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Meinung: Deutschland im neoliberalen Füchtlingswahn

Foto: Flüchtlinge kommen auf Lampedusa an / Noborder Network / flickr.com / CC BY 2.0

Verstehen Sie noch die Welt? Ich nicht. Jedenfalls – nicht so ganz. Jedenfalls nicht bei der aktuellen Flüchtlingsdebatte in Deutschland, die ich nur noch als Wahn beschreiben kann. Sicher: nichts dagegen, dass geholfen wird. Der Mensch war vor seinerFehler, Gruppe existiert nicht! Überprüfen Sie Ihre Syntax! (ID: 2) neoliberalen Umerziehung ein soziales Wesen, dass seine Stärke im Miteinander fand und so Säbelzahntiger, Naturkatastrophen und die absolute

Monarchie überwinden konnte. Es ist schön zu sehen, dass trotz dreißigjähriger neoliberaler Umerziehung immer noch rudimentäre menschliche Regungen vorhanden sind, die man in Deutschland eigentlich schon ausgestorben wähnte.

Ja – aber da fängt es ja schon an. Schauen wir mal nach den Hilfsbedürftigen in Deutschland, dem Land mit dem angeblich so großen Fachkräftemangel. Ja, es gibt sie auch hier, die Verlierer der wirtschaftlichen Globalisierungskriege: Kinder. Ihr Marktwert ist trotz all´ ihrer Maßnahmen zur gewünschten marktkonformen Selbstoptimierung sehr gering, Gesetze verbieten Kinderarbeit und nur die wenigsten von ihnen sind aufgrund ihrer biologischen Minderwertigkeit in der Lage, schon in der Pubertät mit einem vermittlungsfördernden Hochschulabschluß zu glänzen. Schauen wir mal beim Kinderschutzbund vorbei und genießen wir ein paar Fakten (siehe: Kinderschutzbund)

„In Deutschland leben über 2,5 Millionen Kinder in Einkommensarmut. Dies entspricht etwa 19,4 Prozent aller Personen unter 18 Jahren. Das Ausmaß der Kinderarmut ist seit vielen Jahren gravierend hoch. „

Einkommensarmut bedeutet für diese Kinder: schlechte Ernährung, mangelhafte Wohnsituation, Defizite beim Spiel- und Sozialverhalten, mangelhafte Gesundheit was sich insgesamt in wesentlich schlechteren Bildungschancen zeigt – wir schmeißen unsere Facharbeiter von Morgen millionenfach auf den Sondermüll, die Tagessätze zur Ernährung, die das deutsche Restsozialwesen einem Kind zuspricht, liegen weit unter dem von inhaftierten Kinderschändern, Mördern oder Polizeihunden. Wer hätte da gedacht, dass es plötzlich und unvermutet zu einer großen Renaissance der Sozialromantik kommt?

In Deutschland steigen die Zahlen der Obdachlosen und die Zahl der Zwangsräumungen – und wir  haben ja begriffen, warum. Es ist einfach kein Geld mehr da, die „schwarze Null“ des Finanzministers, die Rettung der Banken hier und in Griechenland, die Pflege der Anleger ist wichtiger als die Zukunft der Solidargemeinschaft – um so überraschender ist es, dass plötzlich Milliarden Euro über sind, um Flüchtlinge aufzunehmen.

 

Sicher, wie gesagt: es ist zum Überleben der Menschheit, zur Rettung ihrer sozialen Werte, an denen jahrtausendelang gearbeitet wurde wichtig, dass wir uns daran erinnern, dass unsere Stärke darin liegt, soziale Wesen zu sein, die im Miteinander die Probleme lösen, derer sich die Gemeinschaft stellen muss. Jahrtausendelang hieß das: Frauen und Kinder zuerst, sie bedeuten die Zukunft der Gemeinschaft, ohne Kinder läuft da gar nichts mehr. Und Kinder leiden unter den Kriegen und Sanktionen des Westens am Meisten. 500 000 starben im Irak an den Sanktionen – und beständig krepieren weitere Kinder an den Folgen des Einsatzes von hunderten Tonnen von Uranmunition (siehe Tagesschau) ohne dass sich die deutsche Gesellschaft groß darum kümmert. Im Gegenteil: schauen wir mal zurück in das Jahr 2012 (siehe Taz):

„Die EU wird den Kampf gegen das Assad-Regime in Syrien mit weiteren Sanktionen unterstützen. Dies kündigte Kanzlerin Angela Merkel am Dienstag vor einem Gespräch mit dem Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil Elarabi, in Berlin an.

 

Die gleiche Bundeskanzlerin, die nun die „Mutter Theresa“ für syrische Flüchtlinge gibt. Gut, auch das ist ehrenhaft – und entspricht dem humanistischen Charakter des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland, das politisch verfolgten Menschen Asyl gewährt. Die Menschen, die nun kommen, sind allerdings – wenn ich die Nachrichten richtig verstehe – gar nicht politisch verfolgt: sie sind auf der Flucht vor Merkels Sanktionen und Obamas Bomben. Und es sind auch nicht die, die am schutzbedürftigsten sind – die Alten, die Jungen, die Kranken – sondern junge, durchtrainierte Männer, die an der ungarischen Grenze gezeigt haben, dass sie auch gewillt sind, ihren Willen mit Gewalt durchzusetzen.

Angeblich sind viele von ihnen sogar reich – im Vergleich zu den Ländern, aus denen sie stammen. Schauen Sie sich ruhig nochmal den oben zitierten Beitrag der Tagesschau an: für Iraker sind die Begräbniskosten für ihre verstrahlten Kinder kaum zu tragen: 30 – 50 Euro pro Kind sind einfach zu hoch. Syrer sind nicht unbedingt reicher: 2750 Dollar im Jahr betrug ihr Durschnittseinkommen im Jahre 2010, Afghanen müssen sogar mit 410 Dollar im Jahr auskommen (siehe Durchschnittseinkommen.net).

Und was kostet so eine Überfahrt nach Europa? 9300 Dollar werden da genannt (siehe Zeit). Da müsste ein Syrer fünf Jahre für sparen, ein Afghane 25 Jahre – und von ganz wenig Geld leben.

Merken Sie, warum ich die Politik immer weniger verstehe? Gut, es ist schön, dass Menschen, denen die Politik des „Westens“ großes Unheil zugefügt hat, hier mit Teddybärchen am Münchener Hauptbahnhof empfangen werden (siehe Süddeutsche) … doch genauer betrachtet ist das ein ziemlich perverser Akt, wirkt wie ein völlig dekadentes Spiel, eine reale Form der „Hunger Games„: nur die stärksten, kräftigsten und reichsten Flüchtlinge überleben und werden hier jubelnd empfangen, alles Ärzte und Ingenieure … während die Kinder tot am Strand liegen.

Seien Sie mal mutig: schauen Sie sich mal die verstrahlten Kinder in Basra an. Da sehen Sie ein Elend, dass selbst gestandene Ärzte an den Rand dessen bringt, was sie ertragen können (sieheSpiegel). Dort … gibt es keine deutschen Teddybären. 50 000 syrische Kinder sind in Folge des Krieges staatenlos und somit besonders schutzlos (siehe Tagesschau): wo sind ihre Teddybären? Das wäre doch mal ein besonders lobenswerter humaner Akt, diesen Kindern in Deutschland ein Heim zu geben, wir könnten sie zu Ärzten ausbilden, die sich um die verkrüppelten Kinder von Basra kümmern – die wir selbstverständlich auch aufnehmen.

Wir … nehmen aber lieber junge, reiche, gut ausgebildete Männer auf – so jedenfalls verstehe ich die Botschaft der deutschen Wirtschaft, die nach „Fachkräften“ ruft und deshalb die Flüchtlinge auch begrüßt.

Verstehen Sie nun, warum ich von einem Wahn rede? Rational ist das nicht mehr, den gebeutelten Ländern Syrien, Irak und Afghanisten jene Menschen zu entziehen, die sie dringend für den Wiederaufbau brauchen, ebensowenig ist es rational, von „Asyl“ zu reden, wo doch offensichtlich Einbürgerung vorgesehen ist – ein Schritt, den manche für verfassungswidrig halten.

Doch nicht nur das verwirrt mich, es kommt noch mehr.

Viele Jahre durfte ich lernen, dass der Islam böse ist. Mehr oder weniger. „Migrationshintergrund“ war schon schlimm und anrüchig, aber Islam ging gar nicht: es ging um den „Kampf der Kulturen“, wegen dem wir Deutschen ja auch letzten Endes in Afghanistan einmarschiert sind, um am Hindukusch die deutsche Sicherheit zu verteidigen (siehe AG Friedensforschung).

Noch schlimmer war das, was danach kam: mit der IS etablierten sich brutale, primitive Schlächterhorden in den gefallenen, zerrütteten Staaten, die mit der Strategie, Effektivität und Ausrüstung einer leichten US-Infanteriedivision ganz wie im Lehrbuch riesige Geländegewinne verzeichneten, Massenmorde begangen, bestialische Hinrichtungen und Folterungen praktizierten, Frauen verkauften, versklavten, vergewaltigten: apokalyptische Horden, wie man sie sonst nur in Hollywood sah, waren auf einmal Realität geworden … und deutlich näher an Europa als der Hindukusch. Jedenfalls … hatte man mir das so dagestellt.

Wir hatten auch gelernt, wie gefährlich die waren: „die“ hatten im Herzen der USA unglaubliche Terrorakte begangen und waren weltweit auf Eroberung und Rache aus, gierten danach, die Ungläubigen auszurotten, unsere Natopartner zu vernichten und im Sauerland Bomben zu bauen: höchste Wachsamkeit war gegeben.

Und nun? Kommen eine Million Menschen aus den Stammländern der Terroristen nach Deutschland, beständig machen sich mehr auf den Weg – und wie reagieren wir?

Mit Teddybären.

Hatte nicht die konservative „Welt“ mich noch am 29.6.2015 davor gewarnt, dass die IS jetzt Europa als Schlachtfeld auserkoren hatte und gezielt ihre Kämpfer auf den Weg schickt(sieheWelt)? Und drei Monate später sind die deutschen Bahnhöfe voll von Menschen, die letztes Jahr noch alle unter „Terrorverdacht“ gestanden hätten – ganz pauschal, wie alle Moslems seit dem 11.9.2001?

Ich gestehe: man könnte völlig verwirrt sein … wenn man nicht zufällig einen der einflussreichsten Politikwissenschaftler der USA zur Hand hätte: Benjamin R. Barber.

„Denn wer der Ansicht ist, individuelle Freiheit definiere sich nicht durch das Vorhandensein eines rechenschaftspflichtigen, transparenten demokratischen Staatswesens, sondern durch möglichst wenig oder gar keinen Staat und einen wenig oder gar nicht gezügelten Markt, der setzt Freiheit faktisch mit Anarchie gleich. Da die Anarchie das gesetzlose Biotop ist, das auch Verbrecher und Terroristen am liebsten bewohnen, entpuppen sich die Neoliberalen letzten Endes als unwillentliche Komplizen ihrer schlimmsten Feinde.“ (aus: Benjamin R. Barber, Imperium der Angst, dtv Oktober 2007, Seite 174/175)

Es lohnt sich, diese Worte mal ganz ruhig sacken zu lassen: der Neoliberalismus als Komplize von Terrorismus und Mafia, als geistiger Bruder der Horden von Raub- und Mordbrennern im Nahen Osten. Auf einmal wundert man sich nicht mehr darüber, dass die meisten Tweets, die Deutschland als das Paradies für Einwanderer anpreisen, aus den Stammländern des Neoliberalismus England, den USA und Australien stammen (siehe Voltaire.net). Klar – das ist keine offiziell anerkannte Quelle, bedenke ich, dass das Auswärtige Amt eine Gegenkampagne gegen die überschäumenden Gerüchte gestartet hat – jenseits der Teddybärkultur (sieheSpiegel) – wird die Quelle glaubhafter.

Wie hat er zu sein, der neoliberale Mensch? Es gibt zu dem Thema eine schöne Arbeit von Tobias Ernsing über die „Gangsta-Rapper“ in Deutschland die – welch´ Überraschung – engagierte Boschafter des neoliberalen Menschenbildes sind (siehe annotazione):

„marktkonform, wettbewerbsfähig, selbstdiszipliniert, anpassungsbereit, flexibel, egoistisch, aktiv und unternehmerisch“

Wer wollte diese Werte jenen Menschen absprechen, die ihre Heimat verlassen haben, ihre Familien, ihre Kinder, ihre Freunde und Geschwister, um ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und für sich allein im goldenen Westen nach Glück zu suchen?

Verstehen Sie nun die Teddybären in München? Wer hier lebendig ankommt, hat bewiesen, dass er den neoliberalen Anforderungen voll enspricht und ein Bruder im Geiste ist, für den sich auch erfolgreiche Schauspieler in hohem Maße engagieren, während die Alten, die Kranken, die Armen und die Kinder in den Heimatländern ihrem Schicksal überlassen sind und erbärmlich krepieren.

Und „die Wirtschaft“ (wie sich neoliberale Kampfgemeinschaften gerne nennen und dabei in tarnender Absicht billionenschwere Hedgefonds auf die gleiche Stufe stellen wie den Fliesenleger von nebenan) bekommt eine Million „Gangsta-Rapper“, die den Geist des Neoliberalismus in sich tragen und für erstaunlich wenig Geld unglaublich viel Arbeitszeit liefern – ohne das es noch jemanden stört, dass politisches Asyl nie dazu gedacht war, „die Wirtschaft“ mit billigen Arbeitskräften zu versorgen.

Nun – malen wir den Teufel nicht an die Wand. Vielleicht hat ja auch die neoliberale Propaganda recht, und hier kommen nur gut ausgebildete Fachkräfte an, die nichts lieber tun, als den ganzen Tag zum Ruhm und zum Wohle des deutschen Bruttosozialproduktes zu arbeiten. So, wie wir in Deutschland mit unseren eigenen Kindern umgehen, die nach 12er-Abitur und Bachelor-Blitzstudium zur Arbeit nicht zu gebrauchen sind und schon am ersten Arbeitstag dicht vor dem Burn-out stehen, können wir sie gut gebrauchen.

Mir jedoch wäre es lieber, wenn wir – außerhalb des neoliberalen Flüchtlingswahns – jenen Hilfe geben, die sie am Dringendsten brauchen und uns an die alte Seefahrerregel in Notzeiten erinnern: Frauen und Kinder zuerst – nicht Ärzte und Ingenieure.

Verteiler: Neopresse

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