Freitag, April 26, 2024
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Meine geliebte Wanze – das Auto

Achtung: Wanze Bildmontage: Urs Bigler

„Zahlende Zombies“ – so werden offenbar Benützer von Smartphones wenig liebevoll in Geheimdienstkreisen genannt. Mittlerweile ist es dank Edward Snowden in weiten Bevölkerungsschichten bekannt, dass die geliebten Wunderdinger von den Schlapphüten mühelos als Wanze missbraucht werden können und wertvolle Infos liefern – darüber, wo sich die Zielpersonen befinden, welche Websites sie besuchen, wen sie anrufen, was sie sagen und (dank der Kamera) wie adrett gekleidet sie gerade daherkommen. Weniger bekannt ist im Zusammenhang mit der Fehler, Gruppe existiert nicht! Überprüfen Sie Ihre Syntax! (ID: 3)Totalüberwachung allerdings die Tatsache, dass moderne Autos Geheimdiensten ebenso leicht als Wanzen zu dienen vermögen.

Es ist anzunehmen, dass sich die Schlapphüte vor Freude über den Trend in der

Autoindustrie die Hände reiben oder vielleicht gar selbst wichtige Entscheidungsträger mit finanziellen Anreizen beeinflussen. Und dass dieser Trend nicht zu stoppen ist, erweist sich offensichtlich als Fakt. Auf www:fr-online.de ist zu lesen:Die Opel-Mutter General Motors beispielsweise hat große Ambitionen. Der US-Konzern hat gerade eine Kooperation mit dem Telekom-Riesen AT & T angekündigt. Und Vize-Chef Stephen Girsky macht schon einmal klar: Kein anderer Autobauer werde so viel Mobilfunk-Technologie in so viele Autos einbauen wie GM.


In alle Fahrzeuge der Marken Chevrolet, Buick, GMC und Cadillac soll von Ende 2014 an LTE serienmäßig installiert werden – nebst berührungsempfindlichen Bildschirmen in der Mittelkonsole und im Fond. Auch bei Opel soll die Technologie zum Einsatz kommen. Was das bedeutet? Die Antwort von AT&T-Manager Glenn Lurie ist beinahe philosophisch: „Wir wissen noch nicht einmal, was wir nicht wissen“, sagte er der US-Tech-Website C’Net.

Gewiss, die Annehmlichkeiten der Konnektivität lassen sich nicht leugnen. Und wer ein Otto Normalbrötchenbäcker oder ein Max Durchschnittssohlenklopfer ist, kann darin wohl nur Vorzüge erkennen. Wer allerdings einmal im Internet eine systemkritische Lippe riskiert, an Bürgerrechte erinnert, den Finger auf die nicht ganz gesetzeskonformen Machenschaften der Geheimdienste legt oder wer von Berufes wegen mit sensiblen Informationen umzugehen hat, kann wohl davon ausgehen, dass er im Fadenkreuz der Schlapphüte ist. Und dann ist es ratsam, sich mit möglichst wenigen Wanzen zu umgeben.

Wie das moderne Tracking funktioniert

In meinem letzten Kriminalroman lasse ich die weibliche Hauptfigur das Fahrzeug des Kommissärs mit einem Wanzenscanner abtasten und einen Tracker aus der Giftküche von Schlapphüten finden. Diese Szene widerspiegelt, wie ich seit kurzem weiß, nicht mehr den neusten Stand der Technik. Für Schnüffler vom Dienst ist es von Tag zu Tag leichter, ein Fahrzeug zu verfolgen. Sie müssen sich nicht mehr in eine Tiefgarage schleichen, sich auf den schmutzigen Boden knien und an einem Autounterboden einen Sender befestigen. Es genügt, wenn sie sich in das Computersystem eines Autobauers hacken. Dass diese Systeme steinharte Datenburgen sind, darf dabei bezweifelt werden. Auf www.pctipp.ch liest man unter anderem Folgendes:

Hacker könnten potenziell in der Lage sein, Audio-Features zu beeinflussen, die Zündung des Fahrzeugs zu deaktivieren, Bremssysteme zu überbrücken und die Software mit Trojanern und Viren zu infizieren», so IEEE-Mitglied Kevin Curran, Informatikprofessor an der University of Ulster. Dabei warnen Experten schon seit Längerem, dass Autos der Schutz vor Hackern fehlt. Auch Curran ortet Handlungsbedarf und mahnt Hersteller, Netzwerke in Fahrzeugen mittels Firewalls zu trennen – damit bei Hacks in einem System andere nicht so leicht mitbetroffen werden können.

Sind diese Systeme von Geheimdiensten einmal gehackt, können die Schlapphüte vom Schreibtisch aus mühelos verfolgen, wo sämtliche Besitzer einer bestimmten Marke hinfahren. Zwei Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein: die Autos der Zielpersonen verfügen erstens über einen GPS-Empfänger und zweitens über eine eingebaute SIM-Card. Die unidirektional empfangenen GPS-Daten werden gespeichert und, sobald die Autos an einer Handy-Antenne vorbeifahren, über die SIM-Karte (bidirektional) an einen Zentralrechner weitergeleitet. Dank diesen Daten können die Schlapphüte jederzeit feststellen, wo sich das Fahrzeug ihrer Zielperson befindet und daraus ein für sie so relevantes Bewegungsmuster ableiten.

Der Autor des Textes fährt selbst eine potenzielle Wanze

Kürzlich habe ich erfahren, dass ich selbst täglich etwa eine Stunde in einer potenziellen Wanze verbringe. Mein BMW 320 d des Baujahres 2013 ist offenbar internetfähig. Da ich nichts von der ständigen Erreichbarkeit und dem Konnektivitäts-Hype halte, habe ich die Option ConnectedDrive vor zwei Jahren weder bestellt noch aktiviert. Trotzdem ist in meinem Auto irgendwo eine SIM-Karte verbaut, wie mir ein BMW-Techniker am Telefon nach Angabe der Fahrgestell-Nummer mitgeteilt hat. Das heißt: Die Voraussetzung ist gegeben, dass mein Auto gegen meinen Willen jede Handy-Antenne anstrahlt, online geht und einem Zentralrechner gerade verrät, wo ich bin und über wen oder über was ich mir gerade keine allzu diplomatischen Bemerkungen erlaubt habe.

Wie man sich schützt – eine einfache erste Maßnahme

Wer nicht will, dass sein Auto zu einer ungezügelten PS-Wanze mutiert, kann zumindest eines tun: sich vor dem Kauf erkundigen, wie sich das Fahrzeug mit dem Internet verbindet. Für ein Tracking braucht es wie schon erwähnt zwei Dinge: Ein GPS-Modul (Empfang von Satellitendaten, die für die Lokalisation des Autos nötig sind) und eine SIM-Karte bzw. einen GSM- oder UMTS-Sender (Voraussetzung für die Verbindung mit einer Handy-Antenne). Wenn Sie also nicht zu gläsern (bzw. kein allzu leichtes Ziel für Schlapphüte) sein wollen, erkundigen Sie sich am besten danach, ob das favorisierte Modell über eine festinstallierte SIM-Karte bzw. einen festeingebauten GSM- oder UMTS-Sender verfügt (erst mit einem solchen können die per GPS empfangenen Positions-Daten weitergeleitet und verwertet werden). Wenn der Verkäufer diese Frage bejaht, dann müssen Sie davon ausgehen, dass Sie keinerlei Kontrolle mehr haben werden über das Online-Verhalten Ihres fahrbaren Untersatzes und gewisse Leute sehr genau Bescheid wissen, wie und wo Sie in der Welt herumkurven.

Autobauer, die ihre Modelle nicht mit SIM-Karten zwangsbestücken

Immerhin gibt es noch Autobauer, die offenbar die Problematik erkannt haben. Techniker vonToyota und Subaru Schweiz haben mir auf Anfrage mitgeteilt, dass für die Internetkonnektivität ihrer Modelle ein Smartphone notwendig sei und man in ihren Modellen keine SIM-Karten fest verbaut habe. Das heißt: Der Besitzer eines Toyotas oder Subarus kann über die Aktivierung seines Handys selbst entscheiden, ob er die Verbindung zum Internet herstellen will, und behält dabei ein gewisses Maß an Kontrolle. Da ich weder Techniker bin noch selbst die Nase unter die Haube eines solchen Modells gesteckt habe, bleibt nur zu hoffen, dass die Auskunft stimmt.

Übrigens: Nicht dass der Eindruck entsteht, ich würbe für gewisse Marken. Es würde mein Zeitbudget sprengen, alle Autohersteller anzufragen. Zusätzlich erkundigte ich mich noch beiMazda Schweiz. Die Dame aber wollte mich telefonisch nicht weiterleiten und gab mir stattdessen eine E-Mail-Adresse. Nachdem ich meine Fragen verschickt hatte, erhielt ich die Meldung, dass diese nicht zustellbar seien.
Und last but not least ein Tipp eines Krimiautors, der natürlich jeden Abgrund ausloten muss: Wenn Sie ein manuell geschaltetes Auto fahren, können Sie gegebenenfalls durch Auskuppeln verhindern, dass Sie ein Schlapphut von seinem Schreibtisch aus mit 200 km/h gegen einen Brückenpfeiler rasen lässt und im Ermittlungsprotokoll der Polizei lapidar steht: “Nichtbeherrschen des Fahrzeugs” oder “suizidale Tendenz”.

Verteiler: Neopresse

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