Freitag, April 26, 2024
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Gerichtshof in Den Haag entscheidet über Poroschenkos Schicksal

Der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag wird morgen seine erste Entscheidung bezüglich der Klage der Ukraine gegen Russland verkünden, schreibt die „Nesawissimaja Gaseta“ am Dienstag.

Dabei wird es sich allerdings nicht um Kiews Anschuldigungen an sich handeln, sondern um seinen Antrag, Russland zu verpflichten, die provisorischen Maßnahmen zu erfüllen, bevor die endgültige Entscheidung getroffen wird.

Kiew macht Moskau für die Ereignisse auf der Krim und im Osten der Ukraine verantwortlich, wobei die Russen angeblich zwei UN-Konventionen verletzt hätten: über Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus und über Liquidierung aller Formen der Rassendiskriminierung.

Die Ukrainer drohten sogar, sie würden sich auch an den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) wenden, der ebenfalls in Den Haag sitzt. Aber erstens gilt das Römische Statut, in dessen Übereinstimmung dieser Gerichtshof gegründet wurde, weder für die Ukraine noch für Russland. Und zweitens wurde die angebliche „russische Aggression“ auf der Krim und im Donezbecken, von der Kiew ständig redet, von der Weltgemeinschaft nicht als solche anerkannt. Zudem gelten die Gefechte in der Ostukraine als „Anti-Terror-Operation“. Und schließlich gibt es den Minsker Friedensprozess, in dessen Rahmen etliche Abkommen unterzeichnet wurden, in denen Russland nicht einmal erwähnt ist.In dieser Situation will Kiew beweisen, dass Russland in die Ereignisse in der Ostukraine involviert ist. Moskaus Position stützt sich darauf, dass die Vereinigung der Krim mit Russland im Frühjahr 2014 ohne seine Einmischung erfolgte, nachdem die Einwohner der Halbinsel dafür auf einem Referendum gestimmt hatten. Und die Ereignisse im Donezbecken bezeichnet Moskau als einen inneren Konflikt der Ukraine. Der Sprecher des russischen Präsidenten, Dmitri Peskow, sagte Journalisten zu Beginn der Gerichtsverhandlungen in Den Haag: „Russland war nie Teilnehmer der Kriegshandlungen im Südosten der Ukraine. Kiew muss besser wissen, woher die Kämpfer in der Donbass-Region Waffen bekommen und wo diese Waffen vor diesem Bürgerkrieg eigentlich gelagert wurden.“

Der Experte des Ukrainischen Instituts für politische Analysen und Management, Wladimir Wolja, stellte fest, dass vom UN-Gericht im Grunde die Einschätzung der Ereignisse im Osten des Landes abhänge. „Dabei wird entschieden, was weiterhin gelten wird: das Kriegsrecht oder das für die (…) Friedenszeit typische Recht. Um zu verstehen, welches Recht die Priorität hat, muss gesagt werden, ob das ein Krieg oder kein Krieg ist.“ Diese Entscheidung ist dem UN-Gericht vorbehalten, und von ihm hängt ab, ob die Behauptungen der ukrainischen Seite, Russland wäre ein „Aggressor“, gelten oder nicht.Die gerichtlichen Auseinandersetzungen könnten nach Einschätzung vieler Diplomaten mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Die Gerichtsverhandlungen haben noch nicht begonnen, aber Anfang März fand in Den Haag eine Anhörung statt, in der Kiews Antrag bezüglich der Maßnahmen zwecks Gewährleistung der Klage besprochen wurde. Das ukrainische Außenministerium teilte mit, dass die Ukraine das Gericht aufrufe, „die Russische Föderation zu verpflichten, die Verletzungen des Völkerrechts zu stoppen“. Unter anderem geht es um die Gewährleistung einer effizienten Grenzkontrolle, die Einstellung von Waffenlieferungen und der Unterstützung von illegalen bewaffneten Formationen. Noch sollte Russland Kiew zufolge mit der ethnischen Diskriminierung der Einwohner „der okkupierten Krim“ aufhören.

Vier Tage lang bemühte sich die ukrainische Seite darum, das UN-Gericht zu überzeugen, dass Russland mit der Situation auf der Krim und in der Donbass-Region verbunden ist, so dass es gezwungen werden sollte, sein „illegales Vorgehen“ zu stoppen. Die russische Seite bewies ihre Unschuld an den Ereignissen auf der Halbinsel und in der Ostukraine, so dass die Forderungen Kiews nicht erfüllt werden können.Unter anderem behaupteten die Ukrainer in Den Haag, Russland würde die selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk mit Waffen versorgen. Das Mitglied der russischen Delegation, Ilja Rogatschow, erläuterte jedoch: „Die (…) Waffen, die in die Hände des Volksheeres gerieten, waren auf dem Territorium der Ukraine seit den Sowjetzeiten gelagert worden. Der größte Teil dieser Waffen wurde in den Kohlegruben im Donezbecken gelassen.“ Einen großen Teil dieser Waffen haben auch ukrainische Soldaten gelassen, als sie aus dem Osten des Landes geflüchtet seien, so der russische Unterhändler.

Beide Seiten warfen sich gegenseitig Lügen, Manipulationen und Entstellung von Fakten vor. Dabei wurden sogar die Ereignisse noch vor dem Ukraine-Konflikt erwähnt. Die ukrainische Delegation behauptete, die Gründe für die „russische Aggression“ seien der Sieg des „Maidans“ und die Flucht des gestürzten Präsidenten Viktor Janukowitsch gewesen: Russland hätte auf das Gewaltszenario zurückgegriffen, um die Ukraine zum Verbleib in seinem Einflussraum zu zwingen und ihre EU- und Nato-Integration zu verhindern. Der Machtsturz 2014 wurde dabei als Folge des Volksaufstandes gegen die Willkür des korrupten Janukowitsch-Teams bezeichnet.Die russische Delegation unterstrich ihrerseits, der Volksentscheid auf der Krim und der Donbass-Konflikt lassen sich auf „den blutigen Umsturz“ in Kiew zurückführen. Der Direktor der Rechtsabteilung im russischen Außenministerium, Roman Kolodkin, sagte dazu: Die Probleme, die am Ende zu Janukowitschs Sturz geführt haben, seien künstlich ausgelöst worden. „Das reale Problem wurde von der ukrainischen Opposition geschaffen, die die Frage formulierte: entweder Kooperation mit Russland oder Kooperation mit der EU“, so Kolodkin. Die späteren Ereignisse und die entstandene Gefahr für die russischsprachige Bevölkerung haben am Ende zum Bürgerkrieg im Osten der Ukraine geführt, stellte er fest.

Beitragsbild: © Sputnik/ Mikhail Palinchak

Quelle: Sputnik Deutchland

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