Freitag, April 26, 2024
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Macrons EU-Rede: Falsche Visionen zum falschen Zeitpunkt?

Emmanuel Macron hat am Dienstag seine Vision für Europa von morgen vorgestellt. Für den Autor und Europa-Experten Andreas Wehr kommen die Vorschläge zum falschen Zeitpunkt. Er glaubt nicht, dass der französische Präsident damit viel erreichen wird.

Als „zu langsam, zu schwach, zu ineffizient“, bezeichnete der französische Präsident Emmanuel Macron die Europäische Union (EU) in seiner Grundsatzrede in der Pariser Universität Sorbonne. So würde auch Wehr den Zustand der EU bezeichnen. Der Buchautor („Der kurze griechische Frühling“) sieht große Probleme in der EU, fragt sich aber, ob die Lösungsansätze von Macron die richtigen sind:

„Wir haben die Situation in der Asylfrage. Einige Länder steuern einen ganz anderen Kurs als die EU, etwa die sogenannten Visegrád-Staaten: Polen, Ungarn, Tschechische Republik und die Slowakei. Wir haben die nichtausgestandene Krise um Griechenland und den Brexit. Es gibt viele Probleme, und da stellt sich die Frage, ob so ein Vorschlag von Macron, mit weitreichenden Veränderungen der Institutionen der Eurozone, im richtigen Augenblick kommt.“

Die zentralen Aussagen von Macron in der Wirtschafts- und Finanzpolitik seien zurückgewiesen worden, erklärt Wehr, auch die CDU halte sich da sehr zurück. Um dem französischen Präsidenten aber etwas entgegen zu kommen würde man aber sagen, im Asylbereich, in der Sicherung der Außengrenzen und in dem Bereich der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik könne man ihm entgegen kommen.

Wehr könnte sich vorstellen, dass man zwar im Kern seiner Vorstellung der Integrationspolitik nicht folgen werde, aber in diesen Bereichen ein bisschen nachgeben werde oder auf einen gemeinsamen Nenner kommen könne. Sogar die FDP, die immer als großer Bremser in der möglichen zukünftigen Koalition dargestellt werde,  sei durchaus ein Befürworter eines gemeinsamen Vorgehens in der Außen- und Sicherheitspolitik und einer gemeinsamen Armee. Auch in der CDU könnte es eine gewisse Akzeptanz dafür geben.

​Die Forderungen Macrons nach einer Stärkung und Vergrößerung der Eurozone müsse man zwar ernst nehmen. Dieser Vorschlag sei in Berlin allerdings auf Skepsis gestoßen. Wehr kommentiert:

„Die Überlegung, Polen, Ungarn oder sogar Rumänien in den Euroraum aufzunehmen, wurde von vielen sehr kritisch gesehen. Man befürchtete, da wird man Länder herein holen, die ähnlich schwach sind, wie jetzt auch Griechenland oder Portugal. Da wird man nicht mitgehen. Auch nicht bei einem eigenen Budget für die Eurozone. Das wäre ja gewissermaßen eine Umverteilung, die von den stärkeren Staaten mitgetragen werden müsste. Ich glaube nicht, dass das akzeptiert wird.“

Macron sei zwar Visionär, aber er komme mit seinen Vorstellungen zum falschen Zeitpunkt, schlussfolgert Wehr. Die EU habe eine Menge andere Probleme und müsse diese erst einmal lösen. 2019 wird das EU-Parlament neu gewählt und die Kommission neu bestimmt. Das Zeitfenster, welches bis 2019 offen ist, hält der Experte für zu knapp, um solche großen Vorschläge dort noch unterzubringen. Wehr „glaubt nicht, dass die Visionen von Macron Wirklichkeit werden“.

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