Freitag, April 26, 2024
StartPolitikEUIn Deutschland kann kein jüdisches Leben wieder entstehen – Shimon Nebrat

In Deutschland kann kein jüdisches Leben wieder entstehen – Shimon Nebrat

Die meisten in Deutschland lebenden Juden sind Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion. Viele von ihnen, insbesondere große Familien mit Kindern, müssen heute zunehmend über Auswanderung nachdenken. Denn die Bundesrepublik wird immer antisemitischer. Ein Gastbeitrag von Shimon Nebrat von der Gesetzestreuen Jüdischen Landesgemeinde Brandenburg.

Im Jahr 1990 gab es in Deutschland nach verschiedenen Angaben zwischen 5000 und 15.000 Personen, die sich zum Judentum bekannten. Durch die Zuwanderung aus der ehemaligen Sowjetunion in den Jahren 1990 bis 2004 ist die Anzahl der Juden auf bis zu 100.000 Personen gestiegen. Seit 2005 kommen jedoch fast keine Juden mehr. Das liegt daran, dass die Bundesrepublik immer antisemitischer wird.

Der deutsche Staat ermöglicht Antisemiten, zur Tat zu schreiten

In den letzten Jahren kann man in Bezug auf den deutlich merklicher gewordenen Antisemitismus in Deutschland und in Europa öfter hören: „Der alte Geist kommt wieder auf“. Und anscheinend ist dieser Geist nie untergegangen.

Die deutsche Gesellschaft ist heute nicht mehr, aber auch nicht weniger antisemitisch, als sie schon vor dem Holocaust war. Dass die chaotische, massenhafte muslimische Zuwanderung zu einer weiteren Verschlimmerung des Alltagsantisemitismus in Deutschland geführt hat und auch weiterhin führen wird, steht außer Frage und ist offensichtlich. Von viel größerem Ausmaß ist der Aufmarsch des rechts- und linksextremen Antisemitismus. Verschlimmert hat sich die Lage der Juden in Deutschland in den letzten Jahren aber wesentlich dadurch, dass der deutsche Staat es den Antisemiten möglich gemacht hat, ihre kontinuierlich vorhandene Judenfeindlichkeit in Taten umzusetzen.

Tafel von der neuen Synagoge in Berlin
© Foto:
Tafel von der neuen Synagoge in Berlin

Jede Regierung hat alle nötigen Mittel zur Hand

Antisemitismus stellt für Juden und für die ganze Gesellschaft erst dann eine ernsthafte Gefahr dar, wenn er Teil der Staatspolitik ist. Daher ist jetzt die Angst bei vielen Juden in Deutschland groß, denn sie könnten klar erkennen, dass die Assimilations- und Vertreibungspolitik, die alle europäischen Juden bereits seit Jahren erleben, jetzt auch von der deutschen Politik und von den Machthabenden aktiv betrieben wird.

Juden aus Schweden oder Frankreich etwa werden nicht von Christen, Arabern, Muslimen, Rechts- oder Linksextremisten vertrieben, sondern von den jeweiligen Regierungen. Jede Regierung hat alle notwendigen Instrumente, wie Polizei, Geheimdienste, Bildungs- und Erziehungsinstitutionen, staatliche Medien und Propagandamaschinerie und so weiter, in der Hand, um jede Bevölkerungsgruppe vor jeder Art der Benachteiligung und Diskriminierung, geschweige denn Vertreibung, zu schützen.

Tafel von der neuen Synagoge in Berlin
© Foto:
Tafel von der neuen Synagoge in Berlin

Das Tabu ist der staatliche Antisemitismus

Über staatlichen Antisemitismus darf man in diesem Nachkriegsdeutschland nicht reden. Den habe es nur im nationalsozialistischen Deutschland bis zum Mai 1945 gegeben. Heute wird das öffentliche Verständnis vermittelt: Solange keine Konzentrationslager und keine Gaskammern mehr für Juden errichtet und keine Gesetze gegen Juden erlassen werden, gibt es hier auch keinen staatlichen Antisemitismus.Es ist aber nicht zu übersehen, dass viele deutsche Medien gegenwärtig den wachsenden Antisemitismus in allen Schichten der Gesellschaft zwar einstimmig beklagen und die zahlreichen antisemitischen Angriffe und sich kontinuierlich häufenden kriminellen Taten gegen Juden immer wieder aufzählen, jedoch nicht über die Rolle und die Verantwortung des Staates für diese Entwicklung reden wollen.

Das Ziel: dieses Land frei vom Judentum zu machen

Dass Juden in Deutschland heute wieder in Gefahr sind, ihre Zugehörigkeit zum Judentum verstecken müssen und sich zur Ausreise gezwungen sehen, zeigt, dass sich der staatliche Antisemitismus in Deutschland vollständig erholt hat und in seinem neuen, ausgeklügelten und demokratieangepassten Gewand das Ziel verfolgt: dieses Land frei vom Judentum zu machen.

Im Alltag wird ein staatlich zugebilligter und mitunter staatlich geführter Vertreibungs- und Assimilationszwang auf Juden ausgeübt.

Jeder deutsche Politiker betont immer wieder, wie wichtig für ihn das Existenzrecht des Staates Israel ist und suggeriert damit, dass die Frage nach diesem Existenzrecht sehr wohl legitim sei – über das Existenzrecht eines antisemitischen Deutschlands im Hinblick auf die ernstzunehmende Rückfallgefahr wollen die Politiker nicht reden. Gleichzeitig unterstützt Deutschland sehr aktiv – direkt oder indirekt – Bestrebungen von israelfeindlichen Regimen und Terrorgruppen wie Hamas und Fatah.

Antisemitismus-Beauftragte des Bundes: Eine lächerliche politische Show

Mit der Entscheidung, einen Antisemitismus-Beauftragten einzusetzen, zieht die deutsche Politik eine lächerliche politische Show ab. Anstatt längst überfällige Gesetze zu verabschieden, die es ermöglichen würden, die in der BRD antisemitisch handelnden Staatsbediensteten, Vereinigungen, Stiftungen, Religionsgemeinschaften, staatlichen und privaten Institutionen, Unternehmen sowie Privatpersonen für ihre antisemitischen Handlungen strafrechtlich zu verfolgen und zu verurteilen, schafft die Politik eine weitere machtlose Bundesbehörde.

In Frankreich gibt es bereits seit 2014 einen Antisemitismus-Beauftragten. Der Antisemitismus in Frankreich hat seitdem deutlich zugenommen, und die französischen Juden werden weiter aus dem Land vertrieben.

Brandenburg gegen Gleichbehandlung von Juden und Christen

Einige Beispiele für die Diskriminierung von Juden bietet das Land Brandenburg. Demnach hat der erste brandenburgische Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) für „die lieben jüdischen Zuwanderer“ im Jahr 1993 als Begrüßungsgeschenk eine Trauerhalle auf dem jüdischen Friedhof in Potsdam renovieren lassen. Dort sollte aus seiner Sicht das jüdische Leben beginnen. Die Errichtung einer für das jüdische Leben notwendigen jüdischen Schule und eines jüdischen Kindergartens hat die Landesregierung jedoch abgelehnt.

Nach einer jahrelangen Auseinandersetzung über die Verpflichtungen des Bundeslandes, das vernichtete orthodox-jüdische Leben wiederaufzubauen und die wiedergegründete jüdische Religionsgemeinschaft mit den beiden christlichen Kirchen gleich zu behandeln, lehnte das zuständige Kultusministerium im Jahr 2000 die beantragte Förderung ab. Es hat fünf Jahre gedauert, bis das Oberverwaltungsgericht Brandenburg diese Entscheidung im Jahr 2005 für diskriminierend und rechtswidrig erklärte.

Daraufhin hat die zuständige Kultusministerin 2005 ein Landesgesetz vorbereitet und vom Parlament verabschieden lassen, mit dem der Wiederaufbau des vernichteten jüdischen Lebens durch den wiedergegründeten Funktionsnachfolger des vernichteten „Preußischen Landesverbandes Gesetzestreuer Synagogengemeinden KdöR“ unmöglich gemacht wurde. Weitere vier Jahre hat es gedauert, bis das Bundesverfassungsgericht im Mai 2009 diese Regelung für verfassungswidrig und nichtig erklärt und das Land zur paritätischen Förderung der Beschwerdeführerin verpflichtet hat.

Die meisten jüdischen Familien wandern wieder aus

Während die gerichtlichen Auseinandersetzungen andauern, sehen sich viele jüdische Familien, insbesondere mit Kindern, gezwungen, das Land wieder zu verlassen. Das Ziel, die jüdischen Familien zu vertreiben, hat die Landespolitik damit erreicht. Von den 8500 aufgenommenen jüdischen Zuwanderern sind noch etwa 1300 verblieben.

Wurden die Verantwortlichen für das diskriminierende Landesgesetz gegen Juden und für die Vertreibung der eingewanderten jüdischen Familien bestraft? Ganz in Gegenteil! Der zuständige Justiziar ist für seine hervorragenden diskriminierenden antisemitischen Handlungen zum Kirchenreferatsleiter des Kultusministeriums befördert worden. Und die für das verfassungswidrige Landesgesetz verantwortliche Landeskultusministerin wurde Bundesministerin für Bildung und Forschung befördert.

Bund und Länder fördern militaristischen Hohenzollerntempel

Inzwischen setzt sich die Landespolitik sehr aktiv für einen Wiederaufbau ein, der für das Land politisch offensichtlich viel wichtiger als der Wiederaufbau des vernichteten jüdischen Lebens ist – nämlich für die Garnisonkirche. Dafür stellt auch die Bundesregierung 12 Millionen Euro Steuergelder zur Verfügung.In dieser Kirche wurde Hitler zum Reichskanzler getauft. Holocaustmuseen in der ganzen Welt zeigen Bilder von Hitler und Hindenburg vor der Garnisonkirche, die die Menschheit an den „Tag von Potsdam“ erinnert.

International wird die Garnisonkirche oft als Geburtsstätte des Dritten Reiches angesehen. Warum setzt sich die Politik für den Wiederaufbau dieser – selbst in der evangelischen Kirche stark umstrittenen – Kirche ein? Eine richtige Antwort des Landes Brandenburg an Hitler und Goebbels und ihre heutigen Anhänger, von denen es leider immer noch zu viele in diesem Land gibt, wäre gewesen, an dieser Stelle einen jüdischen Kindergarten oder eine jüdische Schule aufzubauen! Die Politik hat sich anders entschieden.

Zentralrat der Juden: für politische Zwecke der Regierung missbraucht?

Die Lage der jüdischen Zuwanderer unterscheidet sich von einem Bundesland zum anderen nicht wesentlich. Nur einige Städte in den alten Bundesländern stellen eine minimale Infrastruktur für jüdisches Leben bereit.

Mit einer von den jeweiligen Landesregierungen aufgrund der Gleichbehandlung mit den Kirchen zu zahlenden staatlichen Förderung können nur die jüdischen Landesverbände rechnen, die im „Zentralrat der Juden in Deutschland“ organisiert sind. Diese Förderung reicht für den Wiederaufbau der notwendigen jüdischen Bildungseinrichtungen nicht aus und wird zum Großteil für die Gehälter der Gemeindeführung verwendet.

Es steht zu befürchten, dass dieser Zentralrat als Zweckgemeinschaft fungiert, die ausschließlich für politische Zwecke der deutschen Regierung benötigt und missbraucht wird. Man nennt sie auch Juden auf Abruf. Sie soll bei bestimmten politischen Veranstaltungen der Machthabenden erscheinen und die deutsche Regierung für ihre große Liebe zu den Juden loben und auszeichnen.

Das bloße Vorhandensein von jüdischen Einrichtungen ist keine Sicherung des jüdischen Lebens. In vielen französischen Städten haben die dort ansässigen Juden aus eigenen Mitteln eine vollständige jüdische Infrastruktur aufgebaut und jahrelang gepflegt. Nun erhalten die Juden in Frankreich keinen wirksamen Schutz vom Staat gegen antisemitische Handlungen und müssten deswegen das Land verlassen. Die Juden in Deutschland erwartet dasselbe Schicksal.

Quelle!

Empfohlene Artikel
- Advertisment -
Translate »