Samstag, April 27, 2024
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Unesco-Chefin frisiert ihren Lebenslauf

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Unesco-Chefin Irina Bokova will 2016 unbedingt UN-Generalsekretärin werden. Dafür schummelt die Bulgarin sogar ein bisschen bei ihrer Vergangenheit – und machte sich im Lebenslauf zur Außenministerin.

Eine der aussichtsreichsten Anwärterinnen für den Chefposten der Vereinten Nationen (UN) hat ihren Lebenslauf

geschönt. Irina Bokova, derzeit Generaldirektorin der UN-Kulturorganisation Unesco, bezeichnet sich in ihrem offiziellen Lebenslauf als ehemalige Außenministerin Bulgariens.

Nach Recherchen der “Welt” war die 63-Jährige jedoch nie Chefin des Auswärtigen Amts in ihrer Heimat. Dies belegen offizielle Erklärungen des bulgarischen Parlaments und des bulgarischen Außenministeriums auf Nachfrage. Demnach hat das Parlament die Tochter eines hohen Funktionärs der Kommunistischen Partei Bulgariens niemals in diesem Amt bestätigt.

“Frau Irina Bokova ist vom bulgarischen Parlament nie entsprechend der Verfassung zur Außenministerin gewählt worden. Aus juristischer Sicht war Frau Irina Bokova ‘Geschäftsführende Ministerin für Auswärtiges der Republik Bulgarien’ und sollte keinen anderen Titel führen”, heißt es in einer Stellungnahme des Außenamts in Sofia. Die offiziellen Liste des Ministeriums listet die Unesco-Chefin auch nicht als ehemalige Ministerin auf.

“Bokova war niemals Außenministerin”

Das bulgarische Parlament erklärte auf Anfrage, dass Bokova de facto überhaupt nicht das Chefamt im Außenministeriums übernehmen konnte. Denn der Rücktritt des damals amtierenden Außenministers Georgi Pirinski im November 1996 war vom damaligen Premier Zhan Videnov gar nicht ans Parlament weitergeleitet worden. Im Dezember 1996 brach die Regierung zusammen, im Februar 1997 übernahm eine Übergangsregierung die Macht. Deren Außenminister Stoyan Stalev, ehemals bulgarischer Botschafter in Bonn, sagte der “Welt”: “Irina Bokova war niemals Außenministerin.”

Bokovas Büro erklärte auf Anfrage, man sei dankbar für den Hinweis “auf den Lapsus” in der hochoffiziellen und mit Amtsantritt 2009 veröffentlichten Biografie. Bokova sei von August 1996 bis März 1997 Außenministerium “ad interim” gewesen, heißt es in der Stellungnahme weiter. Wie die aktuelle Unesco-Seite zeigt, wurde die entsprechende Abkürzung “a.i.” nach der “Welt”-Anfrage in die englische Version von Bokovas Lebenslauf eingefügt. Bis dato hatte jeder Hinweis darauf gefehlt.

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon tritt im Dezember 2016 nach zehn Jahren Amtszeit ab. Vergangene Woche verschickten UN-Sicherheitsrat und Generalversammlung einen Brief, der die 193 Mitgliedsnationen zur Nominierung von Kandidaten auffordert. Bisher hatten die fünf Vetomächte USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich die Besetzung mehr oder minder unter sich ausgemacht. Der UN-Generalsekretär darf laut UN-Satzung nicht aus einem der Veto-Staaten stammen.

Frau und aus Osteuropa als Kriterien

Diesmal soll der Prozess transparenter ablaufen. Und erstmals in der 70-jährigen Geschichte ist als künftiger Generalsekretär explizit eine Frau gewünscht. Zudem setzt sich Vetomacht Russland dafür ein, dass der nächste UN-Chef aus Osteuropa kommt. Beide Kriterien passen genau auf Bokova, die seit Monaten mit einer Medienkampagne in Bulgarien wie international für sich wirbt. Polens Ex-Präsident Aleksander Kwasniewski und der ehemalige US-Gouverneur Bill Richardson rühren für sie die Werbetrommel. Bokova pflegt zudem gute Beziehungen zu Moskau, erst in der vergangenen Woche reiste sie zu Gesprächen mit Präsident Putin.

Bokova ist seit 2009 Chefin der Unesco und damit auch für den Bereich Bildung zuständig, in dem Integrität bekanntlich erste Voraussetzung ist. Sie studierte in den 70er-Jahren in Moskau am Staatlichen Institut für Internationale Beziehungen, wo auch Russlands heutiger Außenminister Sergej Lawrow studierte. Aus einer Kaderfamilie der kommunistischen Elite stammend hatte Bokova zuvor ihr Abitur an der First English Language School in Sofia gemacht. Im Alter von 25 Jahren trat sie in den diplomatischen Dienst ein.

Mit der Nominierung für den UN-Chefposten im vergangenen Jahr durch Bulgariens damalige sozialistische Regierung hoffte Bokova den größten Schritt ihrer langen Karriere zu machen. Doch die jetzige Regierung von Premier Boijko Borrisow hat sich bisher nicht offiziell für ihre Nominierung ausgesprochen. Zudem hat die bulgarische EU-Kommissarin Kristalina Georgiewa Interesse an dem Posten erkennen lassen.

Georgiewa kam 2010 von der Weltbank in Washington nach Brüssel, um Premier Borrisow aus der Patsche zu helfen. Dessen eigentliche Kandidatin Rumiana Schelewa hatte die Anhörung im EU-Parlament wegen ihrer Inkompetenz nicht überstanden. Zudem hatten mehrere Zeitungen, darunter auch die “Welt”, über Schelewas Interessenkonflikte berichtet.

Quelle:http://www.welt.de/politik/ausland/article150278398/Unesco-Chefin-frisiert-ihren-Lebenslauf.html

Gruß an die Überraschten

Der Honigmann

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