Freitag, April 26, 2024
StartPolitikEUÖffnung von weiteren EU-Häfen wurde abgelehnt Mittelmeer: Strengere Regeln für Schlepper-NGOs geplant

Öffnung von weiteren EU-Häfen wurde abgelehnt Mittelmeer: Strengere Regeln für Schlepper-NGOs geplant

Nach der Drohung Italiens mit einer Hafenschließung für Bootsflüchtlinge haben die EU-Innenminister am Donnerstag bei ihrem Treffen in Estland intensiv nach Lösungen gesucht. Viele Länder lehnten zwar Roms Forderung nach einer Öffnung ihrer Häfen ab, unterstützten aber den Plan für strengere Regeln für Hilfsorganisationen, die mit eigenen Schiffen Menschen vor Libyen retten.

Die Minister begrüßten das Vorhaben, ein „klares Regelwerk“ für die Rettungseinsätze in einem Verhaltenskodex festzuschreiben. Der Verhaltenskodex solle nun „dringend fertigstellt“ werden, hieß es nach dem Treffen in Tallinn. Dies solle aber in Abstimmung mit der EU-Kommission und nach Konsultationen mit den betroffenen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) erfolgen.

Überwachung der NGOs

Italien will Hilfsorganisationen, die für gut ein Drittel der Rettungseinsätze vor Libyen stehen, stärker überwachen. Rom drohte ihnen, die Einfahrt in Häfen zu verweigern, wenn sie einen von Italien ausgearbeiteten Verhaltenskodex nicht unterzeichnen. Der elf Punkte umfassende Plan enthält ein Verbot der Einfahrt in libysche Küstengewässer und untersagt jegliche Kommunikation mit Schleppern – auch über Lichtsignale Richtung Küste. Italien verlangt darin zudem, dass Hilfsorganisationen gerettete Flüchtlinge künftig selbst in sichere Häfen bringen und nicht an größere Schiffe abgeben.

Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP), der Österreich in Estland vertrat, unterstützte den Plan „vollkommen inhaltlich“. Die Mittelmeerroute „muss endlich zu sein“, erklärte er. Im Gespräch mit der APA meinte Sobotka, er erwarte rasche Auswirkungen vom EU-Mittelmeerplan. Italiens Innenminister Marco Minniti habe in Tallinn klargemacht, dass dies „nicht eine Frage von Monaten, sondern von Tagen und Wochen“ sei, sagte Sobotka am Donnerstag in einem Telefonat mit der APA. „Das muss im Sommer intensiv angegangen werden.“

Kritik von NGOs

„Wenn wir gezwungen werden, gerettete Flüchtlinge selbst in Häfen in Italien zu bringen, werden die Einsatzkräfte zur Seenotrettung reduziert“, sagte der Sprecher der deutschen Organisation Sea-Watch, Ruben Neugebaue. „Das bedeutet mehr tote Flüchtlinge.“ Neugebauer warf der EU eine „Abschottungsstrategie“ vor, „die bewusst Tote in Kauf nimmt“.

Kritik kam auch von der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen. Die europäischen Staaten sollten sich selbst „einen ‚Verhaltenskodex‘ geben“, erklärte Mario Thaler, Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen Österreich in einem Statement für die APA. Denn eigentlich sei es die Aufgabe der EU und ihrer Mitgliedsländer, sich um die Menschen zu kümmern, die auf dem Mittelmeer in Seenot geraten – „nicht unsere“, so Thaler. „Außerdem ist es die Verantwortung der EU-Staaten, den Geretteten eine menschenwürdige Behandlung zuzusichern. Würden sie dieser Aufgabe nachkommen, würden wir uns sofort zurückziehen.“

Öffnung anderer Häfen wurde abgelehnt

Deutschland, aber auch Spanien oder die Niederlande lehnten den noch am Wochenende von Italien geäußerten Wunsch ab, auch Häfen anderer EU-Staaten für Schiffe mit Flüchtlingen zu öffnen. „Das unterstützen wir nicht“, sagte der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere. Anfang der Woche hatte bereits Frankreich, das mit seinen Mittelmeerhäfen betroffen wäre, dieser Bitte eine Absage erteilt. Auch der niederländische Justizminister Stef Blok zeigte sich skeptisch. „Nur die Öffnung von mehr Häfen allein wird das Problem nicht lösen.“ Allerdings regte er an, Migranten in nordafrikanische Häfen zurückzubringen.

Mehr Abschiebungen gefordert

Belgiens Innenminister Theo Francken erwartete unterdessen keine Fortschritte im Streit um die Umverteilung von Flüchtlingen aus Italien auf andere europäische Länder. Die Diskussion sei hier „immer noch blockiert“, sagte er. Mehrere osteuropäische Länder lehnen es ab, stark belasteten Ankunftsländern wie Italien Asylbewerber abzunehmen.

Estlands Innenminister Andres Anvelt, dessen Land derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, sagte, Schlüssel zur Lösung des Problems seien schnellere Abschiebungen. „Wir müssen Menschen zurückschicken“, sagte er. Dies sei „die wichtigste vorbeugende Maßnahme“. Die Flüchtlinge müssten „verstehen, dass es keinen Grund gibt zu kommen, wenn sie kein Recht dazu haben.“

Beitragsbild: APA

Quelle: Info Direkt

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