Freitag, April 26, 2024
StartPolitikEUSteinmeier: In Europa haben sich „Gräben aufgetan“ aber „Ja, ich will Europa!“

Steinmeier: In Europa haben sich „Gräben aufgetan“ aber „Ja, ich will Europa!“

„Als Bürger bekenne ich, so wie viele Bürger in diesen Wochen neu bekennen: Ja, ich will Europa! Und als Bundespräsident kann ich sagen: Ja, die übergroße Mehrheit der Deutschen will Europa!“ Dennoch müsse man akzeptieren, dass der politische Prozess in der EU mühsam und politische Lösungen kompliziert seien, so Steinmeier.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat wenige Tage nach dem von Großbritannien eingeleiteten Brexit vor Abschottungstendenzen gewarnt. In Europa hätten sich „Gräben aufgetan“, sagte Steinmeier am Dienstag laut vorab veröffentlichtem Redetext vor dem Europaparlament in Straßburg.

Es reiche aber nicht, dies zu beklagen oder sich gar in „die nationale Schmollecke“ zurückzuziehen. Vielmehr müssten die EU-Staaten nun „ernsthaft nach Wegen suchen, Brücken über diese Gräben zu bauen“.

Für seine erste Rede als Bundespräsident außerhalb Deutschlands habe er bewusst das Europaparlament gewählt, sagte Steinmeier weiter. Seine Freude sei aber „nicht ungetrübt“.

Es sei „bitter“, zum ersten Mal vor diesem Plenum zu sprechen, kurz nachdem ein Mitgliedsland seinen Austritt aus der EU eingeleitet habe. „Ich finde das bitter – nicht nur als Politiker, sondern zuallererst als Bürger Europas“, sagte Steinmeier laut Redetext.

Der Bundespräsident warnte vor populistischen Kräften, „die immer mit den ganz einfachen Antworten zur Stelle sind – der starken Hand, den klaren Feindbildern“. Eine neue „Faszination des Autoritären“ breite sich aus, nicht nur weit im Westen und im Osten der EU-Grenzen, sondern auch mitten in Europa.

„Ja, ich will Europa!“

Zudem heißt es in Steinmeiers Rede, er als Bundespräsident werde auch außerhalb Deutschlands für die Verteidigung der europäischen Idee werben: „In Zeiten von wachsenden Fliehkräften und von lärmenden Untergangspropheten werde ich Partei ergreifen für Europa“.

„Als Bürger bekenne ich, so wie viele Bürger in diesen Wochen neu bekennen: Ja, ich will Europa! Und als Bundespräsident kann ich sagen: Ja, die übergroße Mehrheit der Deutschen will Europa!“ Dennoch müsse man akzeptieren, dass der politische Prozess in der EU mühsam und politische Lösungen kompliziert seien: „Wer Ja sagt zu Europa, der sagt auch Ja zum Komplizierten und Anstrengenden, zum Unfertigen an Europa!“, so Steinmeier. Europas Vielfalt sei „ein Abenteuer“, aber sie sei „auch anstrengend“.

Eine stärkere Führungsrolle Deutschlands in der EU lehnte der Bundespräsident aber ab: „Europas Stärke kann nicht gegründet werden auf die Führung einzelner, sondern nur auf die Verantwortung aller.“ Auch wenn Deutschland als größter und bevölkerungsreichster Staat eine „besondere Verantwortung“ trage, werde man nicht vergessen, „dass andere in Europa Recht haben können, wenn wir über Lösungen streiten“.

Steinmeier betonte, dass Deutschland die EU zusammenhalten wolle: „Wir wollen an der gemeinsamen Zukunft in Europa bauen, gemeinsam mit unseren Partnern, den großen wie den kleinen, gleichberechtigt und gleichverpflichtet.“

Beitragsbild: Adam Berry/Getty Images

Quelle: (dts/afp/so)

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