Freitag, April 26, 2024
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Erpressung und Misshandlung von Flüchtlingen in Serbien

Serbien ist offenbar überfordert mit der hohen Zahl an Flüchtlingen, die ins Land kommen. Im Bild: ein serbischer Grenzpolizist nahe Presevo.

Gewalt durch die Exekutive ist auf dem Balkan manchmal auch ethnisch motiviert

Er hat es dreimal probiert. Dreimal hat die serbische Polizei den 35-jährigen Afghanen Adnan S. zurück nach Mazedonien gebracht. Der Mann hat keine Chance, in Serbien einen Asylantrag zu stellen. Er erzählte der NGO Human Rights Watch (HRW) von seinen Erlebnissen, als er mit einer Gruppe von 65 Leuten nachFehler, Gruppe existiert nicht! Überprüfen Sie Ihre Syntax! (ID: 3) Serbien kam: "Wir haben uns der Polizei vorgestellt, aber die haben nur neun Personen Papiere gegeben. Den Rest von uns haben sie nach Mazedonien zurückgebracht." Die serbische Polizei habe nur gesagt:

"Das ist Mazedonien, geh, geh!"

Die Polizei habe zudem Flüchtlinge geschlagen, während sie Fingerabdrücke abnahm. "Während unserer dritten Abschiebung haben sie mehr als 24 Leute in einen Lieferwagen gezwungen, und die Polizei hat zwei Männer geschlagen, damit sie hineinpassten." HRW befragte insgesamt 81 Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan. Laut deren Angaben, wurden 20 von ihnen, darunter sieben Kinder, von Polizisten erpresst und misshandelt. Die Beamten zwangen sie etwa, ihnen ihr Geld und die Handys zu übergeben. Manche von ihnen wurden geschlagen oder getreten. Nur die wenigsten bekamen ein ordentliches Verfahren. Emina Ćerimović von HRW fordert, dass die Regierung die Polizeigewalt stoppt und Ermittlungen gegen die Beamte einleitet. "Jede Person, die einen Asylantrag stellen möchte, soll die Möglichkeit bekommen, sich registrieren zu lassen und ihren Fall vorzustellen", sagt Ćerimović.

Repressiver Geist

Polizeigewalt ist auf dem Balkan manchmal auch ethnisch motivierte Gewalt. 2012 wurde ein Fall von fünf Kosovo-Serben bekannt, die in Polizeigewahrsam in Prishtina – offensichtlich von Kosovo-Albanern – geschlagen wurden. Insbesondere Roma berichten häufig von Polizei-Misshandlungen. Die Polizeigewalt in Serbien hat wohl auch mit den kaum reformierten Sicherheitsapparaten zu tun, in denen der repressive Geist oft noch durchschimmert. Manche Polizeibeamte fallen auch durch merkwürdige ideologische Haltungen auf. So forderte Radomir Počuča, der Sprecher der Anti-Terror-Einheit des serbischen Innenministeriums, vergangenes Jahr Fußballrowdys zu Gewalt gegen die NGO "Frauen in Schwarz" auf.

Die Frauen, die seit Jahrzehnten äußerst mutig auf Menschenrechtsverletzungen hinweisen, hielten im März 2014 eine Gedenkveranstaltung für zivile Opfer im Kosovo ab. Počuča postete damals auf Facebook: "Ich glaube, das darf nicht stattfinden, bei allem Respekt, meine Herren Hooligans, ihr harten Männer, Totengräber, Arbeiter, die Firma (so heißen Unterstützer von Fußballvereinen), statt dass ihr eure Fäuste in gegenseitigen Schlägereien verschwendet und als große Patrioten, die ihr seid, gebt sie jenen mit vereinten Kräften, die Prügel verdient haben." Počuča wurde übrigens kürzlich in der Ukraine festgenommen, wo er als Freischärler für die russische Seite kämpft.

Die Wahrheit für Vedran

In Bosnien-Herzegowina ist nach wie vor der Tod von Vedran Puljić ein Riesenthema. An vielen Straßenecken und auf Mauern ist die Forderung "Wahrheit für Vedran!" zu lesen. Das Gesicht des Mannes kennt fast jeder von den Graffitis. Puljić wurde 2009 bei einem Fußballspiel zwischen einem Klub aus Široki Brijeg und dem FC Sarajevo erschossen. Acht Polizisten, die dem Täter zur Flucht verholfen haben sollen, wurden festgenommen. Der tödliche Schuss stammte aus einer Polizeipistole.

Immer wieder werden auch Fälle auf dem Balkan bekannt, wo sich Polizisten in der Nacht als Security-Leute in Nachtclubs und Bars etwas dazu Verdienen und manche von ihnen – offiziell nicht im Dienst – dann gewalttätig werden. Der Hintergrund: Viele Clubs und Bars suchen nach Polizisten, die "vorbeischauen", weil sie dadurch eigentlich die Sicherheit erhöhen wollen. In Bosnien-Herzegowina kam es auch im Zuge der Demonstrationen im Vorjahr zu gewaltsamen Übergriffen der Polizei. 19 Fälle sind dokumentiert.

In Mazedonien wurde 2011 ein junger Mann von einem Polizeioffizier so sehr geschlagen, dass er verstarb.

Schlepperhafen Subotica

Im aktuellen Fall in Serbien ist die Verwaltung offenbar mit den Flüchtlingen überfordert. Viele syrische und afghanische Flüchtlinge kommen über Griechenland nach Mazedonien und wollen dann weiter über Serbien in die EU, die meisten über Subotica an der ungarischen Grenze. Subotica gilt seit Monaten als Schlepperhafen. Manche Flüchtlinge haben dort nicht einmal ein Dach über dem Kopf und müssen im Freien schlafen. Ein weiteres großes Flüchtlingslager befindet sich in Sjenica in Südserbien.

Serbien versucht mit den Abschiebeaktionen die Flüchtlinge vom Land fernzuhalten. Das hat nicht nur, aber wohl auch mit Druck aus manchen EU-Ländern zu tun, die vor allem den Menschenschmuggel in die EU über die ungarische Grenze in den vergangenen Monaten heftig kritisierten. Andererseits ist Serbien ein sehr armer Staat, die Flüchtlingsbetreuung ist auch eine Frage des Geldes.

2014 haben sich laut Amnesty International 13.000 Migranten und Flüchtlinge, darunter 8.000 Syrer, in Serbien registrieren lassen, um um Asyl anzusuchen. Nur fünf Asylwerber haben auch Asyl bekommen. Serbien ist selbst ein Staat, aus dem viele Menschen auswandern wollen – aus ökonomischen Gründen. Insbesondere Roma versuchen in den Wintermonaten einige Zeit in der EU zu verbringen. 2014 haben 20.000 Personen mit serbischer Staatsbürgerschaft in der EU um Asyl angesucht.

EU fordert mehr Schutz

Geht es um die Untersuchung von Polizeiübergriffen, so mauern die Behörden oft. Polizisten decken sich untereinander. HRW machte die Erfahrung, dass das Innenministerium auf einen Brief, im dem die Erfahrungen der Flüchtlinge beschrieben wurden, nicht einmal antwortete. Die EU forderte in ihrem letzten Fortschrittsbericht zu Serbien, dass die Gesetzgebung über die Anhaltung in Polizeigewahrsam und Prävention von Folter verbessert werden müsse. Zudem müsse das Asylamt, das bisher nur als Ad-hoc-Behörde unter der Grenzpolizeidirektion agiert, umgebaut werden. Die Opfer von Menschenhandel sollten mehr unterstützt werden, fordert der EU-Bericht.

(Adelheid Wölfl, derStandard.at, 15.4.2015)

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