Freitag, April 26, 2024
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Nun hetzt „Bild“ gegen den Bundespräsidenten – wegen Glückwunschschreiben an den Iran

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat dem Präsidenten der Islamischen Republik Iran zum Nationalfeiertag seines Landes ein offizielles Glückwunschschreiben übermittelt. Das empört die „Bild“-Zeitung, die damit allerdings nur beweist, dass sie mehr Ahnung von billigster Propaganda als von diplomatischen Gepflogenheiten hat.

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet ein vom russischen Staat finanziertes Medium wie Sputniknews zur Ehrenrettung des Bundespräsidenten antreten muss, auch wenn Frank-Walter Steinmeier darauf sicher verzichten kann und wird.

Wir sind sicher, auch unseren Artikel wird „Bild“ zum Anlass nehmen, um in ihrer Propaganda-Sprache darauf zu verweisen, dass Frank-Walter Steinmeier, zusammen mit Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder, zu jenen deutschen Politikern gehört, die sich für eine deutsche Russland-Politik einsetzen, die mit Vernunft und Augenmaß deutsche Interessen im Blick hat, ohne kritiklos oder liebedienerisch zu sein. Das beinhaltet natürlich auch das umstrittene Gaspipeline-Projekt Nord Stream 2, das der „Bild“ so am Herzen liegt, wenngleich aus völlig anderen Motiven. Und nun verteidigen Putins Propaganda-Medien Steinmeier auch noch.

Ja, das tun wir. Aus gutem Grund. Denn wir haben den Eindruck, Springers Fachblatt für die gepflegte Propaganda hat sich auf den Bundespräsidenten „eingeschossen“.

Steinmeier ist offenbar im Visier von „Bild“

Erst vor wenigen Tagen hatte die „Bild“-Zeitung versucht, im Zusammenhang mit der Veröffentlichung einer kruden Verschwörungstheorie in Buchform, den Bundespräsidenten in die Nähe einer geheimdienstlichen Verschwörung wegen dieses Infrastrukturprojektes zu zerren. Sputnik berichtete.

Vor einem Monat nahm Springers-Propaganda-Blatt den normalen Vorgang einer Kamera-Ausleihe von der ebenfalls staatlich finanzierten Videoagentur „Ruptly“ zum Anlass, um den Bundespräsidenten ebenfalls rüde anzugehen, weil er eine Festrede zum 100. Jubiläum des Dessauer Bauhauses hielt, die mit den erwähnten Leih-Kameras von „Ruptly“ übertragen wurde. Unter der skandalisierenden Überschrift „Kreml-Propaganda-Abteilung überträgt fürs ZDF“ wurde ein Foto von Frank-Walter Steinmeier am Rednerpult platziert und der Satz hinzugefügt:  „Die Eröffnungsrede bei der Fest-Veranstaltung zu ‚100 Jahre Bauhaus‘ hielt nichtsahnend Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.“ Diese gewollte Bild-Text-Schere wurde erst im Text mehr oder weniger aufgelöst, weil eben das ZDF auch mit Technik von „Ruptly“ die Rede übertrug und nicht umgekehrt.

Mit erprobter Propaganda-Technik wird gegen einen normalen diplomatischen Vorgang gehetzt

Die gleiche erprobte Propaganda-Masche wandte „Bild“ nun an, um den Bundespräsidenten für ein Glückwunschschreiben anzugreifen, das zum Standard in den diplomatischen Beziehungen zwischen Staaten gehört. Wenn Länder diplomatische Beziehungen unterhalten, dann gehört es sich für Staatsoberhäupter, sich gegenseitig in einer höflichen Sprache zu den jeweiligen Nationalfeiertagen zu gratulieren, ganz gleich, wie sehr man sich gegenseitig wegen unterschiedlicher politischer Ansichten ansonsten täglich anfeindet. In solchen Schreiben wird durchaus regelmäßig auch Kritik eingebaut, aber eben in eine diplomatisch höfliche Sprache „verpackt“.


© FOTO : SCREENSHOT

Von diesen Feinheiten aber hat die Autorin des „Bild“-Artikels „Steinmeier gratuliert den Terror-Mullahs zur Revolution“ entweder keine Ahnung oder aber es war hinderlich für die Abfassung dieses Artikels in dieser plumpen Tonalität. Unter die reißerische Überschrift wurde ein Foto platziert, das Frank-Walter Steinmeier bei einem offiziellen Besuch in Teheran 2016 zeigt, als er von Staatspräsident Hassan Rouhani begrüßt wurde. In der Bildunterschrift wird darauf hingewiesen, dass es sich um ein drei Jahre altes Foto handelt. Aber jeder, der weiß, dass der Mensch vor allem ein „sehendes Wesen“ ist, wie unter anderen das Max-Planck-Institut für Biologische Kybernetik in Tübingen feststellt, der weiß auch, dass ein durchschnittlicher Leser unbeabsichtigt sofort Überschrift und Foto miteinander vernetzt und der – häufig bleibende – erste Eindruck entsteht, als wäre Steinmeier im Iran, um den „Terror-Mullahs zur Revolution“ persönlich zu gratulieren. Es darf angenommen werden, dass die Propaganda-Experten von „Bild“ um diese Besonderheit der menschlichen Auffassungsgabe auch wissen.

Seit Jahrzehnten normaler diplomatischer Standard wird bei „Bild“ jetzt zum Skandal

Die Autorin erregt sich vor allem darüber, dass der Bundespräsident „auch im Namen meiner Landsleute“, dem Präsidenten der Islamischen Republik Iran zum Nationalfeiertag gratuliert. Das aber ist eine international vollkommen übliche Vorgehensweise in den zwischenstaatlichen Beziehungen, die sich an den so genannten Wiener Übereinkünften orientieren, verschiedenen multilateralen Verträgen, die beinahe alle Aspekte der zwischenstaatlichen Beziehungen regeln.

Die gewiss keiner kommunistischen Sympathien verdächtigen US-Präsidenten, wie etwa Ronald Reagan und George H.W. Bush, sandten jahrelang, nachdem die USA und die DDR diplomatische Beziehungen aufgenommen hatten, zum Nationalfeiertag der DDR offizielle Glückwunschschreiben. George Bush beispielsweise schrieb noch zum letzten „Republikgeburtstag“ 1989, als die DDR bereits unüberseh- und —hörbar in Agonie lag, an den „sehr geehrten Herrn Vorsitzenden“ Honecker, „im Namen meiner amerikanischen Landsleute übermittle ich dem deutschen Volk der Deutschen Demokratischen Republik anlässlich Ihres Nationalfeiertages beste Wünsche.“

Der seinerzeitige Bundespräsident der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Jean-Pascal Delamuraz, schrieb zum gleichen Anlass an Erich Honecker unter anderem: „Im Rückblick sind die von Ihrem Land und Volk unter Ihrer fähigen und engagierten Führung erzielten Fortschritte eindrucksvoll. Ich bin zuversichtlich, daß die bestehenden herzlichen Beziehungen und die unsere beiden Länder verbindenden Gefühle der Freundschaft auch in den kommenden Jahren weiter gedeihen werden.“

Wir lassen die ähnlich lautenden Grußadressen gekrönter und ungekrönter Häupter westlicher Staaten hier mal beiseite, die in den Jahren der Existenz der DDR und diplomatischer Beziehungen zu ihr, regelmäßig sorgfältig vom SED-Zentralorgan „Neues Deutschland“ abgedruckt wurden. Es ist nicht bekannt, dass seinerzeit Axel Springer ebenso regelmäßig mit Herzbeschwerden in ein Krankenhaus eingeliefert werden musste, weil Repräsentanten der „freien Welt“ es wagten, dem „Mauerstaat“ höfliche Botschaften zu senden.

Der Nationalfeiertag der Islamischen Republik Iran ist der 11. Februar. An diesem Tag im Jahr 1979 kam Ayatollah Chomeini nach jahrelangem Exil mit einer Maschine der Fluggesellschaft Air France aus Paris nach Teheran zurück, nachdem kurz zuvor der Schah und seine Familie das Land verlassen hatten. Der kam 1953 nur an die Macht, weil ein von den USA und Großbritannien inszenierter Staatsstreich unter dem Codenamen „Operation Ajax“ den demokratisch gewählten Ministerpräsidenten Mossadegh wegputschte. Davon bei „Bild“ natürlich kein Wort, aber wir wollen es wenigstens erwähnen.

Dass der Iran seither eine Entwicklung genommen hat, die von anderen Staaten, wie etwa Deutschland, kritisch, auch sehr kritisch gesehen wird, lässt sich in bundesdeutschen Medien jeden Tag verfolgen. Dennoch unterhält Deutschland mit dem Iran diplomatische Beziehungen, und in denen sind gewisse Mindeststandards der gegenseitigen Höflichkeit nun einmal Usus, selbst wenn sie nicht von der „Bild“-Zeitung abgesegnet wurden.

Wäre der Standard, den die „Bild“-Zeitung im Fall Iran an ein Glückwunschschreiben eines Bundespräsidenten anlegt, die Norm, dann hätte die Protokollabteilung des Bundespräsidialamtes einige Mühen. So dürfte ein deutsches Staatsoberhaupt beispielsweise dem Commonwealth of Australia nicht mehr zum „Australia Day“, am 26. Januar, gratulieren, empfinden doch immer mehr Australier dieses Datum (die Ankunft der so genannten First Fleet 1788) als Zeichen der Kolonisierung durch Großbritannien und den Beginn grausamster Verfolgung und Unterdrückung der Aborigines, der Ureinwohner des fünften Kontinents.

Wie üblich, Doppelstandards bei „Bild“, wenn es der Propaganda dient

Aber die „Bild“-Zeitung hat bekanntlich ihre eigenen Standards. So rief sie am 2. Juni 1967 mit der Schlagzeile „Helft der Polizei, die Störer zu finden und auszuschalten!“ die Bevölkerung auf, die Studentenproteste gegen den Schah-Besuch in Westberlin zu unterbinden. Und natürlich erhielt auch der Schah alljährlich „Herzliche Glückwünsche“ des Bundespräsidenten zum damaligen Nationalfeiertag. Das war damals der 1.November, der als Beginn der Herrschaft der Pahlavi-Dynastie gefeiert wurde, ohne, dass sich die „Bild“-Zeitung darüber empörte, dass der Bundespräsident einem Regime gratulierte, dass mit „Massenhinrichtungen und Folter“, wie die „Bild“-Zeitung heute schreibt, damals aber genauso internationale Kritik auf sich zog, weil der Geheimdienst SAVAK rücksichtslos mit Regime-Gegnern umsprang.

Es ist im Übrigen auch nicht überraschend, dass die gleiche Autorin, die den Bundespräsidenten jetzt wegen seines Standard-Schreibens an seinen Amtskollegen im Iran mit wüsten Tiraden angreift, vor einer Woche dem Erben des Schah-Regimes, Kronprinz Reza Pahlavi, mit einem devoten Interview die Aufwartung machte. Ob sie dabei einen Hofknicks versuchte, ist nicht überliefert.

Und das hat der Bundespräsident tatsächlich geschrieben

Da die „Bild“-Zeitung durch manipulative Nutzung von Propagandasprache mit Bild-Text-Scheren den Eindruck zu erwecken sucht, der Bundespräsident habe unangemessen nett mit den Mullahs gekungelt, sei hier das nachgeholt, wozu die „Bild“-Zeitung nicht in der Lage war oder sein wollte, weil es der eigenen Propaganda-Absicht im Wege stand. Möge sich also jede Leserin und jeder Leser ein eigenes Urteil bilden, ob die „Bild“-Zeitung oder der Bundespräsident ihren Job angemessen ausüben:

„Herr Präsident,

zum Nationalfeiertag der Islamischen Republik Iran übermittle ich Ihnen, auch im Namen meiner Landsleute, meine herzlichen Glückwünsche.

Die bilateralen Beziehungen unserer Länder sind traditionell eng und bauen auf einer breiten Grundlage auf. Gerade mit Blick auf die zahlreichen Konflikte in der Region und die globalen Herausforderungen wollen wir den Dialog zwischen Iran und Deutschland sowie den europäischen Partnern weiter intensiv pflegen. Nur mit gemeinsamen, konstruktiven Anstrengungen aller Beteiligten werden wir die Krisen und Konflikte überwinden können. Deutschland wird darüber hinaus weiterhin tun, was in seiner Macht steht, um die Bewahrung und die fortgesetzte Umsetzung des JCPoA sicherzustellen.

Anlässlich dieses für die Islamische Republik Iran so wichtigen Feiertages möchte ich Sie dazu ermutigen, auch die kritischen Stimmen in Ihrem Land anzuhören und mit ihnen einen offenen Dialog zu ihren Anliegen und Sorgen zu führen.“

Quelle!:

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