Freitag, April 26, 2024
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Terrorismus als Drohkulisse — von Soziopathen im 17. Jh. abgekupfert?

Drohkulisse im 17. Jh.: Hexen und Teufel; Bild: commons.wikimedia.org

Mitte März hat der Schweizer Nationalrat beschlossen, auf die Vorlage eines neuen Nachrichtendienstgesetzes einzutreten, und das mit einem Verhältnis von 154 zu 33 Stimmen. Auch der Schweizer Geheimdienst (NDB) will in Zukunft wie die große Schwester in Amerika (NSA) eine tauglichere Lizenz zum Schnüffeln, ohne Gefahr laufen zu müssen, von richterlichen Spielverderbern zurückgepfiffen zu werden.

Bildungsnotstand in der Politik

Auf watson.ch sind Voten dieser Debatte wiedergegeben. Zwar ist es immer problematisch, einzelne Sätze außerhalb des Kontextes zu zitieren, es ist aber nicht anzunehmen, dass diese im Zusammenhang vor Fehler, Gruppe existiert nicht! Überprüfen Sie Ihre Syntax! (ID: 3)Weisheit zu tropfen beginnen:

„Vergessen wir nicht, dass dieses Gesetz unserer Sicherheit dienen soll!“ (Urs Schläfli, CVP/SO) „Die Schweiz könnte mit einem laschen Gesetz zu einer Drehscheibe 

krimineller Organisationen werden!“ (Ida Glanzmann, CVP/LU) „Terroristen verkehren nicht mehr mit Brieftauben!“ (Chantal Galladé, SP/ZH) „Wir wollen keinen blinden und tauben Nachrichtendienst“ (Corina Eichenberger, FDP/AG) „Das Gesetz ist eine angemessene Antwort auf die neue Bedrohungslage!“ (Roland Borer, SVP/SO) „Sicherheit ist die Zwillingsschwester von Freiheit!“ (Bundesrat Maurer)

Vielleicht weil sie so viel reden, haben diese Politiker keine Zeit, sich weiterzubilden bzw. einen Blick für das Große und Ganze zu entwickeln. Zum Beispiel mit Büchern, die von einem Glenn Greenwald, Andreas von Bülow, Udo Ulfkotte, Mathias Bröckers, Paul Schreyer, Tim Weiner etc. geschrieben sind. Auch ist anzunehmen, dass sie keinen blassen Schimmer von Geschichte haben. Sonst würden sie ihre hanebüchene Haltung zumindest hinterfragen. Sie würden der allgegenwärtigen Terroristen-Drohkulisse misstrauen, sie wüssten, dass das Hochziehen von Drohkulissen als eine beliebte Masche von machtversessenen Drahtziehern gilt, von Soziopathen schamlos ausgenutzt wird und beileibe keine Erfindung des 21. Jh. ist.

Im 17. Jh. fürchtete man sich nicht vor Terroristen, sondern vor Teufeln

Drohkulissen sind die Trick-Gemälde der Machthaber, dank denen das Volk ängstlich, opferbereit und willig bleibt. Auch im 17. Jh. war das so. Auf der Drohkulisse dieser Zeit waren keine Terroristen gemalt, sondern Teufel und Hexen. Wesen, die angeblich eine Bedrohung für die Zivilisation darstellten. Für ein gerüttelt Maß an Angst und Panik sorgte die Propaganda. Sie lief zwar nicht über transatlantische Leitmedien und wurde nicht produziert von unbeleckten oder durchtriebenen Journalisten wie heute, sie lief über unbeleckte oder durchtriebene Priester und über ihre Kirchenkanzeln. Von ihnen beschworen sie bei jeder Gelegenheit die Bedrohung durch das Gegenreich herauf und trichterten den dummen Schäfchen ein, dass eine Invasion kurz bevorstehe. Und weil die dummen Schäfchen nicht sehr abstrakt denken konnten, machte man sich die Mühe, ihnen das Gegenreich in allen Einzelheiten auszumalen. So zählte man 1581 in Frankreich 72 Haupt- und 7 405 920 Unterteufel, die allein bei den Franzosen ihren Wirkungskreis hatten. Auch der schlagkräftige Aufbau der höllischen Verwaltung wurde den Schäfchen ständig unter die arglose Schnauze gerieben: Luzifer galt als der König, sein Vize hieß Belial. Darunter folgten die Gubernatores, namentlich Satan, Beelzebub, Astaroth, und als Großfürsten Aziel, Mephistopheles, Arbuel, Ariel, Aniguel, Anifel, Barfeal. Und selbstverständlich waren da auch noch Geheime höllische Räthe. Sie hießen Abbadon, Chamus, Milea, Lapasis, Merapis, und als Geh. Reichs-Secretariusfunktionierte Milpeza. Und last but not least – auch Spiritus Familiares kannte man: Chinicham, Pimpam, Masa, Lissa, Dromdrom, Lomha, Palasa, Naufa, Lima, Pora, Saya, Wunsolay. Die Obrigkeit ließ keine Gelegenheit aus, die Angstkulisse auszuschmücken, damit die ungebildeten Untertanen in Angst und Schrecken verharrten.

Ein durchtriebener Profiteur des damaligen Verfolgungsapparats: Dr. Franz Buirmann

Wie heute Überzeugungstäter unter den Propagandajournalisten für die Leit- und Hetzpresse in die Taste greifen bzw. Geheimdienstler und Gesetzeshüter ernsthaft an eine immanente Bedrohung durch Terroristen glauben, fürchteten sich damals auch Priester und Prediger, Hexenkommissare und andere vor der Drohkulisse, die sie heraufbeschworen. Doch es existierten auch andere. Jene, die das große Spiel um die Macht durchschauten und es mit hoher krimineller Energie zu ihren Gunsten ausnutzten. Von einem solchen Mann berichtet Gerhard Schormann in „Krieg gegen die Hexen“. Der Name dieses Mannes ist Dr. Franz Buirmann. Er war ebenso skrupellos wie grausam, übte das gefürchtete Amt eines Hexenkommissars aus und wirkte im rheinischen Teil von Kurköln. Aus ärmlicher Familie stammend, studierte er in Köln ab 1608 Jura und stand ab Ende der zwanziger Jahre des 17. Jh. als Hexenkommissar in kurkölnischen Diensten.

Macht und Gold als Antrieb behördlichen Mordens

Einmal an der Macht, begann Buirmann seinen Feldzug gegen die angeblichen Hexenleut mit unerbittlicher Grausamkeit. Zwei Frauen in Rheinbach waren 1631 seine ersten Opfer. Sie dienten wohl dazu zu kaschieren, worum es ihm wirklich ging: um das effiziente Füllen der privaten Schatztruhe mit Gold. Bereits das dritte Opfer war allerdings nicht mehr arm: Es handelte sich um die kinderlose 60-jährige Witwe Christina Böffgens, die im Keller ihres Hauses eine Truhe mit 2000 Talern versteckte. Auch das vierte Opfer hatte einen dicken Sparstrumpf. Es hieß Hilger Lirtzen, war ehemaliger Bürgermeister und erfolgreicher Kaufmann. Sein Vermögen betrug 6000 – 7000 Taler. Geld, von dem natürlich der Hexenkommissar und seine bigotte Helfersclique profitierten. Wer jetzt glaubt, dieser kriminelle Psychopath in staatlichen Diensten habe irgendwann die Rechnung für seine Missetaten erhalten, irrt ganz schön. Wegen des Schattenwurfs der allgegenwärtigen Drohkulisse und wegen der umfassenden Machtbefugnisse als Hexenkommissar war es unerhört riskant, sich ihm in den Weg zu stellen. Ein falsches Wort, und man hing im Folterkeller am Seilzug, hörte die Schultergelenke knacken und brannte schließlich auf dem Scheiterhaufen.

Spuren verwischen – eine Kernkompetenz von mächtigen Soziopathen

Der Einzige, der es wagte, dem menschenverachtenden Dr. Buirmann die Stirn zu bieten, war der Gerichtsschöffe der Stadt Rheinbach, Hermann Löher. Er floh vor dem Behördenteufel nach Amsterdam. Dort gab er ein Buch gegen die Hexenprozesse heraus, in dem er das ebenso zynische wie brutale Wüten von Dr. Buirmann und seinen Helfershelfern anprangert. Zufall oder nicht: Nur noch zwei von 1000 Exemplaren sind erhalten, eines im Gymnasium Bad Münstereifel, das andere in Amsterdam. Soziopathen sind eben clever, verstehen es nicht nur, die Dummheit der Schäfchen auszunützen, sie wissen auch, wie man Spuren kriminellen Handelns verwischt.

Es ist, so glaube ich, müßig, auf die Parallelen zur heutigen Zeit hinzuweisen. Nur noch eine Aufforderung: Politiker, die wie eingangs erwähnt in entscheidenden Debatten solche umwerfende Weisheiten zum Besten geben, sollte man sich merken, am besten ihre Namen aufschreiben. Auch die nächste Wahl kommt – es böte sich dann die Gelegenheit, wieder für ein bisschen Gerechtigkeit zu sorgen.

Quellen:

„Der Kriegen gegen die Hexen“, Gerhard Schormann.Vandenhoeck& Ruprecht in Göttingen, 1991. ISBN 3-525-01345-0
„Straße ins Feuer – vom Leben und Sterben in der Zeit des Hexen-Wahns“. Michale Kunze. Knaur, München: Lizenzausgabe Kindler Verlag GmbH, München, 1982. ISBN 3-426-01189-1

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