Samstag, April 27, 2024
StartPolitikAsien„Flüchtlings-Krise wird durch Afghanistan angeheizt“: AfD besucht Grenzgebiete in Türkei – Interview

„Flüchtlings-Krise wird durch Afghanistan angeheizt“: AfD besucht Grenzgebiete in Türkei – Interview

Eine Delegation der AfD besuchte Ende August die Türkei, nahe der Grenze zum Iran. In Zeiten der Afghanistan-Krise gelangen über diese Route viele Flüchtlinge nach Europa. Die Abgeordneten informierten sich durch Gespräche mit Geflüchteten, staatlichen Stellen und Hilfsorganisationen, schildert AfD-Politiker Siegbert Droese im SNA-Interview.An der türkisch-iranischen Grenze konnte AfD-Bundestagspolitiker Siegbert Droese mit mehreren Flüchtlingen sprechen. Darunter eine geflüchtete Frau aus Afghanistan, wie er im SNA-Interview berichtete:„Sie hatte so eine Art Luxus-Schleusung hinter sich. 4000 Dollar, hat sie gesagt, habe sie bezahlt. Dafür ist sie halt mehr oder weniger in sechs Tagen mit dem Fahrzeug durch Afghanistan gekommen. Diese und andere Frauen kamen aus Herat, glaube ich, das ist eine Stadt im westlichen Teil von Afghanistan. Also in der Nähe zur iranischen Grenze.“Droese kam Ende August in einer Delegation der AfD-Bundestagsfraktion gemeinsam mit Beatrix von Storch und Paul Podolay für mehrere Tage in die Türkei. Dort besuchten sie Stationen an der Grenze zum Iran, konnten mit Flüchtlingen sprechen und trafen sich mit mehreren Parteien, Organisationen und Experten-Gruppen.

Darunter Vertreter der Europäischen Union (EU), die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR, weitere türkische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und humanitäre Hilfswerke sowie türkische Politiker, Regierungsstellen und Wissenschaftler. Beispielsweise gab es Gespräche mit dem Politiker Akif Çağatay Kiliç, dem Vorsitzenden der Deutsch-Türkischen Freundschaftsgruppe.

„Millionen Migranten“

So erhielten die AfD-Delegierten „einen sehr starken Einblick in die aktuelle Situation, wie viele Millionen Migranten bereits in der Türkei untergebracht sind. Das sind wirklich Größenordnungen. Man sprach von 3,7 Millionen Syrern, die im Land sind. Zivilgesellschaftliche Organisationen sprachen ganz konkret davon, dass 500 bis 1000 Menschen – vorwiegend Afghanen – jeden Tag in der Türkei illegal die Grenze überqueren.“ Droese zitierte frühere Aussagen von Innenminister Horst Seehofer (CSU), wonach bis zu fünf Millionen afghanische Flüchtlinge bald in Deutschland und Europa erwartet würden.

Im Gespräch mit der Redaktion bestätigte er das, was zuvor am Mittwoch die Vize-Chefin der AfD auf Bundesebene, Beatrix von Storch, im Interview mit SNA News betont hatte: „Wir brauchen keinen globalen Pakt für Migration, sondern einen neuen globalen Pakt für sichere Grenzen“, sagte sie. „Der Aufenthalt an der türkisch-iranischen Grenze hat das nochmal ausdrücklich bestätigt.“ Eine solche neue Vereinbarung zwischen Ankara und der EU müsse unbedingt durch Brüssel unterstützt werden, forderte Droese.Der türkischen Regierung müsse außerdem beim Grenzschutz geholfen werden, argumentierte er. Demnach lässt die EU derzeit Ankara finanzielle Mittel zukommen, um die Grenzanlage zwischen der Türkei und dem Nachbarland Iran weiter auszubauen.

Denn viele afghanische Flüchtlinge betreten über die Iran-Route zunächst türkisches Territorium, um sich dann häufig weiter Richtung Westeuropa durchzuschlagen. Dieser geografische Hintergrund wird vielleicht mit einem Zitat des US-Politologen Samuel P. Huntington deutlicher. Jener schrieb in seinem bekannten Werk „Kampf der Kulturen“ bereits 1996 davon, dass die Türkei als Bindeglied zwischen Asien und Europa zu den sogenannten „zerrissenen Staaten“ gehört. Also hin- und hergerissen zwischen zwei Kulturkreisen und Kontinenten.

Kein Geld aus Brüssel für EU-Land Litauen, aber für Türkei

„Das war für uns schon eine Neuigkeit, dass sozusagen die EU der Türkei hilft mit finanzieller Unterstützung bei der Befestigung und Ertüchtigung ihrer Grenzanlagen“, sagte der AfD-Abgeordnete. „Aber Sie erinnern sich vielleicht an unser Gespräch vor wenigen Wochen, wo wir in Litauen waren.“

Damals kritisierte er, dass Brüssel dem litauischen Partner – immerhin ein vollwertiges EU-Mitglied – keine Gelder für den Bau eines robusten Grenzschutzes zwischen Litauen und Belarus zur Verfügung stellt. Es müsse deutlich mehr auf europäischer Ebene getan werden für die eigene EU-Grenzsicherung des Schengen-Raumes, so der Abgeordnete.„Also sicherlich mal eine richtige Maßnahme der EU“, schätzte er mit Blick auf die Grenze Türkei-Iran ein, „wo sie sonst doch in vielen Bereichen versagt. Besonders der europäische Außengrenzschutz ist doch als mangelhaft zu bezeichnen, was dort getan wird, um die Grenzen effektiv zu schützen. Das ist wirklich mangelhaft, was die Europäische Union dort leistet. Aber ist es wohl so, dass man den Türken jetzt hilft.“Speziell auch im Hinblick weiterer zu erwartender Migrationsströme aus Syrien. „Dass man die Türkei da etwas entlastet, die eine gewisse Hauptlast in der Fluchtbewegung zu tragen hat.“ Außerdem betonte er: „Wenn man in der Rückschau über die Zahlen des Auswärtigen Amtes spricht, die komplett kolossal danebenlagen, da war es schon richtig, dass wir uns jetzt unabhängig von dem laufenden Bundestags-Wahlkampf darüber informieren: Wie ist die Situation vor Ort? Einfach, weil wir in der Frage dem Außenamt gegenüber kein Vertrauen hatten.“

Flüchtlinge aus Afghanistan: Thema im türkischen Wahlkampf

„In Deutschland leben 270.000 Afghanen“, berichtete „Zeit Online“ Anfang September. Schätzungen nach gab es in den letzten Jahren mehr als 100.000 Tote in Afghanistan durch die dortige Interventions-Politik der westlichen Nato-Staaten. „Die Taliban* werben um die Weltgemeinschaft“, erinnerte das Nachrichtenmagazin „Spiegel“ vor wenigen Tagen. „Sie brauchen ausländische Investitionen, Entwicklungszusammenarbeit und sehr wahrscheinlich humanitäre Hilfe. Diese sind ohne ein Mindestmaß an internationalen Beziehungen nicht zu haben. Afghanistan droht der wirtschaftliche Kollaps, womöglich eine Hungersnot.“ Hunger ist einer der Treiber von Migration.„Von den gesamten Afghanen, die in Deutschland leben, sind es wohl 43-45 Prozent, die von Hartz IV leben“, ergänzte Droese.

Die Migrations-Frage werde in der Türkei „zunehmend zum innenpolitischen Thema“, konnte der AfD-Politiker auf seiner Reise beobachten. Präsident Recep Tayyip Erdoğan „hat sich noch nicht ganz festgelegt, wie er in Zukunft damit umgehen wird. Die haben ja bald Wahlkampf. Aber die Opposition macht tüchtig Druck. Recht große Demonstrationen gab es schon gegen Migration, weil eben die Türkei derzeit in einer gewissen wirtschaftlichen Krise ist. Wir haben dort eine starke Inflation des Geldes, eine Geldentwertung. Natürlich ähnlich wie bei uns. Corona-bedingt gibt es da natürlich starke Effekte auf die Wirtschaft, der Tourismus liegt am Boden und so weiter. Das ist dann alles mit der illegalen Migrationsfrage verbunden.“

„Haben beste Expertise“: Lob von AfD für türkische Organisationen

Er lobte die türkischen Helfer, die dort „täglich mit der Situation direkt konfrontiert sind. Das sind die türkischen Nichtregierungsorganisationen, die dort Unterbringung und Versorgung der Menschen managen. Die haben, glaube ich, die beste Expertise.“ Der Schlüssel sei letztlich der türkische Staat, „obgleich er sich an der Unterbringung der derzeitigen Flüchtlinge relativ wenig beteiligt. Das wird meist über internationale Hilfe organisiert. Wie gesagt: Meine persönliche Meinung ist, dass wir der Türkei eigentlich nur danken können, dass sie so viele Menschen unterbringt.“Zur Zeit der Reise der AfD-Abgeordneten warnte der türkische Journalist Bülent Mumay in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) vor einem „Pulverfass“, auf dem die Erdoğan-Regierung aufgrund der Migrationskrise sitze. Nicht nur wegen bevorstehender Wahlen im Land, sondern auch aufgrund weiterer Differenzen zur EU, die jetzt neu entstehen könnten.

*Unter anderem von der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (Armenien, Kasachstan, Kirgistan, Russland, Tadschikistan, Belarus) als Terrororganisation eingestuft, deren Tätigkeit in diesen Ländern verboten ist.

Quelle!:

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