Freitag, April 26, 2024
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Von der Aufteilung Europas bis zur Atombombe – CIA legt geheime Dokumente offen

Der US-Geheimdienst CIA hat eine große Menge freigegebener Archivdokumente veröffentlicht – 275 Berichte, die US-Präsident Harry Truman 1946 täglich vorgelegt wurden. Der Kalte Krieg hatte damals noch nicht begonnen, doch die Interessen der Sieger im Krieg gegen Nazi-Deutschland gingen immer weiter auseinander.

Washington teilte mit Moskau Europa auf. Gleichzeitig stand Moskau unter dem Verdacht, Ansprüche auf die Weltherrschaft zu erheben.

Gerüchte und Munkeleien

Die CIA berichtete am 3. Juli 1946 Präsident Truman vom Rücktritt des Oberbefehlshabers der sowjetischen Landstreitkräfte, Marschall Georgi Schukow.

Marschall Georgi Schukow (Archiv)
© SPUTNIK /
Marschall Georgi Schukow (Archiv)

„Vielleicht haben sich die Gerüchte bestätigt, dass Marschall Schukow vor kurzem vom Posten des Oberbefehlshabers der sowjetischen Landstreitkräfte entlassen und zum Befehlshaber des Militärbezirks Odessa ernannt wurde. Nach vorhandenen Informationen sagte Schukow Stalin, dass er nicht weiter das Amt des Oberbefehlshabers der Landstreitkräfte innehaben kann, weil das Oberhaupt bei prinzipiellen Fragen eine andere Meinung als er hatte“, hieß es in einem Dokument unter Berufung auf einen US-Militärattaché in Moskau.

Der Rücktritt des ruhmvollen Feldherrn, der mehrere wichtige Ämter bekleidete, sorgte für großen Wirbel. Doch diese Informationen kamen mit fast einem Monat Verspätung. Schukow wurde bereits am 9. Juni entlassen. Dem Marschall wurde die illegale Aneignung von Kriegsbeute und die Aufblähung der eigenen Verdienste bei der Zerschlagung der Hitler-Truppen vorgeworfen. Es waren tatsächlich lange Gerüchte im Umlauf, dass Schukow Opfer der eigenen Widerworte wurde und es wagte, Stalin zu kontern.Bemerkenswert ist, dass die CIG (CIA-Vorgänger) sich in ihrem Bericht auf Gerüchte stützte.

Allerdings ist das nicht das einzige Beispiel dieser Art. Viele Berichte, die in das Weiße Haus eingingen, basierten auf Angaben, die kaum als glaubwürdig eingeschätzt werden können.

Josef Stalin, formelles Staatsoberhaupt der Sowjetunion Michail Kalinin, sowjetischer Regierungschef Wjatscheslaw Molotow, 1919
© SPUTNIK / IWAN SCHAGIN
Josef Stalin, formelles Staatsoberhaupt der Sowjetunion Michail Kalinin, sowjetischer Regierungschef Wjatscheslaw Molotow, 1919

Und manchmal stützten sie sich einfach auf Mutmaßungen und freie Interpretationen von Informationen aus offenen Quellen.

„Botschafter Smith in Moskau berichtet, dass die Fotos in der sowjetischen Presse, die im Zusammenhang mit dem Tod des ehemaligen Präsidenten Kalinin veröffentlicht wurden, nochmals die Wichtigkeit von Georgi Malenkow, Lawrenti Berija und einer kleinen Gruppe aus dem Politbüro in der sowjetischen Hierarchie hervorheben. Smith ist der Ansicht, dass Stalin die jetzige Periode als eine Krisenperiode für das Regime betrachtet, die eine energische innere Kontrolle und Schutzgarantien gegen ausländische Maulwurf-Einflüsse erfordert“, heißt es in einem Bericht vom 27. Juni.

Die US-Geheimdienste, die damals keine zuverlässigen Whistleblower in den Partei- und Staatsorganen hatten, mussten Fotos aus sowjetischen Zeitungen analysieren. Die Qualität dieser „Analysen“ war nicht gut, doch alles gelangte auf den Tisch von Präsident Truman. Auf der Grundlage dieser Analysen basierte die US-Politik gegenüber der Sowjetunion

„Sowjets streben Weltherrschaft an“

Ebenfalls unglaubwürdig wirken die Mutmaßungen der US-Aufklärung, dass die Sowjetunion nach dem Sieg im Krieg die Weltherrschaft anstrebt. Häufig enthalten die Berichte überhaupt keine Hinweise auf die ursprünglichen Quellen und beruhen nur auf irgendwelchen Meinungen. Wie zum Beispiel bei einem Bericht aus London, der dem US-Präsident am 18. April vorgelegt wurde.

„Nach Angaben der US-Botschaft in London ist das britische Außenministerium nicht mehr der Meinung, dass die Sowjets vor allem an der Gewährleistung der eigenen Sicherheit interessiert sind, um sich danach auf die innere Entwicklung zu konzentrieren. Die britischen Diplomaten meinen, dass die Sowjets von der Idee der Weltherrschaft motiviert sind, die indirekt durch die Propaganda der kommunistischen Doktrin und unmittelbar durch das Druckausüben auf andere Länder erreicht werden soll“, hieß es im Dokument.

Im gleichen Sinne sind auch Berichte aus anderen Ländern erstellt worden. In einer Meldung vom 8. Mai wird behauptet, dass französische Kommunisten mit Unterstützung der Sowjetunion einen Staatsstreich im Lande vorbereiten. Es wurde sogar ein konkretes Datum genannt: der 12. Mai. Eine Meldung aus der Türkei am 23. April: „Die Sowjetunion beabsichtigt, die Seewege im Mittelmeer unter Kontrolle zu nehmen.“ Aus Ungarn wurde am 10. Mai nach Washington gekabelt: „Die Sowjets haben vor, das ganze Donau-Gebiet zu erobern.“ Am selben Tag wurde aus Syrien und dem Libanon berichtet: „Der sowjetische Einfluss nimmt mit jedem Tag zu.“Fünf Tage später wird dem US-Präsidenten rapportiert: Die Sowjets haben die rumänische Wirtschaft völlig unter ihre Kontrolle genommen. Aus dem fernen Argentinien wird gewarnt, dass der künftige Konflikt zwischen den westlichen Mächten und der Sowjetunion fast nicht mehr zu vermeiden ist. Wegen der massiven Aktivierung der „kommunistischen Agitation“ beschwert sich Brasilien.

„Die rote Pest“ weitete sich auf entfernte Regionen der Welt aus. So heißt es in einem Bericht vom 29. März, dass die Sowjetunion Mikronesien im Visier hat.

Sowjets Soldaten während des Zweiten Weltkrieges in Polen
© SPUTNIK /
Sowjets Soldaten während des Zweiten Weltkrieges in Polen

Als Grundlage diente erneut nur ein Pressebericht – ein Artikel in dem „Sowjetischen Magazin für Weltwirtschaft und Weltpolitik“.

„In dem Artikel werden die strategische Bedeutung von Mikronesien bei der Aufrechterhaltung des stabilen Friedens und die Gefahr, die diese Inseln in den Händen von aggressiven Mächten wie Deutschland und Japan darstellen, hervorgehoben. Ein Attaché betont, dass dies auf einen Plan zur Propaganda gegen die USA als aggressive imperialistische Macht hinweist“, hieß es in dem Bericht.

„Russische Spione auf Schritt und Tritt“

Es entwickelt sich eine gewisse Manie, sich ständig ausspioniert zu fühlen. Der US-Hochkommissar für Österreich, General Mark Clark, berichtete am 14. März, dass das sowjetische Kommando jeden Anlass zur Verlängerung des Aufenthalts seiner Rückführungsmission in der US-Zone nutzt. Nach Angaben des Generals machen Aufklärungstätigkeiten in der US-Zone einen gewissen Teil ihrer Aktivitäten aus.

Der Militärgouverneur der amerikanischen Besatzungszone in Deutschland, General Joseph McNarney, machte auf eine „bedeutende Intensivierung der sowjetischen Spionage bei Berlin“ aufmerksam. Ihm zufolge beinhalteten die sowjetischen Aufklärungsmethoden Drohungen und Bestechungsgelder für deutsche Staatsbürger, die bei der US-Armee beschäftigt sind.

Sowjets Soldat während des Zweiten Weltkrieges in Berlin
© SPUTNIK / OLEG KNORRING
Sowjets Soldat während des Zweiten Weltkrieges in Berlin

Ein Bericht vom 27. März enthält eine Meldung aus Bagdad, in der der Verdacht zum Ausdruck gebracht wurde, dass es unter den Pilgern viele Spione aus der Sowjetunion gibt, die mit sowjetischer Agitation unter den Schiiten beauftragt wurden.

„Der US-Militärattaché in Kopenhagen wurde von einer zuverlässigen Quelle informiert, dass sowjetische Agenten nach Alaska und Grönland eingedrungen sind. Der Militärattaché wertet diese Informationen wahrscheinlich als wahr“, hieß es in einer Meldung vom 20. Juni.

Schwere Zeiten

Der schrecklichste Krieg in der Geschichte war vor kurzem zu Ende gegangen, die Wirtschaft vieler Länder war zerstört, Europa drohte eine Hungersnot.

Das Pentagon schlug im Interesse des US-Haushalts vor, die Getreidelieferungen nach Deutschland einzustellen. Der Geheimdienst mahnte das Weiße Haus vor möglichen Unruhen in den Besatzungszonen.

„Als Antwort auf den Vorschlag des Pentagons über die Einstellung der Weizenlieferungen an Deutschland sagte General Lucius Clay, dass zur Aufrechterhaltung einer Ration von 1380 Kalorien bis September, bis zum Einfahren der Ernte, bis zu 46.000 Tonnen Weizen pro Monat erforderlich sind. Das würde die Hälfte der Ration ausmachen – ein Minimum zur Verhinderung von Hunger und Unruhen“, hieß es in der Meldung vom 21. März.

Gleichzeitig berichteten die US-Geheimdienste, dass die Sowjetunion den Ländern der sowjetischen Besatzungszone mit Hilfslieferungen unter die Arme greift. Das wurde mit der Absicht Moskaus verbunden, den Einfluss auf die Politik dieser Länder zu erhöhen.

Sowjets Soldaten teilen Brot in Budapest aus
© SPUTNIK /
Sowjets Soldaten teilen Brot in Budapest aus

„Die US-Delegation in Budapest berichtete, dass Moskau Marschall Tolbuchin erlaubt hat, der rumänischen Regierung und den rumänischen Bauern mechanisierte Anlagen, Pferde und Truppen bereitzustellen, um Rumänien bei der Ernte zu helfen. Laut der Delegation würde diese Maßnahme den Sowjets und der Regierung von Premier Petru Groza ermöglichen, die konservativen Bauern im Vorfeld der bevorstehenden Wahlen unter Druck zu setzen“, hieß es am 18. März.

„Der US-Botschafter in Prag, Laurence Steinhardt, erfuhr aus einer zuverlässigen Quelle, dass die Sowjets der Regierung der Tschechoslowakei bis zu 30.000 Tonnen Weizen zum 15. Mai versprochen haben. Steinhardt zufolge dient das sowjetische Versprechen eindeutig der Förderung der kommunistischen Partei bei den Wahlen am 26. Mai, die Weizenlieferungen werden umfassend vom tschechischen Informationsministeriums, das von den Kommunisten kontrolliert wird, öffentlich gemacht“, hieß es in einem Bericht vom 1. Mai.Die Sowjetunion kämpft derweil gegen ihre eigene Zerrüttung. Diese Situation ist ebenfalls im Blickfeld der US-Geheimdienste.

„Der US-Militärattaché in London erfuhr aus einer zuverlässigen Quelle, dass die dreimonatige Dürre in der Ukraine zum Verlust der Hälfte der geplanten Getreideernte führen wird“, hieß es in einer Meldung vom 31. Mai.

In einer anderen Meldung wird die Vermutung geäußert, dass die Sowjetunion nun keine Eile hat, ihre Truppen aus Europa abzuziehen, weil sie in der Heimat nicht ernährt werden können.

Militärische Atomkraft

Im Sommer 1946 waren die USA der einzige Staat in der Welt, der über Atomwaffen verfügte. Im August 1945 wurden Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfen. Washington bemühte sich, den Status der Atommacht aufrechtzuerhalten.

„Das US-Außenministerium versendete an alle Mitglieder der UN-Atomenergiekommission (Australien, Brasilien, Kanada, China, Ägypten, Frankreich, Mexiko, Niederlande, Polen, Sowjetunion und Großbritannien) die Einladung, einen Presse- und zwei Regierungsvertreter zu schicken, damit sie Augenzeugen der Tests einer Atombombe am Bikini-Atoll im Juli und August werden“, hieß es am 6. Mai.

In derselben Meldung wird die Bereitstellung von Kriegsschiffen für diese Tests erwähnt.

Am 1. Juli wurde eine starke Bombe auf 73 ausgemusterte Schiffe abgeworfen. So demonstrierten die USA der Welt die zerstörerische Kraft der neuen Waffe.

Die Sowjetunion forciert ihr eigenes Atomprojekt. Die US-Aufklärer ahnten das, hatten jedoch keine genaueren Informationen darüber.

„Der Militärattaché in Paris erfuhr über eine jüngste sowjetische Richtlinie, dass die Sowjets bis Mitte 1947 über Technologien verfügen und teilweise die Möglichkeit des Einsatzes einer Atombombe bekommen werden“, hieß es in einer Meldung vom 29. Mai.

Das erste sowjetische Geschoss für die Atombombe wurde am 29. August 1949 auf dem Gelände Semipalatinsk in Kasachstan getestet.

Verbaler Krieg

Präsident Truman wurde dringend empfohlen, eine Propagandakampagne gegen die Sowjetunion zu starten.

„Botschafter Smith berichtete, dass er über die Empfehlung des Senat-Ausschusses für Finanzierungen besorgt ist, die Herausgabe des Magazins „America“ wegen seiner unzureichenden Verbreitung in der Sowjetunion einzustellen. Smith zufolge ist der Stopp der Herausgabe äußerst unerwünscht“, hieß es am 15. April.

Eine Woche später wird berichtet, dass man Rundfunkberichte aus den USA in russischer Sprache erstellen sollte, wobei mit dieser Aufgabe nur ein staatliches Unternehmen beauftragt werden könnte.In einem Bericht vom 5. Juni wird präzisiert, dass die Ausstrahlung der Berichte in russischer Sprache in der Nacht erfolgen muss. Hauptaufgabe müsse der „Kampf gegen antiamerikanische Propaganda“ sein, so Smith.

Ein Jahr später, im Jahr 1947, wird im Radiosender „Voice of America“ eine Abteilung für Berichterstattungen in russischer Sprache eingerichtet.

US-Präsident Harry Truman
© AP PHOTO /
US-Präsident Harry Truman

Auf rund tausend Seiten wird über Geheimnisse von vor 70 Jahren berichtet. Viele Punkte sind mit dem Zeichen „geheim“ und „streng geheim“ versehen.

Bis heute werden viele Meldungen sowie Informationsquellen weiterhin geheim gehalten.

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