ in Österreich.

Fehlende Kommunikation

Im Interview begründete der Politologe seine Sorge mit der Tatsache, „dass derzeit die Kommunikationskanäle zwischen Russland und den USA auf unterschiedlichen Ebenen blockiert oder eingefroren sind.“ Solche Kanäle gab es einst selbst zwischen KPdSU-Generalsekretär Nikita Chruschtschow und US-Präsident John F. Kennedy oder zwischen KPdSU-Generalsekretär Leonid Breschnew und Bundeskanzler Willy Brandt.

Kortunow weiter: „Wir sehen kaum Kommunikation auf militärischer, geheimdienstlicher oder diplomatischer Ebene. Beide Länder reduzieren außerdem ihre Botschaften. Das Problem dabei ist: Je weniger Kommunikationswege, desto größer ist das Risiko, vor allem auf militärischer Ebene, aufgrund von Fehlinterpretationen Fehler zu begehen. Dadurch erhöht sich die Gefahr für eine direkte militärische Konfrontation massiv.“

Auch der Bereich der Rüstungskontrolle und der Abrüstung erodiere sehr schnell, bedauerte er. Den Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme (INF-Vertrag) sehe er „als außer Kraft gesetzt“. Notwendig wäre zudem eine Verlängerung des Vertrages zur Verringerung strategischer Waffen. „Ohne diese Verträge ist die Gefahr für militärische Konfrontation erhöht“, hob Kortunow hervor. „Ich möchte mich nicht apokalyptisch anhören, selbstverständlich ist das hier nicht das Ende der Welt. Aber die Risiken werden ständig höher.“

Mögliche Kooperation

Der regierungsnahe Politikwissenschaftler bezeichnete die Europäische Union (EU) als „für Russland sehr wichtig“. Sie sei ein wichtiger Handelspartner und eine „sehr wichtige Investitionsquelle“. Zudem ist aus seiner Sicht eine Kooperation beider Seiten in den Bereichen Cyber-Sicherheit, Migration oder Terrorismusbekämpfung möglich. Das wiederum könne „eine sehr gute Basis für einen funktionierenden Dialog“ zwischen Brüssel und Moskau sein.

Laut Kortunow wird Österreich in Russland von der Regierung wie auch von der Bevölkerung „generell als freundschaftlich eingestellt“ eingeschätzt. Zwar halte sich Österreich als EU-Mitglied an bestimmte „rote Linien“ der EU und unterstützte deren antirussische Sanktionen. Aber es sei zugleich kein Nato-Mitglied und habe „im Vergleich zu anderen EU-Ländern eine weniger kritische Haltung in Bezug auf Russland“.

Für den Politologen zählt Österreich zu der Gruppe innerhalb der EU, „die einfach eine Lösung mit Russland finden möchte, selbst wenn sie dadurch einen Kompromiss eingehen müssen, der vielleicht nicht perfekt ist“. Die andere Gruppe wolle dagegen Russlands Präsident Wladimir Putin um jeden Preis bestrafen.

Machbare Lösung

Angesprochen auf den Konflikt in der Ostukraine erklärte der RIAC-Direktor, dieser habe mehrere Ebenen – wie eine russische Matrjoschka-Puppe. Dazu gehöre neben der innerstaatlichen Ebene die russisch-ukrainische Dimension: „Russland ist definitiv in diesen Konflikt involviert und hat auch die Druckmittel zur Verfügung, Einfluss auf den Konflikt auszuüben. Die sogenannten Republiken Donezk und Lugansk sind vielleicht nicht gerade Marionetten, sie können aber ohne die Unterstützung Moskaus nicht überleben.“Die nächste Ebene sei die der Beziehungen zwischen Russland und dem Westen. Kortunow rät, sich dabei auf „machbare Dinge“ zu konzentrieren. Dazu zählt er die unter anderem von Moskau vorgeschlagene Peacekeeping-Mission im Donbass.

Historisches Beispiel

„Selbst wenn derzeit die Positionen Moskaus und Kiews noch auseinandergehen, so glaube ich, dass diese Differenzen nicht unüberwindbar sind.“ Zwar stünden die ukrainischen Präsidentschaftswahlen 2019 dem noch im Wege, so der Politologe. „Dadurch wird es naturgemäß weniger Möglichkeiten für Kompromisse oder Zugeständnisse von ukrainischer Seite geben. Nach den Wahlen wird das sicher leichter.“

Kortunow erinnerte im Interview an das Beispiel Südtirol, das bis in die 1960er Jahre eine Konfliktregion samt bewaffneten Anschlägen war. Italien und Österreich hätten sich aber dennoch geeinigt. „Das zeigt, dass man, wenn es ausreichend politischen Willen sowie Einsatz von allen Seiten gibt, alle Probleme lösen kann“, hob der RIAC-Direktor hervor.

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