Donnerstag, Mai 2, 2024
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Ausschlussverfahren gegen Sahra: Wagenknechts großer Kritiker sieht es zum Scheitern verurteilt

In dieser Woche hat die Linke in Nordrhein-Westfalen das Ausschlussverfahren gegen die prominente Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht eröffnet. Doch können ihre Gegner mit Erfolg rechnen? SNA hat mit dem Publizisten Knut Mellenthin gesprochen, der selbst für sein unbeirrbar scharfes Urteil über Wagenknecht bekannt ist.Mehrere Antragsteller, die Wagenknecht loswerden wollen, haben ihren Vorstoß zuvor mit dem „schweren Schaden“ begründet, den Wagenknecht der Linken zugefügt haben soll. Als Beweis dafür wird vor allem Wagenknechts Buch „Die Selbstgerechten“ gebracht, das von ihren Gegnern als eine Art Abrechnung mit der eigenen Partei wahrgenommen wird.„Es wird selbstverständlich keinen Ausschluss von Sahra aus ihrer Partei geben“, kommentiert der Publizist Knut Mellenthin gegenüber SNA. „Ich glaube nicht einmal, dass die Ausschlussanträge nennenswerte Bedeutung haben, außer für die externe Polemik gegen die Linkspartei.“Mit ihrem hohen Grad an Beliebtheit, hauptsächlich bei Gegnerinnen und Gegnern der Linken, sowie ihrem phantastischen Status in allen Mainstream-Medien sei sie für die Parteiführung „das Huhn, das die goldenen Eier legt“ und das deshalb nicht angerührt werden dürfe, erklärt der 75-Jährige. Aber schätzt die Parteiführung das richtig ein?

„Mir scheint, dass die Partei sich mit ihrer Toleranz in alle Richtungen lediglich nach allen Richtungen unglaubwürdig macht.“ Dabei wäre es die Aufgabe der Parteiführung gewesen, statt dieses Ausschlussverfahrens frühzeitig eine umfassende Auseinandersetzung um Wagenknechts Thesen und Vorgehen zu organisieren – und „diese Auseinandersetzung zu einem demokratischen, schlimmstenfalls schmerzhaften Abschluss zu bringen“. Der Zeitpunkt dafür wäre ungefähr im November 2018 gewesen.

Wagenknecht „eine Demagogin“?

Unter Wagenknechts zahlreichen Fans sowie Widersachern fällt Mellenthin (75) mit seiner nüchternen Kritik ihrer Arbeit auf, die spezifisch scharf ausfällt. Gefragt nach den positiven Seiten ihrer Arbeit, sagt er:

„An Sahra Wagenknecht respektiere ich im Grunde nur noch, dass sie im öffentlichen Sektor ihrer Partei die einzige wichtige Person mit einem eisernen, um nicht zu sagen stählernen Willen ist, und dass sie sich folglich nicht opportunistisch verbiegt.“ Andererseits ist sie aus seiner Sicht die Verkörperung der Feststellung Lenins, dass „die Demagogen die größten Feinde der Arbeiterklasse“ sind. Wie alle Menschen mit „schwer gestörter Wahrnehmung der Realität“, bleibt Wagenknecht für ihn „ein unheimliches Rätsel“. Warum?„Nicht alles, was Sahra in den letzten Jahren geschrieben und gesagt hat, halte ich für falsch“, reagiert Mellenthin. „Ein riesiges Problem des von ihr Vorgetragenen ist jedoch, dass sie konkrete Einzelerscheinungen in giftige Klischees transformiert.“ Das sei etwa das Klischee von den „gutsituierten Akademikern“ mit großstädtischem Hintergrund, die sozial desinteressiert seien und auf Sahras Zielgruppe „herabsehen“, führt Mellenthin als Beispiel an. Eigentlich sollten sich Klischees aus seiner Sicht generell für intelligente und anständige Menschen verbieten.„Über manches, was Sahra schreibt und sagt, ließe sich, wenn es konkret wäre und wissenschaftliche Untersuchungen einbeziehen würde, in Ruhe und mit Gewinn sprechen. Aber ihre Geschäftsgrundlage ist giftige, beleidigende und provozierende Polemik“, betont Mellenthin.Dabei meint er mit „Geschäftsgrundlage“ wörtlich: Würde Wagenknecht anders vorgehen, würde sie also Diskussionsprozesse in der Linken anstreben, statt „jeden Porzellanladen aus der Perspektive eines Elefanten wahrzunehmen“, wäre sie für die Mainstream-Medien „so gut wie uninteressant“.

Mittlerweile tritt Wagenknecht als Spitzenkandidatin der Linken in Nordrhein-Westfalen für den Bundestag an. Auch der Linken-Bundesgeschäftsführer Jörg Schindler erklärte Mitte Juni, man halte den Ausschlussantrag „nicht für richtig“ und „für nicht gerechtfertigt“ – allerdings nicht die Parteispitze selbst. Zuletzt hat Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) seine Partei vor dem „schädlichen“ Umgang mit Wagenknecht gewarnt. Stattdessen wäre es für die Linke nötig, „souveräner damit umzugehen, dass wir unterschiedliche Auffassungen haben“.

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