Samstag, April 27, 2024
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Folgen 40.000 nur „Lügenpropaganda“? – Großdemo gegen Polizeigesetz in Bayern

Nach der Großdemonstration am Donnerstag in München gegen die geplanten Neuerungen im Polizeiaufgabengesetz spricht der bayrische Innenminister von „Lügenpropaganda“. Die Veranstalter der Proteste nennen eine Teilnehmerzahl von über 40.000 Menschen.

Über 30.000 Menschen haben nach Angaben der Polizei am Donnerstag in München gegen die geplante Neufassung des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes demonstriert. Mehr als 40.000 Teilnehmende haben die Veranstalter gezählt. „Wir demonstrieren laut, aber friedlich“, betonte Simon Strohmenger gegenüber Sputnik. Er ist Pressesprecher vom Bündnis „NoPAG — Nein! Zum neuen Polizeiaufgabengesetz“. Dem Bündnis gehören zahlreiche Organisationen und Parteien an.

Im vergangenen Sommer hat die CSU mit einer absoluten Mehrheit im Landtag das neue Polizeiaufgabengesetz (PAG) beschlossen. Die Befugnisse der Polizei sollen damit stark ausgeweitet werden.

Innenminister: „Desinformationskampagne“
Angesichts der heftigen Kritik hatte die CSU-Fraktion Ende April einige umstrittene Erneuerungen im Gesetz entschärft. So soll z.B. die intelligente Videoüberwachung nun keine Gesichtserkennung mehr beinhalten.

Nach dem Münchner Protestmarsch gegen das neue PAG will nun Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) den Bürgern erklären, „was wirklich in dem Gesetz steht und was blanker Unfug ist“. Das kündigte der CSU-Politiker am Freitag gegenüber dem Bayerischen Rundfunk an. Er sei „überrascht, dass die zum Teil Lügenpropaganda der letzten Wochen wohl auch manch unbedarfte Menschen in die Irre geführt hat“.

Herrmann bemängelte bereits im April eine Desinformationskampagne gegen das Polizeigesetz. Aus seiner Sicht werden die Freiheitsrechte nicht eingeschränkt.  Der Einsatz von verdeckten Ermittlern sei bisher schon möglich gewesen und werde „im aktuellen Gesetzentwurf eingeschränkt und nicht ausgeweitet“, so Herrmann.

Gegen „präventive Unendlichkeitshaft“
Es sei richtig, dass es schon vorher möglich wäre, bestätigte Strohmenger. Das Bündnis gegen das PAG störe vor allem, was bereits 2017 beingeführt worden sei: „Die Kategorie der ‚drohenden Gefahr‘ als neue präventive Eingriffsschwelle, noch deutlich vor der konkreten Gefahr oder die Einführung der präventiven Unendlichkeitshaft, die in Dreimonatszyklen durch zuständige Richter verlängert werden kann.“

Vor dem Hintergrund der sogenannten „drohenden Gefahr“, die im PAG verankert ist, sei nun der Einsatz viel früher möglich, kritisiert der Pressesprecher. Dies soll dazu führen, dass die Polizei früher präventiv tätig werden und etwa Computer oder Telefone überwachen kann.

Linke: „Keine drohende Terrorgefahr“
Der Landesvorsitzende der Linken in Bayern, Ates Gürpinar, sagte im Sputnik-Interview, mit dem Gesetz würden Ängste geschürt und Panikmache betrieben, ohne dass es notwendig wäre. „Es gibt keine drohende Terrorgefahr. Diese Verbindung von Ausgrenzung und Angstmacherei halten wir für fatal. So ein Gesetz macht überhaupt keinen Sinn und ist gefährlich.“

Das Gesetz soll als „Blaupause“ für andere Länder herangezogen werden, machte Gürpinar deutlich: „Aus einer Anfrage der Linksfraktion an den Bundestag, geht explizit hervor, dass dieses Gesetz auch für die Bundesebene und für andere Länder vorgeschlagen werden soll.“

Am Dienstag wird im bayrischen Landtag über das Gesetz in einer zweiten Lesung beraten. Mehrere Mitglieder des breiten „NoPAG“-Bündnisses kündigten bei einer Pressekonferenz in München ihre Bereitschaft zu Verfassungsklagen an.

Interview mit Simon Strohmenger (NoPAG)

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