Donnerstag, Mai 2, 2024
StartPolitikEuropaÖsterreich: Corona-Ausgangssperre in Flüchtlingslager war rechtswidrig

Österreich: Corona-Ausgangssperre in Flüchtlingslager war rechtswidrig

Im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen in Niederösterreich hatte 2020 mehrere Wochen lang eine Ausgangssperre gegolten, die nun vom Verfassungsgerichtshof als rechtswidrig eingestuft worden ist. Darüber berichtet die Zeitung „Standard“.Die Bezirkshauptmannschaft (BH) Baden in Niederösterreich hatte im April 2020 eine Verordnung erlassen, wonach sowohl das Betreten als auch das Verlassen des Erstaufnahmezentrums Traiskirchen für mehrere Wochen verboten war.Die Ausgangssperre galt unabhängig davon, ob die Bewohner infiziert oder direkte Kontaktpersonen von Infizierten waren und ob sie einen negativen Test vorweisen konnten. Betroffen waren laut dem „Standard“ die 600 dort lebenden Asylbewerber, das Personal jedoch nicht.Die Bezirkshauptmannschaft erklärte die Verordnung damit, dass sie das Ansteckungsrisiko „so weit minimieren“ gewollt habe, „dass sich das Virus nicht diffus und exponentiell innerhalb der Einrichtung ausbreiten kann“.

Dazu noch verwies die BH auf die „hohe Mobilität“ und die „sprachlichen Barrieren“ der Asylbewerber, die es schwer gemacht hätten, zu verstehen, mit wieviel und welchen Personen die Asylbewerber hätten kontaktieren können.Darum hätten alle Bewohner – unterschiedslos – als „ansteckungsverdächtig“ gegolten.

Gesetzliche Grundlagen gefehlt

Zwei Bewohner des Erstaufnahmezentrums beschwerten sich gegen die dort verhängte Ausgangssperre beim Verfassungsgerichtshof. Nun wurde laut dem „Standard“ erkannt, die Maßnahme sei rechtswidrig gewesen.„Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie sind wichtig. Aber die unterschiedslose Anhaltung von 600 Menschen durch die Bezirkshauptmannschaft Baden war klar rechtswidrig“, zitierte der „Standard“ den Rechtsanwalt Clemens Lahner.Für die Regelung der BH Baden, die sowohl das Betreten als auch das Verlassen des gesamten Geländes verbot, habe es keine entsprechenden gesetzlichen Grundlagen gegeben, so der Verfassungsgerichtshof.Das Epidemiengesetz sowie das Covid-Maßnahmengesetz erlaubten zwar, Bewegungsfreiheit von Betroffenen einzuschränken und das Betreten bestimmter Orte zu untersagen, die BH hatte aber kein Recht, allen Personen das Verlassen des Zentrums zu verbieten.Die Ansteckungsverdächtigkeit aller 600 Personen habe der Verfassungsgerichtshof nicht bestätigen können. Auch Schwierigkeiten bei der Kontaktnachverfolgung „vermögen eine Ausgangssperre für sämtliche Bewohner (…) jedenfalls nicht zu rechtfertigen“, verweist der „Standard“ auf das Gerichtsurteil.

„Andere Rechtsauffassung“ damals

Die Bezirkshauptfrau, Verena Sonnleitner, sagte gegenüber dem „Standard“, man akzeptiere das VfGH-Urteil „selbstverständlich“. Da es heute viel mehr Möglichkeiten gebe, Corona-Tests durchzuführen, seien derartige Regelungen nun „hinfällig“, so Sonnleitner. Man habe jedoch damals „schlicht eine andere Rechtsauffassung“ vertreten.

Quelle!:

Empfohlene Artikel
- Advertisment -
Translate »