Montag, April 29, 2024
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Antisemitismus: „Innenminister von Bund und Ländern übernehmen Konzept der AfD“

Straftaten und Ausschreitungen gegenüber Menschen jüdischen Glaubens werden in Deutschland „falsch erfasst“. Das kritisiert der AfD-Bundestagsabgeordnete Anton Friesen im SNA-Interview und bezieht sich auf eine Anfrage an die Bundesregierung. Nun wollen die Innenminister dies ändern. „Sie übernehmen damit eine AfD-Idee“, so seine Einschätzung.„Wie viele Überfälle, Angriffe, Beleidigungen auf und gegen Juden bzw. Sachbeschädigungen jüdischer Einrichtungen (Synagogen, Friedhöfe, Kultureinrichtungen etc.) hat es in Deutschland seit dem ersten Januar 2021 bis heute gegeben?“ Das wollte Anton Friesen (AfD) vom Bundesinnenministerium Anfang Juni im Rahmen einer Fragestunde im Parlament wissen. Er ist Abgeordneter im Bundestag und dort Mitglied im Auswärtigen Ausschuss sowie stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. Das Ministerium sollte demnach diese Daten nach Monaten aufschlüsseln und angeben, ob es sich um politisch motivierte Ausländerkriminalität, religiöse Ideologie, politisch rechts oder politisch links motivierte Gewalt handle. Die Antwort an den AfD-Bundestagspolitiker liegt der SNA-Redaktion vor:„Für den Berichtszeitraum wurden dem Bundeskriminalamt (BKA) über den Kriminalpolizeilichen Meldedienst in Fällen Politisch motivierter Kriminalität (PMK) insgesamt 704 Straftaten mit antisemitischem Hintergrund gemeldet, darunter waren zehn Gewalttaten sowie 85 Propagandadelikte.“

„Jede anti-jüdische Straftat ist zu viel: Doch Statistik bildet Realität nicht ab“

„704 antisemitische Straftaten sind 704 zu viel. Ob rechts, links oder religiös-islamisch motiviert: Die AfD verurteilt jegliche Form von Antisemitismus“, sagte Friesen im SNA-Interview.Jedoch wies er daraufhin, dass nach Einschätzungen diverser Organisationen wie dem American Jewish Committee (AJC) in Berlin solche Statistiken nicht die Realität abbilden würden. „Rund die Hälfte der antisemitischen Straftaten in Deutschland sind demnach nicht eindeutig weltanschaulich zuzuordnen, werden aber als ‚rechts‘ klassifiziert. Ich fordere die Bundesregierung auf, diese politisch motivierte Kategorisierung schnellstens zu ändern – im Sinne einer wahrheitsgemäßen Erfassung der antisemitischen Straftaten in Deutschland.“ Dies führe zu Verzerrungen, kritisierte er.

„Dahinter steht ein breites Spektrum, das von deutschen Extremisten über israelfeindliche Organisationen bis zu radikalen türkischen, arabischen und islamistischen Gruppen reicht“, schreibt dazu der Berliner „Tagesspiegel“. „Doch in der offiziellen Statistik über antisemitische Straftaten in Deutschland wird diese Breite der Motivationen in ihrer tatsächlichen Bedeutung ebenso wenig auftauchen wie in den vergangenen Jahren. Denn die kennt für diese politisch motivierte Kriminalität (PMK) nur fünf Kategorien.“

„Innenminister entschlossen gegen Antisemitismus“

„Die Innenminister von Bund und Ländern wollen entschlossener gegen Antisemitismus vorgehen“, berichtete der Deutschlandfunk (DLF) Mitte Juni. Demnach teilte der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl mit, „es sollten künftig bundesweit einheitliche Standards und Vorgaben erarbeitet werden“. Das Strafmaß bei antisemitischen Vergehen werde empfindlich anziehen, sagte der CDU-Politiker. Außerdem sollten antiisraelische Versammlungen im Umfeld von Synagogen eingeschränkt und gegebenenfalls verboten werden. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe soll zudem mit den Antisemitismus-Beauftragten Präventionsmaßnahmen weiterentwickeln.Friesen gehe es „um eine wahrheitsmäßige Kategorisierung“, wie er im Gespräch betonte. „Da haben sich jetzt immerhin zwei Innenminister dazu geäußert. Der eine aus Baden-Württemberg, der andere aus Nordrhein-Westfalen. Sie haben auf dieses Problem, auf das wir schon seit längerer Zeit hinweisen, jetzt auch wieder aufmerksam gemacht. Sie wollen nun eine Reform der Erfassung vorschlagen. Es scheint in die richtige Richtung zu gehen.“Er zitierte Untersuchungen der EU-Behörde „Agentur der Europäischen Union für Grundrechte“ mit Sitz in Wien, „die Juden in Europa befragt haben“. Dort sei das Ergebnis, dass die meisten Angriffe und verbalen Beleidigungen auf Menschen jüdischen Glaubens meist „von muslimischer Seite erfolgen.“ Ein Problem dabei sei der islamistisch motivierte Antisemitismus. „Das wird in den offiziellen Statistiken bislang nicht deutlich“, betonte der AfD-Politiker, der im vergangenen Jahr die israelische Journalistin Orit Arfa in den Bundestag eingeladen hatte.„Deutschland sollte an Israels Seite stehen“, sagte Friesen damals. „Aufgrund unserer historischen Verantwortung ist klar, dass wir als AfD die pro-israelische Kraft im Deutschen Bundestag sind.“

Kritik an AfD: Nur „pro-jüdische Fassade“?

Der Partei selbst wird von Kritikern wie auch von staatlichen Behörden, darunter der Verfassungsschutz, immer wieder Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit in den eigenen Reihen vorgeworfen.„Einerseits betonen führende Vertreter der Alternative für Deutschland, die Partei sei pro-israelisch und pro-jüdisch, andererseits sorgen immer wieder Parteimitglieder durch antisemitische Äußerungen für Skandale“, schreibt etwa die Bundeszentrale für Politische Bildung (BPB). Die AfD habe, heißt es in einem Bericht des Unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus (Bundestagsdrucksache 18/11970), „mit Abstand das größte Antisemitismus-Problem, zumindest von den im Bericht behandelten Parteien im Bundestag und in den Landtagen. (…) Antisemitismus wird primär bei Flüchtlingen und Muslimen gesehen. Antisemitismus in der deutschen Mehrheitsgesellschaft und in der eigenen Partei hingegen nimmt man kaum zur Kenntnis.“Die AfD: „Antisemitisch? Bei dem Vorwurf verweist die Partei auf viele extrem pro-israelische Positionen. (…) Die AfD nimmt für sich in Anspruch, wie keine andere Partei in Deutschland an der Seite der Juden und Israels zu stehen. An Bekenntnissen dazu fehlt es nicht.“ Das berichtete n-tv Anfang 2020 und titelte: „Die pro-jüdische Fassade bröckelt.“ Spreche „man AfD-Vertreter darauf an, verweisen sie zumeist auf den ersten Aspekt. Sie haben de facto Belege dafür, dass die Partei pro-jüdische und pro-israelische Positionen bezieht.“Auch in einigen früheren Interviews mit SNA News kritisierten Politikerinnen und Politiker von CDU, SPD und der Linken den angeblich „antisemitischen und rechtsradikalen Charakter“ der Partei.

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