Donnerstag, April 25, 2024
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Zurück zur Vernunft: Nennen wir die Dinge doch beim Namen!

Die Einen stellen sich schützend vor sie und nennen sie »Flüchtlinge«, die Anderen wollen sie gar nicht erst im Land haben und schimpfen sie »Invasoren«. Mittendrin erhöht sich der Druck auf die noch Unentschlossenen, sich doch endlich für eine Seite zu entscheiden und Farbe zu bekennen. Die »Flüchtlingskrise« ist gnadenlos und duldet keine Neutralität. An ihr offenbart sich der katastrophale Zustand des vermeintlich aufgeklärten Europas. Gleichzeitig profitieren unzählige Organisationen von den tausenden Toten im Mittelmeer. Die Fronten verhärten sich.

Kolumne von Siegfried Waschnig

Der dreijährige Aylan ist tot, ertrunken im Mittelmeer. Seine kleinen Arme waren nicht stark genug und haben den Kampf gegen die Fluten verloren. Vielleicht hat er noch ein letztes Mal die Hand nach seiner Mutter ausgestreckt, während das Boot mit seiner Familie hinter den hohen Wellen verschwand. Als er in sein nasses Grab sank, wurde er zum Posterboy der „Refugees welcome“-Industrie.

Ein Tod, der nicht umsonst war

Die Bilder des toten Aylan gingen um die Welt, sorgten für Erschütterung und wurden zum Symbol der »Flüchtlingskrise«. Sie sind der Appell an das Gewissen, die Schleusen nach Europa noch weiter zu öffnen. Jeder, der selbst Kinder hat bzw. zu Mitgefühl in der Lage ist, wollte in diesem Moment selbst die ganze Welt zu sich einladen, nur um diesem Schrecken ein Ende zu bereiten. Aylans Leichnam wurde an die Strände Europas Wohnzimmer gespült. Sein Tod offenbarte einmal mehr die Strategien der widerlichen Profiteure der unzähligen Toten im Mittelmeer.

Das Elend klopft an Europas Pforten

Seit 2015 sind wir mit vielen Tragödien dieser oder ähnlicher Art konfrontiert. Die Welt ist kleiner geworden, das Elend der Welt klopft an Europas Pforten und fordert vehement Einlass. Gleichzeitig hat »das Elend« seinen Rachefeldzug am reichen Westen begonnen, massakriert, vergewaltigt und bombt sich in das Bewusstsein der träge, müde und schwach gewordenen Sozialsystemprofiteure. Im Wohnzimmersessel war »das Elend« noch angenehm und praktisch, als es für die Produktion von Mobiltelefon, Laptop oder billigen Klamotten den Rohstoffnachschub sicherstellte oder ganz einfach die Köpfe für die profitablen Waffengeschäfte des Westens hingehalten hat. Doch mit dieser Rolle scheint sich der arme Teil der Welt nicht mehr zu begnügen.

Die Rache »des Elends«

»Das Elend« ist mittlerweile in der Lage, diese Zustände nicht länger hinzunehmen – und das ist auch gut so. Je mehr Menschen weltweit sich gegen ein ausbeuterisches System zur Wehr setzen, desto besser ist es für den gesamten Planeten. Weniger gut ist es, dass eine gutbezahlte Lobby es sich zum Ziel gemacht hat, diesem »Elend« in Europa eine Bleibe zu versprechen, wodurch auch die Aufnahmeländer destabilisiert werden. Zusätzlich wollen sie aus der Lage der Einwanderer ihren Profit schlagen. Gutverdienende Mittelschicht und reiche Philanthropen werden zu Stützpfeilern einer „Refugees welcome“-Industrie. Einer Industrie, der es weniger um Menschenleben, sondern um Geld, Macht und Einfluss geht und für die Menschen wie Aylan nur billiger Rohstoff sind.

Kampfbegriff »Flüchtling«

Für diese Zwecke wird der Begriff »Flüchtling« emotionalisiert, sprich emotional aufgeladen. So kann viel Geld verdient und Einfluss ausgeübt werden. Neben dem finanziellen Interesse der Organisationen, die in der Flüchtlingshilfe involviert sind, buhlen auch Parteien um neue Zielgruppen. Deshalb locken sie Tausende mit falschen Versprechungen nach Europa und deshalb treten sie vehement dafür ein, Zuwanderung als Flüchtlingshilfe zu verkaufen. Um ihren Plan umzusetzen, nehmen sie auch in Kauf, Meinungsfreiheit und Grundrechte einzuschränken. All das unterstützt von irrationalen Begrifflichkeiten und Vorstellungen.

Mehr Herz als Verstand

Wie die Reaktionen auf Aylans Tod hauptsächlich auf der Gefühlsebene stattfanden, ist auch bei der »Rettung der Welt« weniger der Verstand im Spiel. Es wird vor allem auf der Gefühlsebene argumentiert und jeder, der sich vernünftig zum aktuell brisantesten Thema äußert, verliert rasch die persönliche Legitimität und wird zur Persona non grata erklärt.

Werkzeug der Macht

Sie wird die Tatsache ausgeblendet, dass offene Grenzen und die organisierte »Seenothilfe« der NGOs erst zur Mittelmeerüberfahrt motivieren und gerade deshalb tausende Menschen ihren Tod finden. Es wird ignoriert, dass Asylsuchenden in ihrer Heimat effizienter und umfangreicher geholfen werden könnte. Und es wird verkannt, dass es in Wirklichkeit die Wohlhabenderen sind, die sich diese beschwerliche Reise leisten können und den Ärmsten der Armen – »dem Elend« – so nicht geholfen wird. Auch dass die Aufnahmegesellschaften ihre eigenen Bedürfnisse, Vorstellungen und Wünsche haben, wird bewusst übersehen. Das schlechte Gewissen als Werkzeug der Macht. All das ruft Gegenreaktionen hervor, die Stimmung wird aggressiver und gereizter. Die Gesellschaft verstrickt sich mehr und mehr in der Gefühlsebene und vergisst auf ihr Hirn.

Die Klärung der Begriffe

Abhilfe schafft nur ein vernünftiger Umgang mit den aktuellen Herausforderungen. Dazu gehört, nicht jeden Einwanderer pauschal als Flüchtling zu bezeichnen, aber auch, nicht jeden Asylwerber als Invasoren zu sehen. Es ist an der Zeit diese Begrifflichkeiten zu klären und entsprechend zu handeln. Dazu ist es auch anbracht sich zu fragen, wo Hilfe günstiger und effizienter organisierbar ist; hinzuschauen in welchem Namen Verbrechen und Terror verübt werden; anzuerkennen, dass es bereits gefährliche Strukturen im eigenen Land gibt und dass die Verantwortlichen dieser Situation noch immer in Amt und Würde sind.

Die Diskussion auf Vernunftebene

Jede Emotion – egal ob Wut, Trauer oder Hass – spielt nur den etablierten Strukturen in die Hände. Im Gegenzug zwingt Vernunft und sachliche Auseinandersetzung die etablierten Gestalter auf eine Ebene, auf der sie nur verlieren können. Darum der Appell: Finden wir zurück zur Vernunft, nennen wir die Dinge beim Namen, damit Aylan in seinen tragischen letzten Minuten nicht umsonst nach seiner Mutter geschrien hat.

 


Siegfried Waschnig ist Doktorand im Fach Philosophie, parlamentarischer Mitarbeiter und Vater von fünf Kindern. Als kritischer Rationalist hält er die Debatte über Kultur, Heimat und Zuwanderung nur auf Vernunftebene lösbar. Jede Woche schreibt er für Info-DIREKT seine Kolumne „Zurück zur Vernunft“.

Beitragsbild: Bildkomposition: Info-DIREKT / Hintergrund: pixabay.com

Quelle: Info Direkt

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