Samstag, April 27, 2024
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Häusliche Gewalt: Mädchen und Frauen in Afghanistan zunehmend schutzlos – Bericht

Die Lage für weibliche Gewaltopfer in Afghanistan hat sich nach der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban* Mitte August rapide verschlechtert. Sie können nun kaum mit Hilfe rechnen, wie aus einem von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International am Montag veröffentlichten Bericht folgt.Demnach schlossen die Taliban Unterstützungsnetzwerke für Überlebende von Gewalt in Beziehungen oder Zufluchtsorte wie Frauenhäuser. Zugleich entließen sie Häftlinge aus den Gefängnissen, von denen viele wegen geschlechtsspezifischer Gewaltdelikte verurteilt worden waren.Ehemalige Bewohnerinnen von Frauenhäusern, Mitarbeiter von Schutzeinrichtungen sowie an den Schutzdiensten beteiligte Anwälte, Richter oder Regierungsbeamte, seien nun einem Risiko von Gewalt und Tod ausgesetzt, heißt es.„Frauen und Mädchen, die geschlechtsspezifische Gewalt überlebt hatten, wurden in Afghanistan praktisch im Stich gelassen. Ihr Unterstützungsnetzwerk wurde abgebaut, und ihre Zufluchtsorte sind so gut wie verschwunden“, schilderte Agnes Callamard, Generalsekretärin von Amnesty International.Nach der Schließung der Notunterkünfte hätten die Mitarbeiter viele Frauen und Mädchen zu ihren Familien zurückschicken müssen. Andere Gewaltopfer seien von ihren Familienmitgliedern gewaltsam weggebracht worden, heißt es in dem Bericht. Andere Frauen seien gezwungen gewesen, auf der Straße oder in anderen unhaltbaren Situationen zu leben.

Um Frauen und Mädchen vor weiterer Gewalt zu schützen, müssen die Taliban Callamard zufolge die Notunterkünfte wieder öffnen und andere Schutzdienste für Überlebende wiederherstellen.

Amnesty International rief die internationale Gemeinschaft dazu auf, solche Schutzdienste sofort und langfristig zu finanzieren, Überlebende und Dienstleister, die einer unmittelbaren Gefahr ausgesetzt sind, zu evakuieren und die Taliban dazu aufzufordern, ihre Verpflichtungen gegenüber Frauen und Mädchen einzuhalten, insbesondere gegenüber denjenigen, die von geschlechtsspezifischer Gewalt bedroht sind.Ende November hatte Taliban-Sprecher Suhail Schahin telefonisch gegenüber Amnesty International zu verstehen gegeben, dass es im Islam keinen Platz für Gewalt gegen Mädchen und Frauen gebe. Frauen, die häuslicher Gewalt ausgesetzt seien, könnten sich an die Gerichte wenden. Die Gerichte würden ihre Beschwerden behandeln.

Neun von zehn Frauen in Afghanistan erleben mindestens eine Form von Gewalt

Nach Angaben der Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) erleben in Afghanistan neun von zehn Frauen mindestens eine Form von Gewalt in der Partnerschaft. Vor der Machtübernahme der Taliban hätten sich jährlich Tausende Frauen an ein landesweites Netz von Frauenhäusern und Dienstleistern gewandt. Das Netz sei bei weitem nicht perfekt gewesen, habe aber Frauen mit Rechtsberatung, Anwälten, medizinischer oder psychosozialer Hilfe unterstützt.

Machtergreifung durch Taliban in Afghanistan

Anfang August hatten die Taliban eine großangelegte Offensive gegen die Regierungskräfte in Afghanistan eingeleitet. Am 15. August marschierten sie in Kabul ein und brachten den Präsidentenpalast unter ihre Kontrolle. Am nächsten Tag erklärte ein Taliban-Sprecher, dass der Krieg beendet sei und die Regierungsform im Land in nächster Zeit bestimmt werden solle.

In den letzten beiden Augustwochen erfolgte eine Massenevakuierung von Bürgern westlicher Länder und ihren afghanischen Mitarbeitern vom Flughafen in Kabul, der von US-Soldaten kontrolliert wurde. In der Nacht zum 31. August verließen die US-Truppen den Flughafen. Anfang September wurde die Zusammensetzung der Übergangsregierung Afghanistans bekannt gegeben, deren Leitung das führende Mitglied der Taliban, Mohammad Hasan Ahund, übernommen hat.

*Die Organisation ist wegen Terror-Aktivitäten mit UN-Sanktionen belegt

Quelle!:

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